Belastung durch Verkehr:Lärmschutz führt zum Krach

Belastung durch Verkehr: Zusätzliche Bäume sollen Unterhaching vom Lärm der Autos auf der Giesinger Autobahn abschirmen.

Zusätzliche Bäume sollen Unterhaching vom Lärm der Autos auf der Giesinger Autobahn abschirmen.

(Foto: Claus Schunk)

Wald oder Wand? Der Unterhachinger Gemeinderat streitet immer hitziger über Maßnahmen an der A 995

Von Iris Hilberth, Unterhaching

Wenn Bürger an einem lauwarmen Sommerabend den schlecht klimatisierten Sitzungssaal im Rathaus dem Besuch eines Biergartens vorziehen, steht mit ganz hoher Wahrscheinlichkeit ein sehr persönliches Anliegen auf der Tagesordnung. Unterhachings Bürgermeister Wolfgang Panzer (SPD) wird geahnt haben, dass er an diesem Dienstag vor den Pfingstferien volles Haus haben würde. Der Lärmschutz an der Autobahn A 995 ist schon seit langem ein hart umkämpftes Thema in der Gemeinde. Die Bürgerversammlung, Zuschriften von Anwohnern sowie Diskussionen in den sozialen Medien haben das bestätigt. Die hitzige Sitzung am Dienstag hat daran nichts geändert. Die Fronten sind weiter verhärtet, die Emotionen kochen höher denn je.

Es geht inzwischen um die Frage: Wald oder Wand? Da sind auf der einen Seite der Bürgermeister und eine Mehrheit aus SPD, Grünen und Julia Mittermeier von der CSU, die nun auch im Gemeinderat Verhandlungen mit den Staatsforsten über eine Aufforstung auf dem bestehenden kleinen Wall entlang der Giesinger Autobahn zugestimmt haben. Dem gegenüber stehen CSU und FDP, die eine Machbarkeitsstudie für eine Wand favorisieren, und Anwohner aus der Siedlung nahe dem Perlacher Forst, die umgehend einen Lärmschutz einfordern. Und dann gibt es noch Claudia Köhler, die Fraktionssprecherin der Grünen und Landtagsabgeordnete, die das Bäumepflanzen prinzipiell gut findet, es aber ablehnt, den Staatsforsten 450 000 Euro für einen Waldumbau zu überweisen, wegen angeblicher Ertragseinbußen. Köhler sagt, diese Kosten könnten nicht auf die Gemeinde abgewälzt werden. "Wer für die Autobahn zuständig ist, sollte auch für den Lärmschutz zuständig sein und endlich Verantwortung übernehmen." Im Landtag hat Köhler gerade erst einen Antrag für ein durchgängiges Tempo 80 gestellt.

Über die geforderte Geschwindigkeitsreduzierung kann die CSU nur müde lächeln. "Das hört sich toll an", sagte Franz Felzmann. Zwischen 22 und 6 Uhr gilt bereits ein Tempolimit - man merke aber, dass das gar nicht bringe. Das gelte auch für eine Aufforstung mit Nadelbäumen, eine "stufenweise Monokultur", wie Feldmann anmerkte. Noch dazu dauere es 30 Jahre, bis die neuen Bäume groß genug seien. Er sprach sich erneut dafür aus, das Angebot für eine Lärmschutzwand zu prüfen, das Catia Hilgart eingeholt hatte, Initiatorin des Bürgerprotests und bis vor kurzem CSU-Vorstandsmitglied. Demnach soll ein solches Bauwerk 2,3 Millionen Euro kosten. "Das sollte in unserem Etat drin sein", sagte Felzmann und erntete dafür aus dem Zuschauerraum starken Applaus.

Und der Bürgermeister? Panzer drang mit seiner Entgegnung trotz Mikrofon kaum durch, so laut und teilweise aggressiv waren die Zwischenrufe der Gäste in der Sitzung. Diese waren auch sauer, dass sie in der Bürgerviertelstunde zu Beginn der Sitzung nicht zu Wort gekommen waren, da hier nur Beiträge zugelassen sind zu Themen, die nicht auf der Tagesordnung stehen. Panzer reagierte verärgert. Er ist dünnhäutiger geworden im beginnenden Wahlkampf, stand kurz sogar mal auf, um die Sitzung zu unterbrechen.

Schon mantraartig verweist er auf den Beschluss seines Gremiums von vergangenem Herbst. Damals hatte nach dem Vortrag eines Lärmschutzgutachters und der Kostenschätzung der Bauabteilung für einen Wall nur die FDP die Sache weiterverfolgen wollen und eine Machbarkeitsstudie für eine Wand gefordert. Alle anderen - auch die CSU - hatten der Aufforstung zugestimmt. Die CSU ist nun umgeschwenkt, die FDP bleibt bei ihrer Meinung. "Wir sollten einen großen Schritt zurückgehen", sagte FDP-Gemeinderat Peter Hupfauer und sprach sich erneut für eine Kostenprüfung einer Lärmschutzwand aus.

FDP und CSU finden für ihr Anliegen im Gemeinderat aber keine Mehrheit. Zumal Bürgermeister Panzer nach dem Lärmschutzgutachten davon überzeugt ist, dass eine Wand auch nicht die erhoffte Ruhe in der Siedlung bringen würde. Auf Vorschlag von Christian Dollinger (CSU) versprach der Bürgermeister am Ende der Sitzung, den Gutachter erneut in die Gemeinderatsitzung im September einzuladen. Bis dahin soll Panzer auch mit den Staatsforsten verhandelt haben.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: