Wenn man einen Bürgermeister im Rathaus festnageln könnte, dann würde es für Wolfgang Jirschik (ÜWG) so schnell nichts werden mit seinem wohlverdienten Ruhestand. Zu beliebt hat sich der 69-Jährige im Ort gemacht, als dass man ihn einfach ziehen lassen würde. Aber der Institutsrektor a.D. wird definitiv das Zepter aus der Hand geben, weil er aus Altersgründen nicht weiter machen darf. Und vier Kandidaten strecken jetzt ihre Hände danach aus, jeder will der erste hauptamtliche Bürgermeister in der schmucken Isartalgemeinde werden und mobilisiert dementsprechend seine Anhänger.
Die Baierbrunner also müssen einen neuen Rathauschef wählen und am liebsten wäre es der Mehrzahl wohl, wenn dieser aus ähnlichem Holz geschnitzt wäre wie der erfrischend unaufgeregte Wolfgang Jirschik, der nach dem vorzeitigen Rücktritt der damaligen Bürgermeisterin Barbara Angermaier (BIG) zuerst als Interimsbürgermeister in die Bresche sprang, um dann im März 2018 in einem Wahlgang klar bestätigt wurde.
Ihm gelang es, aus einer gelähmten Rathausverwaltung ein gut funktionierendes Team zu formen. Den vier Kandidaten, die nun am 15. März zu seinem Nachfolger gewählt werden wollen, kann es jetzt also nur recht sein, wenn sie nicht mit Jirschik die Klinge kreuzen müssen. Allen voran Felix Maiwald (CSU). Er hatte ja schon einmal das zweifelhafte Vergnügen bei jenem ordentlichen Wahlgang im März 2018, als er mit 18,7 Prozent abgefertigt wurde.
Maiwald will es jetzt wieder wissen, der ebenfalls unterlegene Grüne Peter Tilman nicht mehr, die Grünen kandidieren nur noch für den Gemeinderat und wollen dabei punkten. Des Weiteren melden Uwe Harfich (SPD) Patrick Ott (ÜWG) und Reinhard Löhr (FDP) Ansprüche auf den Chefsessel im Rathaus an.
Unabhängig vom Ausgang der Wahl steht der politischen Gemeinde Baierbrunn und ihrem Ortsteil Buchenhain am 15. März in dreifacher Hinsicht eine Zäsur ins Haus: Der Sieger wird erster hauptamtlicher Bürgermeister werden, darauf hatte sich der Gemeinderat im Vorjahr verständigt. Das Gremium wird von 14 auf 16 Sitze erweitert. Und schließlich wird der 3300-Seelen-Ort zur BIG-freien Zone. Die Baierbrunner und Buchenhainer Interessengemeinschaft, die vor gut zwei Jahren noch die Bürgermeisterin stellte und in der laufenden Amtsperiode vier Vertreter im Gemeinderat sitzen hat, hat sich vor wenigen Wochen komplett aus dem politischen Betrieb zurückgezogen.
Erklärungen ist die BIG bisher schuldig geblieben, Gemeinderat Hans-Peter Hecker kündigte aber an, in circa 14 Tagen unter anderem auf der Homepage der BIG Fakten dazu zu nennen. Summasummarum werden nach Schätzung von CSU-Mann Felix Maiwald nach dem Wahlgang zehn neue Gesichter im Gemeinderat zu sehen sein, kandidieren doch mehrere langjährige Mitglieder auf hinteren Listenplätzen.
Statt Maiwald wäre gerne Reinhard Löhr für die CSU ins Rennen gegangen, unterlag aber im Oktober in einer internen Abstimmung. Jetzt hat sich der Betriebswirt, Kreisbrandmeister und Kriminalhauptkommissar von der FDP aufstellen lassen, die im Ort noch nicht so richtig Fuß gefasst hat. Löhr macht kein Hehl daraus, dass er unbedingt kandidieren wollte und dies notfalls auch im Alleingang getan hätte. Dass er erst seit sechs Jahren in Baierbrunn lebt, steigert seine Siegchancen nicht, aber zuletzt hat man ihn beim Brezenverteilen am Bahnhof gesehen.
Dass es eine Stichwahl geben wird, davon ist auszugehen, und im Finale wäre gerne auch Pattrick Ott von der Überparteiliche Wählergruppe (ÜWG) dabei. Bürgermeister Jirschik habe ihm die Kandidatur angetragen, sagt Ott, der auf politischem Parkett schon lange zu Hause ist. Nach dem Fall der Mauer war er in den Osten gegangen, saß für die FDP von 1990 an sechs Jahre im sächsischen Landtag und war auch schon einmal CSU-Mitglied wie heute Felix Maiwald.
In der Kunst hat sich Maiwald einen Namen gemacht als Kontrabassist, aber auch mit den Baierbrunner Kammerkonzerten. Nun will er im Rathaus den Ton angeben. Einen Ortsentwicklungsplan hält der 41-Jährige für unbedingt erforderlich, anders als etwa der amtierende Rathauschef Jirschik, der sagt, ein solcher Plan bringe wenig, weil die Richtung der Entwicklung ohnehin deutlich sei. Dass Baierbrunn wie alle kleinen Landgemeinden einen Spagat meistern muss zwischen dem Erhalt seines ländlichen Charmes und der notwendigen Schaffung von Wohnraum sowie der Öffnung für Gewerbe, ist unumstritten.
Auf allen Agenden ganz oben steht die Grundschulerweiterung, wobei dazu unter anderem die Standortfrage noch geklärt werden muss. Das Schulthema ist auch eines der Eckpunkte im Wahlprogramm der SPD und damit auch für deren Kandidat Uwe Harfich, der sich auch noch auf die Fahnen geschrieben hat, im Zusammenhang mit den Plänen für eine Mittelschule unbedingt eine Dreifach-Turnhalle verwirklichen zu wollen.
Wer auch immer Bürgermeister werden wird - Jirschik tut er schon leid: 2026 steht die 1250-Jahr-Feier der Gemeinde an. "Das braucht eine lange Hand."
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