Besuch aus Berlin:Bierselige Verbindung

Besuch aus Berlin: Sicher angezapft: Volker Kauder mit Brauereichef Franz Inselkammer, Florian Hahn und Kerstin Schreyer.

Sicher angezapft: Volker Kauder mit Brauereichef Franz Inselkammer, Florian Hahn und Kerstin Schreyer.

(Foto: Claus Schunk)

Unionsfraktionschef Kauder als Ehrengast beim Vorwiesn-Anstich von CSU-Mann Florian Hahn

Von Stefan Galler, Aying

Vermutlich wird Andrea Nahles in diesen turbulenten Tagen den alten Spruch von Franz Müntefering nicht vorbehaltlos unterschreiben. Der SPD-Vorsitz sei das schönste Amt neben dem des Papstes, hatte ihr Vorvorvorgänger einst gesagt. Nun kam er logischerweise während seiner Karriere niemals in den Genuss, einen Posten in der Union einzunehmen, aber auch hier soll es attraktive Aufgaben geben. So dürfte der CDU/CSU-Fraktionsvorsitz im Bundestag ein richtig launiger Job sein, sonst würde ihn Volker Kauder wohl nicht schon so lange machen. Seit 2005 steht er an der Spitze. Am Donnerstagabend in Aying hat er allerdings offenbart, dass es noch eine viel erfüllendere Tätigkeit gibt: "Mein Studium habe ich mir finanziert als Bierfahrer einer kleinen Brauerei. Das war die schönste Aufgabe, die ich je hatte."

Der 69 Jahre alte CDU-Politiker war als Ehrengast zu einer schon traditionellen Wohltätigkeitsveranstaltung des CSU-Bundestagsabgeordneten Florian Hahn gekommen: Im Sixthof fand zum achten Mal der Ayinger Vorwiesn-Anstich statt, zu der Hahn unmittelbar vor dem Oktoberfest Freunde, Gönner und Kollegen aus der Politik einlädt, um sie für einen guten Zweck von der Brauerei-Familie Inselkammer bewirten zu lassen. In Kauder fand er heuer den idealen Festredner: Der Unionsfraktionschef ist auch Bierbotschafter des Deutschen Brauer-Bundes.

Das Konzept ist einfach: Die Gäste bezahlen für ihr Essen, der auf diese Weise zusammengekommene Betrag geht an wohltätige Einrichtungen. Dieses Mal profitierten der Verein "Brotzeit" von Schauspielerin Uschi Glas, "Frohes Herz" - eine Initiative des Volksmusik-Duos Marianne und Michael -, die Stiftung "Schneekristalle" - vertreten durch die frühere Skirennläuferin Michaela Gerg - sowie die Stiftung Lebenshilfe, deren Vorsitzende, Altlandrätin Johanna Rumschöttel, ebenfalls da war. Auch Hahns regionale politische Mitstreiter erschienen zahlreich: Die Abgeordneten Kerstin Schreyer und Ernst Weidenbusch kamen trotz Landtagswahlkampfs, dazu die Bürgermeister Stefan Kern (Brunnthal) und Maximilian Böltl (Kirchheim). Sogar der Generalkonsul von Japan war unter den Gästen und als Lokalmatador der Ayinger Bürgermeister Hans Eichler. Politische Aussagen standen nicht im Vordergrund, auch wenn Hahn bei seiner Begrüßung die Kontroverse um den bisherigen Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen erwähnte: "Mir ist völlig wurscht, wer recht hat. Aber ich habe kein Verständnis für Ränkespiele in der Koalition, bei denen nur beide Seiten verlieren können."

Die größte Aufmerksamkeit galt jedoch Volker Kauder, der den Weg aus seinem schwäbischen Wahlkreis ins südliche Oberbayern per Auto absolvierte, weshalb sich sein Eintreffen und auch der von ihm mit sechs Schlägen spritzerfrei vorgetragene Bieranstich etwas verspäteten. Bemerkenswert, dass einer der engsten Vertrauten von Angela Merkel ausgerechnet in diesen stürmischen politischen Zeiten bei einer Veranstaltung auftritt, die von einem Mitglied der Schwesterpartei organisiert wird. Wo sich doch manch Christsozialer immer vehementer abgrenzt von der Flüchtlingspolitik der Kanzlerin - und andererseits CSU-Chef Horst Seehofer von weiten Teilen der CDU heftig kritisiert wird. "Mit Florian Hahn verbindet mich eine gute Freundschaft", sagte Kauder dazu. "Die persönlichen Verbindungen funktionieren, auch wenn die politischen manchmal schwierig sind."

Kauders Laune tat weder die anstrengende Anreise noch die aktuelle Krise der großen Koalition einen Abbruch, wie seine gut halbstündige Rede unter Beweis stellte. Er erzählte von der gemeinsamen Leidenschaft für den FC Bayern, die Hahn und ihn verbindet, und verriet, dass er für ein Foto im roten Trikot in den sozialen Medien acht Mal so viel Klicks erhalten habe wie für politische Botschaften. Er lobte die Familienbrauereien wie jene in Aying und betonte, ihm sei es lieber, "wenn Jugendliche mit 16 oder 17 ein Bier trinken, als dass sie Haschisch rauchen".

Der Württemberger, geboren in der kleinen Bundesligastadt Hoffenheim, referierte zum Thema Heimat, brandmarkte die AfD-Demagogen als "verbohrte Typen", die unterwegs seien, "um die Menschen auseinanderzutreiben anstatt sie zusammenzuführen". Seine konservative Einstellung verhehlte Kauder indes nicht. Zu einer möglichen Islamisierung der Gesellschaft sagte er: "Wenn wir unsere christliche Identität verlieren, dürfen wir uns nicht wundern, wenn etwas anderes in das Vakuum hineinstößt."

Es folgte eine leidenschaftliche Liebeserklärung an Bayern, das laut Kauder trotz aller Polemik von ganz Deutschland beneidet werde. "Jeder will einmal im Leben in Bayern gewesen sein", sagte er. Man könne sich nur wünschen, dass das Land "weiterhin so gut regiert" werde, schließlich seien die meisten anderen Bundesländer abhängig von den Zahlungen Bayerns im Länderfinanzausgleich: "Von hier kommen die Millionen, die Berlin sexy machen."

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