Bildende Kunst:Neues Forum für Farben und Strukturen

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Was Heike Eiber künstlerisch besonders begeistert, ist die Vielfalt der Möglichkeiten: "Spaß am Experimentieren, Neugier, das Ausprobieren von Material, Untergründen und Techniken." Ihre abstrakten Werke hängen jetzt in den neuen Galerie "LesArts" in Oberhaching. (Foto: Heike Eiber)

Die Buchhandlung Kempter in Deisenhofen beherbergt seit Kurzem die kleine Galerie "LesArts". Zu sehen ist dort eine Werkschau mit Bildern von Heike Eiber, die künftig auch für die Organisation der Ausstellungen verantwortlich zeichnet

Von Udo Watter, Oberhaching

Einen Ort zu betreten, an dem viele Bücher versammelt sind, ist mitunter ein kleiner Sprung in eine andere Welt - zumindest für Menschen, die ein Sensorium dafür haben, dass dieser literarische Mikrokosmos aus Duft, Stille, Flüstern, Denken, Lesen und Befühlen eventuell auch ein bescheidener zauberischer Ankerplatz des Weltgeistes sein könnte. Das kann eine altehrwürdige Klosterbibliothek sein, die Stabi in München oder auch eine kleine, traditionelle Buchhandlung. Bibliophile und Leseratten haben die Möglichkeit, in solch einem Ambiente ihrer Leidenschaft nachzugehen, in den vergangenen Monaten des Lockdowns mit Sicherheit sehr vermisst.

Man darf bei Freunden der Literatur auch allgemein vermuten, dass sie ein gewisses Faible für bildende Kunst haben und so ist die Idee, beide kulturellen Genres zu kombinieren, wie jetzt in Oberhaching, nicht die schlechteste: Ein Teil der traditionsreichen Buchhandlung Kempter im Kern des Ortsteils Deisenhofen beheimatet nun eine kleine Galerie für zeitgenössische Kunst, welche die Verschmelzung auch im Namen trägt: "LesArts" - französisch "Die Künste", was richtig ausgesprochen ungefähr wie Lesart klingt.

In Zusammenarbeit mit der Münchner Künstlerin Heike Eiber stehen seit Kurzem 14 Meter laufende Wandfläche in einem separaten Raum - sozusagen als Shop im Shop - für Künstlerinnen und Künstler zur Verfügung. Die Idee hatte der Inhaber, Lutz Nagler, der auch Filialen in Ottobrunn und Höhenkirchen-Siegertsbrunn betreibt, und nun wurde sie in die Tat umgesetzt. Heike Eiber, die bereits einige Erfahrung in der Organisation von Ausstellungen hat, war quasi seine Wunschpartnerin, um dieses Projekt zu realisieren. "Wir kennen uns schon lange, unter anderem vom Sport her", sagt Eiber. Der Hintergedanke ist, neben der allgemeinen Maxime, "das kulturelle Leben in Deisenhofen zu bereichern" wie Eiber betont, "der bildenden Kunst eine Präsenz zu verschaffen" - und das eben an einem Ort, wo es mutmaßlich interessierte Laufkundschaft gibt.

Als Premierenkünstlerin stellt Heike Eiber zunächst selbst ihre abstrakten Gemälde in der Galerie "LesArts" aus - coronabedingt wurde auf eine Vernissage verzichtet. Die Juristin und Kongressmanagerin beschäftigt sich seit 2012 verstärkt mit der Malerei. Sie spielt mit Linie und Fläche, Farbe respektive Nicht-Farbe, Brüchen und Texturen. "Ich liebe starke Farben, besonders gerne kombiniere ich verschiedenen Rottöne." In ihren anderen, "unbunten" Phasen konzentriert sie sich auf Strukturen und Oberflächenbearbeitung. Schichten werden aufgebracht, abgenommen, durch Lasuren verstärkt oder durchscheinender gemacht. Feste Bestandteile wie Sand, Aschen, Steinmehle schaffen Strukturen. Papiere unterschiedlichster Art werden zu Collagen verarbeitet. Durch Farb-Schüttungen werden Akzente in die Gemälde gesetzt, ein Zentrum geschaffen oder der Blick weiter geführt. Formen und Linien werden zeichnerisch ausgearbeitet. Hier kommen Kohle, Grafit, Bleistifte, Tuschen, Pastellfarben zum Einsatz. Die Oberflächen kommen mal glatt, mal pudrig oder staubig daher - so bildet schon das Material Kontraste und Spannung. "Insgesamt ist der Malprozess intuitiv und spielerisch und nicht auf ein bestimmtes Ziel, ein Ergebnis ausgerichtet", erklärt sie.

Was sie antreibt? "Spaß am Experimentieren, Neugier, Ausprobieren von Material, Untergründen und Techniken." Heraus kommen abstrakte Arbeiten, die im Betrachter interpretatorischen Spielräume eröffnen und ihn emotional berühren sollen. Eiber ist Mitglied der Künstlergilde Berg am Laim und im Künstlernetzwerk "Cross Art International". Für beide hat sie schon Ausstellungen auf die Beine gestellt, was ihr nicht zuletzt aufgrund ihrer beruflichen Erfahrung Spaß macht: "Organisation ist mein Ding".

Ihre große Leidenschaft freilich ist die Kunst und beides kann sie jetzt in Deisenhofen befeuern. Vom frisch gestalteten Ausstellungsraum ist sie angetan: "Eigentlich ist er super. Er ist gut ausgeleuchtet, die Bilder kommen richtig gut zur Geltung." In Zukunft werden auch andere zeitgenössische KünstlerInnen die Galerie bespielen, gerade im Münchner Umland gibt es viele Kreative und Künstlergruppen, die ein weiteres, wenn auch kleines Forum, zu schätzen wissen. Oberhaching selbst ist ja eine kulturelle lebendige Gemeinde, da die Galerienlandschaft dort allerdings auch schon mal lebendiger war, ist diese die neue Plattform sicherlich eine Bereicherung. Für die Organisation und Auswahl der Künstler zeichnet künftig Heike Eiber verantwortlich, wie lange ihre Bilder jetzt erst mal hängen, ist offen.

Generell hofft sie natürlich, demnächst auch wieder Vernissagen veranstalten zu können - eben dann unter der Einhaltung der entsprechenden Hygiene- und Abstandsregeln. "Wir wollen der Kunst den Raum und die Anerkennung geben, nach der sie strebt."

Die neue Galerie "LesArts" in der Buchhandlung Kempter, Stefanienstraße 1, in Oberhaching ist geöffnet von Montag bis Freitag 9 bis 13 und 14.30 bis 18.30 Uhr sowie am Samstag von 9 bis 13 Uhr. Zu sehen sind dort derzeit abstrakte Bilder von Heike Eiber.

© SZ vom 25.06.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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