Bayerischer Rap von "Doppel D":Watschnbaam aus Hengersberg

"Koa CSU-Rapper": "Doppel D" rappen auf Bairisch. Weil das den Labels zu kantig ist, bringt das Trio aus München seine Musik selbst unters Volk.

Bernhard Blöchl

Doppel D verschenken ihre Kunst. Auf der Internetseite des Münchner Hip-Hop-Trios stehen seit kurzem 41 Songs zum Gratis-Herunterladen bereit, verteilt auf drei digitale Alben. "Demo Files" nennen die aufstrebenden Newcomer ihre Raritätensammlung, die aus bisher unveröffentlichten Demos, Beats und ungeschliffenen Tracks besteht. Rohkost für den kleinen Hunger zwischendurch, wenn man so möchte.

Bayerischer Rap von "Doppel D": "I bin koa CSU-Rapper, sogst no oa moi CSU-Rapper, nimm Gift draaf, dass scheppert, glaubs glei, seids ihr deppert, mia wad ma CSU-Rapper": Klare Worte von DJ Spliff, Gräm Grämsn und Monaco Fränzn (von links).

"I bin koa CSU-Rapper, sogst no oa moi CSU-Rapper, nimm Gift draaf, dass scheppert, glaubs glei, seids ihr deppert, mia wad ma CSU-Rapper": Klare Worte von DJ Spliff, Gräm Grämsn und Monaco Fränzn (von links).

"Das ist fast alles, was wir je gemacht haben", sagt Konstantin Gramalla, einer der zwei Rapper der Gruppe. "Bevor die Fetzen liegen bleiben, hauen wir sie lieber raus."

Man kennt das Vorgehen von Musikgrößen wie Radiohead oder Prince, die in den vergangenen Jahren ihre neuen Werke ebenfalls für lau abgegeben haben, entweder digital im Netz oder als Beigabe von Zeitschriften. Mit dem Unterschied: Genannte Herrschaften haben Geld genug, um sich das Verschenken leisten zu können.

Doppel D dagegen sind junge Herren um die 30, die teilweise noch studieren und sich mit Auftritten etwas dazuverdienen. Franz Liebl, der Philosoph der Gruppe, den sie Monaco Fränzn nennen - als Philosophie-Student an der LMU hat er sich seinerzeit auf Nietzsche spezialisiert -, erklärt die ungewöhnliche Taktik: "Als Band ohne Label muss man sich eigene Strukturen überlegen", sagt er in gepflegtem Niederbairisch. "Wir erziehen die Leute mit Zuckerbrot und Peitsche."

Soll heißen: Auf ein kostenpflichtiges Album folgt ein Gratis-Mix, dann wieder eine Studioplatte und so weiter. 2005 kam ihr Debüt "A Schnitzl, bitte!" raus, zwei Jahre später gab's "Paid Zaid" kostenlos, 2009 erschien ihre bis dato beste CD "B-aya-N", und nun also die "Demo Files".

Einer der Vorteile für Musiker, die kein Plattenlabel haben, ist ja, dass sie alles selbst bestimmen können. Sound, Texte, Image, alles. Dazu gehört auch, wie der Künstler mit seinen Produktionen umgeht. "Wenn wir bei einem Label wären, könnten wir die Download-Aktion sicher nicht machen", sagt Liebl, der als Radiojournalist bei M94,5 und On3 arbeitet und an den professionellen Musikvermarktern kein gutes Haar lässt: "Die Leute bei den großen Labels haben so wenig Ahnung von Musik, wie sie Ahnung davon haben, den Karren aus dem Dreck zu ziehen."

Natürlich haben Doppel D bei den gebeutelten Labels angeklopft - ohne Erfolg. "Früher haben uns erst mal alle den Vogel gezeigt, nach dem Motto: Schon geil, was ihr da macht, aber das interessiert doch keine Sau!"

Seit diesen ersten Rückschlägen verlassen sie sich nur noch auf sich selbst. "Ich gehe sehr gechillt an die Dinge ran", gibt Monaco Fränzn erneut den Philosophen. "Das, was passiert, nehme ich hin und mache das Beste daraus."

Eine der besten Sachen, die die bairisch rappende Gruppe je gemacht hat, ist der Song "Watschnbaam" auf dem aktuellen Album "B-aya-N". Ein Knackpunkt in der jungen Karriere der Indie-Band. Der Song entwickelte sich im vergangenen Jahr zum Lieblingstrack der Münchner Hip-Hop-Szene; das zugehörige Video vereint Kollegen wie Creme Fresh, Manekin Peace und Schlachthofbronx. Im Text heißt es: "Wenn da Watschnbaam kippt, dann schau, dass de schickst. Weilsd eiknickst, wenn da oana oane bickt."

Und eines steht fest: Lässiger kann man nicht im Dialekt der Heimat rappen. Monaco Fränzn scheint die Vokale bis in die tiefsten Tiefen des Bayerischen Waldes zu ziehen; Beats und Raps sind so ausgefuchst, als würde Snoop Dogg Arbeitsurlaub in Regen machen, der Heimatstadt des 31-jährigen Franz Liebl. Am "Watschnbaam" ist gut zu erkennen, was die drei Burschen drauf haben. Die Produktionen sind erstaunlich professionell, was auch daran liegt, dass Konstantin Gramalla, 25, den sie Gräm Grämsn nennen, Medientechnik in Deggendorf studiert und als Grafiker und Videokünstler arbeitet. Und der 30-jährige Markus Hinkelmann, als DJ Spliff für die famosen Beats verantwortlich, beschallt schon seit vielen Jahren die Clubs in Bayern.

Das Markenzeichen von Doppel D ist also das Bairische. Sie hauen einem "Oida" und "Stoiba" um die Ohren, dass es eine Freude ist, auf "scheppert" reimen sie "deppert", auf "Sepperldeppen" folgt "Arsch lecken". Monaco Fränzn mag vor allem die Klangfarbe und das Musikalische an seiner Muttersprache, die dem Englischen sehr ähnlich sei, wie er findet, allein schon durch den großzügigen Umgang mit Vokalen. Als der Niederbayer zum Studium nach München kam, sei er blöd angeschaut worden, wenn er bairisch sprach, und blöd angeschaut worden, wenn er hochdeutsch zu reden versuchte. Seitdem spricht er konsequent und kompromisslos Dialekt. Auch und gerade auf den bejubelten Live-Konzerten von Doppel D, wie neulich im "Puerto Giesing" oder in Bamberg.

Freilich sind sie als Dialekt-Rapper nicht allein. Da gibt es zum Beispiel die etablierten Österreicher Texta oder ihre Oberpfälzer Kollegen Segam und Andi B. Ein Alleinstellungsmerkmal von Doppel D ist indes die Stadt-Land-Thematik. Sie kennen beide Lebensgefühle. "Wir sind eine Münchner Band aus Niederbayern", sagen sie. Franz und Markus haben sich um den Jahrtausendwechsel herum auf Hip-Hop-Jams in Dingolfing kennengelernt. "Ich kann mich noch genau an den Typen in dem ausgewaschenen De La Soul-T-Shirt erinnern, der da so ins Mikro geplärrt hat", sagt Markus Hinkelmann über Franz Liebl.

Etwas später stieß dann Konstantin dazu. "Zu dritt grasten wir das Land ab, bevor wir nach München gingen", erzählt der Hengersberger. Stadt und Land, Möglichkeiten und Engstirnigkeit, Sein und Schein, Authentizität und Klischees - das alles thematisieren sie in Songs wie "94 Area", einer Hymne auf Hengersberg, oder "Blauweiße Gschichtn". In dem Stück "CSU Rapper" stellen sie klar, dass sie auch politisch unabhängig sind. "Wir haben nichts gegen das Traditionelle", sagt Monaco Fränzn. "Aber die bayerische Kultur ist politisiert worden durch Strauß und Stoiber", meint der ehemalige Politikstudent. "Das wollen wir brechen und das Lebensgefühl von der Politik wieder trennen."

Auf "B-aya-N" ist dieser Ansatz deutlich zu hören. Ergänzend dazu soll im Herbst ein Remix-Album erscheinen, mit neuen Strophen, Beats und Gästen wie Cajus (Blumentopf) und Fiva MC. Zum Herunterladen aus dem Netz. Gratis.

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