Belastete Straßennamen:Abschied vom Reichspräsidenten

Symbolische Entfernung der Hindenburg-Büste in Dietramszell, 2014

So plakativ wie Aktivisten in Dietramszell, die ein Denkmal zu Ehren Paul von Hindenburgs, Reichspräsident 1925 bis 1934, mit einem Aufkleber versahen, will die Gemeinde Feldkirchen nicht vorgehen.

(Foto: Manfred Neubauer)

Mit großer Mehrheit beschließt der Feldkirchner Gemeinderat eine Umbenennung des Hindenburgplatzes. Nun soll ein neuer Name gesucht und eine Informationstafel zu den Hintergründen aufgestellt werden

Von Anna-Maria Salmen, Feldkirchen

Am Morgen danach herrscht Erleichterung in Feldkirchen: "Ich bin froh über die Entscheidung", sagt Bürgermeister Werner van der Weck (SPD). Er meint den Beschluss, den der Gemeinderat am Donnerstagabend zum Hindenburgplatz gefällt hat. Mit großer Mehrheit entschied das Gremium, dem Platz in der Ortsmitte, der nach dem Reichspräsidenten Paul von Hindenburg (1925 bis 1934) benannt ist, einen neuen Namen zu geben. Nachdem das Thema zuvor die Fraktionen gespalten hatte, waren sich die Gemeinderäte in der Sitzung größtenteils einig. Der allgemeine Tenor: Eine Umbenennung des Platzes sei das richtige Zeichen, um Hindenburg, der von vielen Historikern als "Steigbügelhalter Hitlers" bezeichnet wird, nicht weiter zu ehren.

Feldkirchens Bürgermeister hatte sich bereits seit Längerem für eine Umbenennung des Platzes ausgesprochen. "Mir geht es dabei nicht darum, die Geschichte zu leugnen", betont er. "Ich habe aber kein Verständnis dafür, dass wir mit unserem heutigen Wissen einen solchen Menschen ehren." Seiner Meinung nach sollte eine Persönlichkeit, nach der ein Platz oder eine Straße benannt wird, eine Bedeutung für den Ort haben. "Das sehe ich bei Hindenburg in keiner Weise." Im Gegenteil. Hindenburg habe Feldkirchen kein einziges Mal besucht und keinerlei Verdienste für die Gemeinde. Für van der Weck steht zudem eindeutig fest: "Hindenburg hat Hitler und die Nazis nicht eingebremst, sondern ihnen den Weg zur Macht geebnet. Wenn wir heute die Möglichkeit haben, uns gegen diese Ereignisse zu bekennen, dann sollten wir das tun." Behielte der Platz seinen Namen, entwerte dies die Ehrung anderer, verdienter Menschen, nach denen Straßen benannt sind.

13 Gemeinderäte folgten dieser Sichtweise, fünf votierten dagegen, darunter vier Gemeinderäte von der Unabhängigen Wählervereinigung (UWV) und einer von der CSU. Für die Grünen verwies Silvia Pahl-Leclerque auf die aktuelle politische Lage in vielen Ländern: "In einer Zeit, die erschreckend dem Populismus dient, sollten wir ein Zeichen setzen, dass wir die Vergangenheit hinter uns lassen. Ich finde daher, wir sollten Hindenburg auf gar keinen Fall weiter ehren." Die SPD-Fraktion hatte den Antrag, der in der Bürgerversammlung im Oktober von einer großen Mehrheit angenommen worden war, von Anfang an unterstützt. "Ein Mensch wie Hindenburg hat in unserer Ortsmitte nichts verloren", sagte Christian Wilhelm (SPD). Er merkte zudem an, dass der Platz keine Anwohner habe, eine Namensänderung also kaum Aufwand mit sich bringe. "Der Platz hätte schon lange umbenannt werden sollen."

Franz Golibrzuch (UWV) schloss sich dagegen der Meinung eines Bürgers an, der sich vor der Sitzung mit der Anmerkung zu Wort gemeldet hatte, es sei fragwürdig, Teile der Geschichte zu löschen. "Es genügt mir nicht, den Namen nur zu streichen. Ich bin dafür, den Platz umzubenennen, aber nur, wenn eine Erklärungstafel aufgestellt wird", sagte Golibrzuch, der als einziger der UWV für die Umbenennung stimmte. Auch Georg Mermi (parteifrei) war der Meinung: "Wenn wir den Platz nur umbenennen, machen wir es uns zu einfach." Beide befürworteten den Vorschlag, eine Informationstafel zu den geschichtlichen Hintergründen auf dem Platz aufzustellen.

Die beiden CSU-Gemeinderäte Ulrich Rüßmann und Herbert Vanvolsem bemühten sich um eine differenzierte Auseinandersetzung mit Hindenburg: Etwa 70 Prozent der Historiker teilten die negative Einschätzung zu Hindenburg. "Der Rest aber sieht auch positive Aspekte an der Person", sagte Rüßmann. Vanvolsem warf zudem die Frage auf, ob andere Straßennamen in Feldkirchen - etwa die Zeppelin- und die Richthofenstraße - noch zeitgemäß seien. Bürgermeister van der Weck bezeichnete eine Prüfung als möglich, die beiden Namen seien jedoch nicht mit Hindenburg vergleichbar.

"Wir müssen uns gut überlegen, wie wir mit der Thematik umgehen", sagte Michael Schön (UWV). Zur Aufklärung der Jugend sprach er sich ebenfalls für eine Informationstafel aus. Simone Krois (Grüne) regte an, die Bildungseinrichtungen damit zu beauftragen, das Thema stärker zu beleuchten. So könne man die Schulen an der Suche nach einem neuen Namen teilnehmen lassen. Diese Idee unterstützte auch der Bürgermeister. Er griff zudem den Vorschlag auf, eine Informationstafel zu den Hintergründen aufzustellen. Die Fraktionen sollen nun Vorschläge für den künftigen Namen einbringen. In der Sitzung wurde "Maibaumplatz" genannt, da der Platz in der Bevölkerung ohnehin als solcher bekannt sei.

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