Bildung:Tablets statt Overheadprojektoren

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Der Freistaat hat die Bundesmittel aus dem Digitalpakt für jede Schule aufgeteilt. Doch mit der Anschaffung von Hard- und Software ist es allein nicht getan. Nötig sind auch Systembetreuer - und die fehlen

Von Bernhard Lohr, Landkreis

Beamer, Wlan-Router und Tablets - für die Technik, mit der Schulen ihre Klassenzimmer ausstatten und die sie ihren Schülern im Unterricht in die Hand drücken, ist mittlerweile das Geld vom Bund da. Das bayerische Kultusministerium hat die 778 Millionen Euro aus dem Digitalpakt Schule aufgeteilt: 115 264 Euro stehen etwa der Gemeinde Sauerlach zu, 120 152 Euro der Montessorischule in Hohenbrunn und dem Zweckverband weiterführende Schulen im Südosten des Landkreises gar 1,5 Millionen Euro für die drei Gymnasien in Ottobrunn, Höhenkirchen-Siegertsbrunn und Neubiberg sowie die dortige Realschule. Doch was die Umsetzung betrifft, ist noch vieles ungeklärt.

Das Problem ist weniger, dass die Schulaufwandsträger noch zehn Prozent drauflegen müssen. Sauerlachs Bürgermeisterin Barbara Bogner, die selbst Gymnasiallehrerin war und im Schulausschuss des Bayerischen Städtetags sitzt, sieht offene Fragen bei der pädagogischen Umsetzung und bei der technischen Betreuung der Geräte und EDV-Systeme. Mit der Hardware alleine, sagt sie, sei es nicht getan. Pascale Knapp, eine von zwei Leiterinnen der Montessorischule Hohenbrunn, bemängelt wiederum, dass noch gar keine Antragsformulare für die Auszahlung vorlägen.

Wobei im finanziell gut aufgestellten Landkreis München schon einiges passiert ist, zumal bereits Landesmittel in die Digitalisierung geflossen sind. Keine Schule fange bei Null an, sagt Christian Ceglarek, Rektor an der Neubiberger Realschule. Seit zehn Jahren würden nach und nach die Klassenzimmer ausgestattet. "Der gute alte Overheadprojektor ist längst abgelöst." Als nächstes sollen in Neubiberg die vier PC-Räume mit 100 festen Arbeitsplätzen aufgelöst werden. Die Schüler sollen nach Ceglareks Vorstellung künftig projektbezogen Tablets bekommen.

Mit Medienkonzepten, die Voraussetzung sind für einen Zuschuss, haben sämtliche Schulen ihren Weg in die digitale Zukunft formuliert. Armin Eifertinger, Direktor am Werner-Heisenberg-Gymnasium in Garching, legt Wert darauf, die Lehrer gut auf die neuen Herausforderungen vorzubereiten. An einem pädagogischen Tag ging es in Workshops um die Digitalisierung. In Garching wurden drei Musterklassenzimmer eingerichtet, in denen Lehrer sich mit den Geräten vertraut machen können. Nichts sei schlimmer, als ein Unterricht, bei dem im Kampf mit der Technik die Inhalte untergingen, sagt Eifertinger. Ähnlich formuliert das Pascale Knapp von der Montessorischule, die offen sagt, dass an ihrer Schule viele Lehrer den Umgang mit Tablet und Co. erst im Unterricht erlernen müssten. Freie Schulen kämen bei Lehrerfortbildungen nicht immer zum Zug. Einen Unterricht unterstützt mit Tablets sieht Knapp auch für Montessorischulen als Chance. Kinder lernten von alleine, wenn das Umfeld passe.

Doch mit den zunächst ordentlich erscheinenden Summen für die Anschaffung von Tablets und Computern ist es allein nicht getan, wenn etwa Systembetreuer finanziert werden müssen. Bürgermeisterin Bogner kritisiert die Haltung der Staatsregierung, die unter Berufung aufs Schulfinanzierungsgesetz darauf pocht, dass die Ausstattung einer Schule Aufgabe der Sachaufwandsträger sei. Kultusministeriumssprecher Günther Schuster sagt dazu: "Die Wartung fällt als Teil der Bereitstellung, Einrichtung, Ausstattung, Bewirtschaftung und Unterhaltung der Schulanlage von Gesetzes her klar in den Zuständigkeitsbereich der Schulaufwandsträger." Dies schließe eine staatliche Beteiligung bei den kommunalen Aufgaben in Form von Zuschüssen oder Zuwendungen allerdings nicht aus. Bogner fordert, der Freistaat solle EDV-Spezialisten wie Lehrer behandeln und schlicht anstellen.

Zudem befürchtet Bogner wegen der von jeder Schule aufgestellten Digitalisierungsstrategie eine Zersplitterung. Es fehle eine zentrale administrative Ebene, um Software-Anwendung zu vereinheitlichen und den Zugriff auf Daten zu regeln. Manchmal hakt es auch ganz woanders: Ausgerechnet dem Werner-Heisenberg-Gymnasium, dessen Namensgeber die Quantenmechanik entdeckte, fehlt bis heute ein Glasfaseranschluss. Mit Wlan rechnet Direktor Eifertinger wegen der europaweiten Ausschreibung erst in zwei Jahren.

© SZ vom 02.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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