Mitten in Oberhaching:Ohne Bienen keine Äpfel

Wer im Biologieunterricht nicht aufgepasst hat, kann sein Bäumchen noch so verhätscheln und geht doch leer aus.

Kolumne von Michael Morosow, Oberhaching

Das kleine, mühsam gezogene Apfelbäumchen auf dem Balkon schien aus dem Gröbsten heraus zu sein. Im Vorjahr hatte es immerhin vier Äpfel hervorgebracht, heuer sollte es die besten Startbedingungen bekommen, weshalb ihm in den frostigen Wintertagen ein Mäntelchen umgelegt wurde, damit der Kleine nicht erfriert. Hat prima geklappt, jedenfalls bildete er bereits Anfang März unter seinem Wärmeschutz Blüten aus, als seine großen Artgenossen im Garten noch lange nicht so weit waren. Wie schön, dass sich die Natur so einfach austricksen lässt, freute sich der Hobbygärtner. Wie blöd muss man sein, werden sich dagegen jetzt erfahrene Gärtner fragen.

Die gut gemeinte Privilegierung ging tatsächlich nach hinten los, man hätte es wissen sollen. Apfelblüten müssen bestäubt werden mit Pollen von anderen Apfelbäumen, die entweder der Wind herbei weht oder die Bienen in ihren Pollenhöschen hinterlassen. Aber wie gesagt, die Harten im Garten waren noch zu keiner Befruchtung in der Lage, sodass das Bäumchen auf dem Balkon seine Blütenblätter noch so weit spreizen konnte, eine Empfängnis dennoch ausblieb. Inzwischen blühen die Apfelbäume im ganzen Land, die Blüten des umsorgten Balkonzöglings dagegen sind am Montag bis auf eine einzige abgefallen. Falsches Zeitmanagement - keine Äpfel, die Natur macht keine Kompromisse. Jetzt also umschwärmen die Bienen mit vollen Pollenhöschen viele Millionen Apfelbäume zwischen Garmisch und Kiel, nur den eigenen nicht. Es ist schwer, der einzige Versager zu sein, aber seit Kurzem kann man vermuten, dass vielleicht auch andere ähnliche Bestäubungsprobleme haben.

Wie die Polizei berichtet, hat ein unbekannter Täter am vergangenen Wochenende vier von neun Bienenstöcken mit einem Wert von circa 1500 Euro aus einem Wald bei Faistenhaar geklaut - mitsamt Besatzung, die auf 60 000 Bienen geschätzt wird. Am Donnerstagabend, so berichtete der Hobbyimker der Polizei, seien noch alle neun Bienenstöcke an ihrem Platz gewesen. Vielleicht könnte wenigstens eine Biene so freundlich sein, noch heute mal kurz in Gerblinghausen vorbeizuschauen. Die Zeit drängt, die letzte Blüte wartet sehnsüchtig.

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