Beruf:Es gibt noch Potenzial

Zum Beginn des Ausbildungsjahres ist ein Drittel der Lehrstellen unbesetzt. Dennoch sind 234 Bewerber leer ausgegangen

Von Iris Hilberth, Landkreis

Aufgeteilt in Kleingruppen, Arbeiten im Homeoffice und mehr freie Lehrstellen als im Vorjahr: Auch bei den Jugendlichen und jungen Erwachsenen, für die seit Beginn des Monats in den Firmen und den Verwaltungen des Landkreisen die Ausbildung begonnen hat, ist in Zeiten von Corona einiges anders. Die Industrie- und Handelskammer (IHK) für München und Oberbayern betont, dass mehr als 75 Prozent der oberbayerischen Ausbildungsbetriebe bestätigten, dass die Ausbildung normal weiterlaufe. 1067 Azubis haben Anfang September laut IHK eine Ausbildung in Unternehmen aus Industrie, Handel und Dienstleistungen begonnen.

Allerdings sind nach Auskunft der Bundesagentur für Arbeit im Landkreis noch 650 Lehrstellen im Handwerk und in den freien Berufen unbesetzt. Dem gegenüber standen Ende August 234 Bewerber, die keinen Ausbildungsplatz gefunden haben. Die IHK führt das zum einen auf die sinkende Zahl an Schulabgängern zurück, macht aber auch die Auswirkungen der Corona-Krise dafür verantwortlich. Christoph Leicher, Vorsitzender des IHK-Regionalausschusses München Landkreis, rechnet daher bis Oktober noch mit vielen Neuverträgen. "Viele Vertragsabschlüsse haben sich verzögert. Grundsätzlich ist der Start einer Ausbildung in Abstimmung mit dem Betrieb das ganze Jahr über möglich", teilt er mit. Auch wenn in vielen Betrieben-insbesondere im Tourismus, in der Hotellerie und Gastronomie, in der Eventwirtschaft und im Einzelhandel-die Bewältigung der Corona-Krise an erste Stelle stehe, wüssten die Unternehmen, dass sie sich mit dem eigenen Fachkräftenachwuchs bestmöglich für die Zukunft aufstellten, so Leicher.

Laut IHK sind vor allem in den kaufmännischen Dienstleistungsbetrieben, im Handel, Vertrieb und Verkauf, insbesondere in der Lebensmittelbranche noch Stellen frei. Das ist auch bayernweit so. Die Bundesagentur für Arbeit listete Ende August noch 2851 unbesetzte Ausbildungsplätze für Kaufleute im Einzelhandel und 2232 für Verkäufer. Da sind die 1152 freien Plätze für Lehrlinge im Bereich Fachverkauf für Lebensmittelhandwerk noch nicht eingerechnet. Bei den unversorgten Bewerbern fallen die Interessenten für Kfz-Mechatronik bei den jungen Männern und der Berufswunsch medizinische Fachangestellte bei den Frauen auf. Während Köche gesucht werden, gingen Bewerber in anderen klassischen Berufen wie Friseur und Elektroniker leer aus. Auch wer das Hotelfach lernen will, wurde nicht immer fündig. Wie Claudia Schulze-Clewing, Personalreferentin des Holiday Inn in Unterhaching, berichtet, gab es trotz der Krise eine hohe Nachfrage an Ausbildungsstellen. "Im Durchschnitt stellen wir zwölf Azubis ein, dieses Jahr acht, da wir durch die Krise nicht wissen, wie stark das Geschäft wird und wir somit nicht genug Beschäftigung für so viele Azubis haben." Aufgrund der aktuellen Situation habe das Haus dieses Jahr keinen Azubi übernehmen können.

Gut aufgestellt sieht sich noch das Landratsamt München, dort haben 13 Auszubildende begonnen, die bei den Einführungstagen aufgrund der Hygienemaßnahmen in zwei Gruppen eingeteilt wurden. Beworben hatten sie sich noch im Vorjahr, da verzeichnete die Behörde noch genügend Interessenten. Jetzt laufe bereits die nächste Runde und die Bewerberzahlen seien erkennbar niedriger, so Landratsamtssprecherin Christina Walzner. Man führt das in der Behörde auch auf den Wegfall von Ausbildungsmessen und Infoveranstaltungen in den Schulen zurück. Bei der Kreissparkasse hat man die 29 Azubis in drei Gruppen eingeteilt, auch das sonst übliche gemeinsame mehrtägige Seminar müsse diesmal entfallen. Insgesamt sei man mit der Besetzung der Lehrstellen zufrieden, so Sprecherin Marion Pinzka, "aber wir hätten noch Potenzial"

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