Bildung:Münchens Schulbauoffensive bremst den Kreis

Bildung: In Unterföhring entsteht der teuerste Schulcampus im ganzen Landkreis München - auch für Schülerinnen und Schüler aus der Stadt München. Nachdem die Schulbauoffensive der Landeshauptstadt vorankommt, dürften künftig aber auch wieder mehr Kinder aus dem Umland nach München pendeln.

In Unterföhring entsteht der teuerste Schulcampus im ganzen Landkreis München - auch für Schülerinnen und Schüler aus der Stadt München. Nachdem die Schulbauoffensive der Landeshauptstadt vorankommt, dürften künftig aber auch wieder mehr Kinder aus dem Umland nach München pendeln.

(Foto: Sebastian Gabriel)

Weil die Stadt in Feldmoching ein Gymnasium errichtet, sieht Landrat Göbel vorerst keinen Bedarf für einen Neubau in Oberschleißheim. Der Bevölkerungszuzug und die Rückkehr zum G 9 werden aber die Schülerzahlen weiter erhöhen.

Von Martin Mühlfenzl, Ismaning

Lange Zeit hat es den Kreispolitikern im besten Fall ein müdes Lächeln entlockt, wenn in der Landeshauptstadt von einer "Schulbauoffensive" die Rede war - die aber nicht kam. Nun hat in den vergangenen Jahren eine Umkehr eingesetzt, die so nicht zwingend zu erwarten war: Mit Millioneninvestitionen hat der Landkreis München in jüngerer Vergangenheit seine Bildungslandschaft zu einer der modernsten der Republik ausgebaut; vor wenigen Wochen wurde der Bau des mittlerweile 15. staatlichen Gymnasiums beschlossen - in der Gemeinde Putzbrunn. Das hat zur Folge, dass mittlerweile mehr Schüler aus der Landeshauptstadt in den Landkreis pendeln als umgekehrt.

Begleitet wurde diese Entwicklung stets mit anhaltender Kritik an der Landeshauptstadt, diese komme ihren Verpflichtungen beim Bau von Schulen nicht nach.

Bei der Bürgerversammlung in Ismaning vor wenigen Tagen konnte Landrat Christoph Göbel (CSU) allerdings bekannt geben, der Landkreis werde zunächst auf den Bau eines weiteren Gymnasiums im Norden verzichten. Der Grund: Die Stadt München decke mit der Errichtung der Schule im Stadtteil Feldmoching den weiteren Bedarf in dieser Region zunächst ab. Das neue Gymnasium mit seiner naturwissenschaftlich-technologischen Ausrichtung wird seinen regulären Betrieb zum Schuljahr 2020/21 aufnehmen und ist damit eine der ersten Schulen, die im Rahmen der Münchner Schulbauoffensive tatsächlich realisiert wird. Mit Eröffnung dieses Gymnasiums - die Vorläuferklassen sind bereits installiert - entspannt sich die Situation laut dem Landrat vorerst. Der Neubau eines Gymnasiums etwa in Oberschleißheim sei daher momentan nicht notwendig, obwohl der Gemeinderat sein grundsätzliches Interesse daran bekundet hat, Standort eines weiteren Gymnasiums zu werden.

Die Hälfte der Schüler in Haar kommt aus der Stadt

Ob die Geschwindigkeit, mit der im Landkreis die Bildungslandschaft erweitert und modernisiert wird, aber dauerhaft gedrosselt wird, darf bezweifelt werden. Denn alleine der anhaltend hohe Zuzug in Stadt und Landkreis wird zusätzliche weiterführende Schulen zwingend notwendig machen. Derzeit besuchen mehr als 15 000 Schüler die 14 staatlichen Gymnasien im Landkreis München; bis ins Jahr 2035 werden es laut Schulbedarfsplan weit mehr als 20 000 sein. Auch die Wiedereinführung des neunjährigen Gymnasiums erhöht den Druck noch einmal. Mit der Reform steigt die Zahl der Schüler im Landkreis bis ins Schuljahr 2025/26 noch einmal um etwa zehn Prozent an.

Wie sehr bei dieser Entwicklung neue Schulen auch und gerade in München benötigt werden, machen zwei Beispiele deutlich: Nahezu 50 Prozent der Schüler am Haarer Ernst-Mach-Gymnasium kommen aus der Stadt München, für das im Bau befindliche neue Gymnasium in der Mediengemeinde Unterföhring wird sogar ein noch deutlich höherer Anteil von Gastschülern aus der Landeshauptstadt prognostiziert. Seit dem Jahr 2013 wurden im Landkreis München drei neue Gymnasien eröffnet: zunächst die Schule in Höhenkirchen-Siegertsbrunn, 2014 das Gymnasium in Grünwald und drei Jahre später die Schule in Ismaning. Das Gymnasium in Unterföhring, der kostspieligste Schulneubau der Region, entsteht gerade. Zudem wurden Neubauten in Aschheim und Putzbrunn beschlossen und eine Schule in Sauerlach auf den Weg gebracht.

Im selben Zeitraum hat die Landeshauptstadt eigenen Angaben zufolge das größte kommunale Schulbauprogramm ganz Deutschlands auf den Weg gebracht; München reagiert damit ebenfalls auf den anhaltend starken Zuzug. Derzeit wohnen etwas mehr als 1,5 Millionen Menschen in der Stadt, bis ins Jahr 2030 wird die Einwohnerzahl, vorsichtig geschätzt, auf deutlich mehr als 1,7 Millionen anwachsen - und damit wächst auch der Bedarf an Betreuungsplätzen und neuen Schulen. Drei sogenannte Aktionsprogramme für den Schul- und Kita-Bau mit einem Volumen von etwa vier Milliarden Euro hat der Stadtrat seit 2014 aufgelegt; darin enthalten sind derzeit die Planung und der Bau von 16 neuen Gymnasien.

Der Landkreis drängt auch in kleinere Gemeinden

Um möglichst schnell auf die rasante Entwicklung und insbesondere die Versäumnisse der vergangenen Jahrzehnte reagieren zu können, setzt die Stadt München auf sogenannte Pavillonanlagen, die in sehr kurzer Zeit zu realisieren sind. Dabei geht es allerdings nicht nur um Neubauten, sondern auch um Ersatz für sanierungsbedürftige und marode Bestandsbauten in der Stadt.

Rekord

Rekordinvestitionen in die Bildung hat der Münchner Stadtrat im Jahr 2014 mit dem "Aktionsprogramm Schul- und Kita-Bau 2020" beschlossen. In diesem werden mehrere Baumaßnahmen zusammengefasst, um diese schneller und auch kostengünstiger realisieren zu können. Derzeit werden unter anderem 16 neue Gymnasien, neun Realschulen und 27 Grundschulen in der Landeshauptstadt gebaut oder geplant. Das erste im Jahr 2014 beschlossene "Schulbauprogramm" umfasst insgesamt 31 Baumaßnahmen in einer Größenordnung von nahezu 1,5 Milliarden Euro; das zweite Programm, das im Juli 2017 den Stadtrat passierte, beinhaltet 38 Einzelmaßnahmen mit einem Volumen von mehr als 2,3 Milliarden Euro. Darin enthalten sind auch Erweiterungen und Sanierungen von mehreren Bezirks- und Freizeitsportanlagen. müh

Das älteste Münchner Gymnasium ist das Wilhelmsgymnasium, 1559 als sogenanntes Paedagogium gegründet und von 1824 als "Altes Gymnasium" bezeichnet; Das erste Gymnasium im Landkreis wurde 1936 in Gräfelfing gegründet, seit 1966 trägt es den Namen Kurt-Huber-Gymnasium. Die erste Schulbauoffensive im Landkreis setzte in den Siebzigerjahren mit dem Bau des Lise-Meitner-Gymnasiums in Unterhaching, des Carl-Orff-Gymnasiums in Unterschleißheim und des Werner-Heisenberg-Gymnasiums in Garching ein, in schon damals großen, bevölkerungsreichen Städten und Gemeinden also. Nun drängt der Landkreis mit der anhaltenden zweiten Offensive aufs Land und in kleinere Kommunen - nach Putzbrunn und Sauerlach. Auch Hohenbrunn ist als weiterer Standort im Gespräch, zudem wird in der Kreispolitik über zusätzliche Standorte etwa in Unterschleißheim nachgedacht.

Mehr als 350 000 Menschen wohnen derzeit im Landkreis München, weit mehr als 380 000 werden es in 15 Jahren sein. Es braucht nicht viel Fantasie, um zu begreifen, was diese Zahlen für die Schulen bedeuten werden.

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