Ernährungsförderung:Fürs Schulobst wird das Geld knapp

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Saisonales Obst und Gemüse soll Kinder dazu animieren, sich gesund zu ernähren. Das Bild entstand an der Grundschule Unterbiberg. (Foto: Florian Peljak)

Seit 2017 werden im Rahmen eines EU-Programms gesunde Lebensmittel an Kinder und Jugendliche ausgegeben. Weil die immer teurer werden, kommt inzwischen nur noch wenig bei den Schulen an. Die Grünen fordern von der Staatsregierung eine Aufstockung des Budgets.

Von Amelie Reinisch, Oberschleißheim/München

Jede Woche etwas Neues: Bananen, Karotten, Joghurt. Viele bayerische Schulen werben auf ihrer Website mit saisonalem Obst und Gemüse sowie Milch und Milchprodukten für die Schülerinnen und Schüler.  Damit soll das Bewusstsein für eine gesunde Ernährung schon im frühen Alter gestärkt werden. Ermöglicht werden die Lieferungen durch das EU-Schulprogramm, das Kindern der Klassenstufen eins bis vier in Grund- und Förderschulen zugutekommt. Auch Kinder in Kindergärten und Häusern für Kinder profitieren von dem kostenlosen Angebot, das neben EU-Geldern aus Landesmitteln finanziert wird. In begründeten Fällen können auf Antrag zudem höhere Stufen von Förder- und Mittelschulen teilnehmen.

Aktuell werden jedoch immer mehr Schulen und Kitas darüber informiert, dass fortan deutlich weniger Lebensmittel zur Verfügung stehen. Der Grund dafür? Die Haushaltsmittel der Staatsregierung reichen angesichts der Preissteigerungen nicht aus, um das Programm im gewohnten Umfang aufrechtzuerhalten, weshalb die Mengen verringert werden müssen.

Die beiden Grünen-Landtagsabgeordneten Claudia Köhler und Markus Büchler aus dem Landkreis München halten diese Reduzierung für falsch. „Wir haben so viele Volkskrankheiten, die aus schlechter Ernährung kommen“, erklärt Köhler. „Da muss Bayern auch eine Priorität darauf setzen.“ Deswegen haben die Grünen einen Änderungsantrag eingereicht, welcher die Aufstockung der Landesmittel um 500 000 Euro beinhaltet und sicherstellen soll, dass zumindest die inflationsabhängigen Kürzungen ausgeglichen werden. Die Erfolgschancen des Antrags, der an diesem Mittwoch um 12.30 Uhr behandelt wird, schätzt Köhler allerdings nicht besonders hoch ein. Häufig hätten CSU und Freie Wähler als Staatsregierung Anträge der Opposition in der Vergangenheit pauschal abgelehnt.

Bayerns Ernährungsministerin Michaela Kaniber von der CSU ist sich der Beliebtheit des Programms durchaus bewusst. Sie betont: „Auch bei knapper werdenden Haushaltsmitteln behalten wir unseren Kurs in Bayern bei und berücksichtigen weiterhin alle vorschulischen Einrichtungen sowie Grund und Förderschulen im EU-Schulprogramm.“ Zudem weist sie darauf hin, dass kein Bundesland in Deutschland so viele Mittel für das Schulprogramm einsetze wie Bayern. Mehr noch: seit 2017 habe der Freistaat den Haushaltsansatz sukzessive von drei auf aktuell 5,7 Millionen Euro erhöht.

„Die Grünen verkennen, dass es sich beim EU-Schulprogramm nicht um ein Versorgungsprogramm für die tägliche Ernährung der Kinder, sondern ein Bildungs- und Informationsprogramm handelt“, kritisiert Kaniber den Änderungsantrag der Grünen. Wirklich beeindrucken würde sie dagegen das ehrenamtliche Engagement an manchen Einrichtungen, in denen durch Eigeninitiative mehr Obst und Milchprodukte für die Kinder organisiert würden.

„Für uns ist das total wichtig an der Schule“, heißt es in Oberschleißheim

Dennoch macht sich die Finanzierungslücke in den Einrichtungen bemerkbar. Die Berglwaldschule in Oberschleißheim bezieht seit geraumer Zeit Obst über das EU-Schulprogramm, welches von den Schülerinnen und Schülern gut angenommen wird. Stephanie Preißer, die als Sekretärin an der Grund- und Mittelschule arbeitet, betont zudem den positiven Einfluss, den das Angebot auf die Konzentration im Unterricht hat: „Ich würde sagen, dass gerade Essen und Lernen in einem ganz engen Verhältnis stehen.“ Früher habe es das Programm regelmäßig einmal in der Woche gegeben, erklärt sie. In letzter Zeit wäre die Schule jedoch häufiger darüber informiert worden, dass das Obst wegen fehlender Gelder nicht geliefert werden könne. Sowohl Preißer als auch Rektorin Claudia Miller empfinden dies als sehr schade. „Für uns ist das total wichtig an der Schule“, sagt Miller über die Obstlieferungen. Dabei spiele auch die soziale Komponente des Programms an der Berglwaldschule eine enorme Rolle. Viele der Kinder und Jugendlichen kämen ohne Pausenbrot in die Schule und freuten sich über das gesunde Angebot.

Es sind aber nicht nur schulische Einrichtungen, welche die Folgen zu spüren bekommen. Auch die Unternehmen, mit deren Produkten die Kinder versorgt werden, leiden unter dem verringerten Bedarf. Insgesamt sind über 530 Betriebe aus Bayern an der Umsetzung des Programms beteiligt. Die Grünen argumentieren weiter, dass der Freistaat mit den Kürzungen auch sein 30-Prozent-Bio-Ziel untergrabe. Besonders die regionalen Bio-Bauern würden durch die Einbußen geschädigt, merkt Claudia Köhler an und weist auf den hohen Anteil an Bio-Erzeugnissen in dem Programm hin. Hinzu kommen Zwischenhändler und -händlerinnen, die die Produkte von extern beziehen.

Snjeza Rossi vom Unternehmen Citadella beliefert im Rahmen des EU-Schulprogramms rund 180 Einrichtungen in München und Umgebung mit Lebensmitteln, darunter schon seit Jahren die Berglwaldschule in Oberschleißheim. Dabei legt sie besonders großen Wert darauf, den Schülerinnen und Schülern eine hohe Qualität zu bieten. „Die Kinder lieben es“, schwärmt Rossi. Doch die Reduzierung der bestellten Mengen bringen auch sie in eine schwierige Lage. Ihre Einnahmen seien in der Folge merklich zurückgegangen, berichtet die Unternehmerin, für die das EU-Schulprogramm eines ihrer Hauptgeschäfte darstellt. Täglich steht sie in Kontakt zu den von ihr belieferten Schulen und hört, welch hoher Bedarf noch immer herrscht. „Es gibt inzwischen auch viele bedürftige Familien“, sagt Rossi. Sie hofft stark darauf, dass die Grünen mit ihrem Änderungsantrag Erfolg haben.

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