Bernd Eichinger:Letzte Ruhe neben dem Monaco Franze

Der Platz ist rar auf dem Friedhof in München-Bogenhausen - deshalb gerät die Frage, wer dort begraben wird, mitunter zum Politikum. Nun könnte Bernd Eichinger dort seine letzte Ruhe finden.

M. Maier-Albang

Wer hier liegt, ist nie einsam. Im Sommer kommen die Touristen, streichen an den Gräbern vorbei, zücken ihre Kameras: Ach, der Erich Kästner, ach, der Rainer Werner Fassbinder und oh, die Liesl Karlstadt. Aus Hamburg und Düsseldorf reisen sie an, aber auch aus den Vereinigten Staaten oder aus Chile. Und wenn im Winter der Friedhofstourismus ruht, haben die Kinder immer noch Saison.

Bernd Eichinger: Es könnte seine letzte Ruhestätte werden: Wenn seine Familie zustimmt, könnte Bernd Eichinger auf dem Bogenhausender Friedhof bestattet werden.

Es könnte seine letzte Ruhestätte werden: Wenn seine Familie zustimmt, könnte Bernd Eichinger auf dem Bogenhausender Friedhof bestattet werden.

(Foto: Catherina Hess)

Nach der Schule kommen sie, erzählt Rezsö Ruisz, der Mesner der Bogenhausener St. Georgskirche. Sie gehen durch den Eingang, biegen gleich links ab, dorthin, wo der verschneite Trampelpfad zur Mauer sogar mit Kieselsteinen bestreut ist, weil so viele ihn benutzen. Johan von Lamont hat hier seine Grabstätte, eine der wenigen herrschaftlichen ist es, eingelassen in die Mauer, mit einer Büste des im August 1879 verstorbenen Sternwartes. Seine linke Hand greift in ein steinernes Buch, die Rechte hat er geöffnet vor seiner Brust. Irgendwann muss jemand auf die Idee gekommen sein, ein paar Cent hineinzuwerfen. Seither liegen öfter Münzen in der Hand des Astronomen - bis die Kinder sie holen.

Der Bogenhausener Friedhof, auf dem nun auch Filmproduzent Bernd Eichinger seine letzte Ruhe finden könnte, wird gern als Promifriedhof beschrieben. Das stimmt und auch wieder nicht. Denn die Gräber der Prominenten liegen Seite an Seite mit denen alteingesessener Bogenhausener Familien wie den Konens, den Roeckls. Auch die Eltern der Gebrüder Vogel ruhen hier. Etwa die Hälfte der Gräber sei im angestammten Familienbesitz, schätzt der Mesner und sagt ein bisschen spitz: "Wenn jemand mit dem Ude gut ist, darf er hier bestattet werden."

In der Stadtverwaltung erklären sie das natürlich diplomatischer. Der Bogenhausener Friedhof gehört zum Teil der Stadt, zum Teil der Kirche, das Nutzungsrecht aber liegt allein bei der Stadt - sie entscheidet darüber, wer hier bestattet wird.

Wer kein Familiengrab besitzt, muss zumindest 30 Jahre seinen Hauptwohnsitz im "dazugehörigen Bestattungsbezirk" haben. Oder - und das ist die entscheidende Ausnahme, die für den Bogenhausener Friedhof gilt - es muss "eine besonders bekannte Persönlichkeit" gewesen sein, die sich "um die Landeshauptstadt verdient gemacht hat", wie es in der Friedhofssatzung heißt. Wer bekannt und verdient genug ist, entscheidet das Direktorium der Landeshauptstadt; letztlich ist es wohl Chefsache.

So klein der Friedhof ist, so begehrt sind die Plätze. Mit etwa 200 Grabstätten ist der Bogenhausener Friedhof, der schon im neunten Jahrhundert angelegt wurde, der zweitkleinste der Stadt. "Ab und an" werde ein Platz frei, sagt Robert Dreher von der Friedhofsverwaltung. Weil ein Grab aufgegeben oder jemand umgebettet wird. Es hängt also auch vom Todeszeitpunkt ab, ob man hier seine Ruhestätte findet. Hinter der Kirche, an der Mauer, gibt es nun gerade eine Lücke.

Ein Platz ohne Prunk

"Zwei, drei" freie Stellen ließen sich wohl finden, schätzt der Mesner. Die Stadt hat der Familie Eichingers einen Platz auf dem Bogenhausener Friedhof angeboten, aber auch der Nordfriedhof in der Ungererstraße käme wohl in Frage, wenn die Familie dies wünscht, schließlich begann der Filmproduzent seine Karriere einst in Schwabing. Doch noch ist nichts entschieden, und bei einer Urnenbestattung gibt es auch keine Eile.

Grab von Liesl Karlstadt, Bogenhausener Friedhof, 2006

Auf dem alten Bogenhausener Friedhof sind viele prominente Münchner beigesetzt, hier die Grabstätte von Elisabeth Wellano, die als Partnerin von Karl Valentin unter dem Künstlernamen Liesl Karlstadt berühmt wurde.

(Foto: CATH)

Der Bogenhausener Friedhof ist keiner, auf dem Prunk erwünscht ist, der Charme liegt in der Unaufdringlichkeit. Viele Gräber haben schmiedeeiserne Kreuze wie im Voralpenland. Erich Kästner hat so eines, es wird allerdings gerade renoviert. Und auch vom eisernen roten Herz der Liesl Karlstadt blättert die Farbe. Außen steht ihr Künstlername, innen ihr echter: Elisabeth Wellano. Zu viele haben das Herz schon geöffnet.

Der Monaco Franze, Helmut Fischer, ruht hier ebenfalls. Viele suchen vergebens nach ihm, weil sein Namenszug so dünn auf dem am Boden liegenden Stein eingraviert ist. Zum großen Flusskiesel für den Regisseur Rainer Werner Fassbinder indes pilgern sie zuhauf, erzählt Mesner Ruiz. Und jeden Tag komme eine Frau, um die Kerze anzuzünden, manchmal werfe sie sich auch zu Boden. Es muss sicher eine große Verehrerin sein.

Nur ein Grab bekommt noch mehr Besuch - das gleich nebenan: Es gehört Monti Lüftner. Vor zwei Jahren war der Musikmanager gestorben; noch ist sein Namenszug an einem provisorischen Holzkreuz befestigt. Nur ein paar Schritte entfernt von Lüftners Grab haben vier Männer eine Gedenkstätte erhalten. Ihre Namen sind in die Wand der Kirche eingelassen: Alfred Delp, Josef Wehrle, Ludwig Freiherr von Leonrod, Franz Sperr. Der Jesuit Delp war Seelsorger in der Bogenhausener Pfarrei Heilig Blut, Hermann Joseph Wehrle dort Kaplan, in St. Georg trafen sie sich mit anderen Widerstandskämpfern gegen das NS-Regime. Alle vier bezahlten ihren Mut mit dem Leben.

Delp wurde am 2. Februar 1945 in Berlin-Plötzensee gehängt. Anders als der NSDAP-Pressechef Ernst Hanfstaengl, der auch auf dem Bogenhausener Friedhof bestattet ist, hat er nie ein Grab bekommen.

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