Landtagswahl:Der nötige Stallgeruch

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Im direkten Kontakt: Landwirte und Politiker - vorne rechts die Grünen-Abgeordnete Claudia Köhler mit ihrem Münchner Fraktionskollegen Christian Hirneis - im Kuhstall von Johann Taubenberger in Aying. (Foto: Claus Schunk)

Der Bauernverband lädt Abgeordnete und Kandidaten auf den Hof von Johann Taubenberger nach Aying ein, um ihnen seine Anliegen nahezubringen: weniger Flächenversiegelung, höhere Preise für regionale Erzeugnisse und die Förderung regenerativer Energien.

Von Laura Geigenberger, Aying

Dass ein Bauernhof ein perfekter Lernort sein kann, hat sich in Kindergärten und Schulen schon herumgesprochen. Ob Stallgeruch und Heu unter den Schuhen auch bei Politikern für offene Ohren sorgen, hat der Bayerische Bauernverband (BBV) jetzt getestet: Rund 20 Landtagskandidaten und -abgeordnete aus München und dem Landkreis waren auf den Betrieb des Ayinger Milchbauern Johann Taubenberger eingeladen.

Mit Blick auf die anstehende Wahl im Oktober war ein Austausch zwischen Politikern und Landwirten zur Zukunft der bayerischen Landwirtschaft gewünscht. Den Landkreis München vertraten unter anderem Kirchheims Bürgermeister und CSU-Landtagskandidat Maximilian Böltl, die Landtagskandidaten Christine Himmelberg und Florian Schardt (beide SPD), Marco Deutsch und Katharina Diem (beide FDP) sowie die Grünen-Landtagsabgeordnete Claudia Köhler und ihr Parlamentskollege Nikolaus Kraus von den Freien Wählern.

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Man wolle "wichtige Kernanliegen" an die Politikerinnen und Politiker herantragen, kündigte BBV-Kreisobmann Anton Stürzer nach einer Hofführung und einem Weißwurstfrühstück an. Vor allem das Thema Flächenverbrauch treibt die Landwirte um. In Bayern werden täglich zwischen 13 und 15 Hektar versiegelt - auf die zurückliegenden 25 Jahre gerechnet entspricht das einem Gebiet von der Größe Niederbayerns. "Der Landwirtschaft werden dadurch nicht nur Produktionsmöglichkeiten genommen, sondern auch Klimawandel und Wassermangel werden von Beton und Teer vorangetrieben", bemängelte Stürzer und forderte deshalb Lösungsansätze, um den Flächenverbrauch auf ein umweltverträgliches Maß zu reduzieren.

CSU-Kandidat Böltl nannte als Kern des Problems "falsche Ansätze" in der Kommunalpolitik. "Es gibt einen großen Anreiz für die Gemeinden, Gewerbeflächen auszuweisen, weil wir vor allem von der Gewerbesteuer leben", so der Kirchheimer Bürgermeister. SPD-Landtagskandidat Florian Schardt zufolge muss in dem Zusammenhang auch das Konsumverhalten der Gesellschaft grundlegend überdacht werden, verbrauche doch kaum ein Gewerbe so viel Fläche wie die Logistikzentren von Versandhändlern. "Eine Belebung der Innenstädte und Gemeinden hilft uns vielleicht, das Problem einzudämmen", schlug Schardt vor. Einig waren sich alle Diskussionsteilnehmer zudem darüber, dass künftig mehr in die Höhe gebaut werden müsse.

Im direkten Austausch: SPD-Landtagskandidat Florian Schardt (links) mit Bauernobmann Anton Stürzer. (Foto: Claus Schunk)

Der Haarer Landwirt Johann Metzger sorgte mit seinem Frust über die Erbschaftssteuer für Diskussionsstoff. Ihm zufolge zwingen die hohen Abgaben immer mehr Hofnachfolger dazu, Anteile zu veräußern, sich ein zweites Standbein zu suchen oder Betriebe ganz aufzugeben. Die Grünen-Landtagsabgeordnete Claudia Köhler zeigte Verständnis für die Kritik, hielt Metzger jedoch entgegen, die Abschaffung der Steuer hätte zur Folge, dass der Freistaat jährlich drei Milliarden Euro verlieren würde. Sie unterstütze aber die Forderung, eine Diskussion auf Bundesebene über höhere Freibeträge und einen Inflationsausgleich zu führen.

Synergie statt Konkurrenz zwischen Landwirtschaft und Politik forderte Bauernobmann Stürzer im Hinblick auf die Energiewende. Ob Wind, Hackschnitzel, Photovoltaik oder Bioenergie - alle Formen hätten ihre Berechtigung und könnten mithilfe praxistauglicher Beschlüsse zukunftsweisend sein. Zudem sehe er in einer lokal angepassten Energieerzeugung die Chance, sowohl für Landwirte als auch für die heimische Artenvielfalt Mehrwerte zu schaffen.

Die Erzeuger vermissen einheimische Produkte im Einzelhandel

Richtig leidenschaftlich wurde Stürzer bei seinem Plädoyer an die Politiker, den regionalen Markt zu fördern statt auf den Import ausländischer Waren zu setzen. Die bayerische Landwirtschaft arbeite nach strengsten Qualitätsnormen der EU, dennoch fänden sich im Einzelhandel kaum noch einheimische Produkte. "Da ist die Politik gefordert", gab Stürzer den anwesenden Vertretern mit auf den Weg: "Wenn ihr regelt, dass unsere Lebensmittel aus Bayern für Bayern bei uns bleiben, könnten wir für unsere regionale Ware bessere Preise erzielen und den Generationswechsel in Familienbetrieben weiter fördern."

Das Schlusswort gehörte den BBV-Frauen um ihre Vorsitzende Sonja Dirl: Sie nutzten es für eine Bitte an die Abgeordneten und Kandidaten, sich für ein Bildungssystem einzusetzen, das nachkommenden Generationen die Bedeutung der Landwirtschaft und die Wertschätzung für regionale Produkte vermittelt.

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