Baierbrunn:Viele Ängste vor Flüchtlingsunterkunft auf dem Wirthsfeld

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Rappelvoll: Zur Informationsveranstaltung zur geplanten Flüchtlingsunterkunft sind mehr als 150 Zuhörer gekommen. (Foto: Claus Schunk)

Beim Informationsabend von Gemeinde und Landratsamt gibt es besonders Kritik am Standort in der Nähe von Sportplatz und Kindergarten. Es bleibt aber bis auf wenige Ausnahmen sachlich.

Von Susanne Hauck, Baierbrunn

Die geplante Flüchtlingsunterkunft für 100 Menschen auf dem Wirthsfeld droht die Gemeinde Baierbrunn zu spalten. Viele Einheimische machen sich Sorgen um die Sicherheit im Ort. Das wurde beim Informationsabend am Donnerstag deutlich. Mehr als 150 Menschen waren ins Sport- und Bürgerzentrum gekommen, es gab viele kritische Fragen. Doch bis auf ein paar aufgebrachte Zwischenrufe, emotionale Wortmeldungen und immer wieder unzufriedenes Gemurmel blieb die Veranstaltung sachlich. Bürgermeister Patrick Ott (ÜWG) führte straff und konzentriert durch den Abend. Ob es allerdings gelang, allen Menschen die Ängste zu nehmen, ist fraglich.

Zunächst ging es um die Fakten. Die Gemeinde sei verpflichtet, Flüchtlinge aufzunehmen. "Baierbrunn ist einer der großen Quoten-Untererfüller", verdeutlichte Sabine Kohler, im Landratsamt München die Leiterin des Sachgebiets Unterbringung von Flüchtlingen. Etwa 100 Plätze müssten geschaffen werden. Wie kleine Ferienbungalows sehen die Modulgebäude aus Holz aus, die Kohler den Anwesenden beispielhaft präsentierte. "Solche könnten wir uns bei Ihnen vorstellen", sagte sie dazu.

Vier dieser Häuschen mit verschiedenen Wohneinheiten für jeweils sechs Personen sollen bis zum kommenden Frühjahr auf dem Wirthsfeld entstehen. Dazu ein kleineres Gebäude für Sicherheitsdienst, Asylberatung und Helferkreis. Mit dieser Infrastruktur hoffe man, bevorzugt Familien zugeteilt zu bekommen, erklärte Bürgermeister Ott. Zudem sei das Gelände eingezäunt und eine Security vor Ort. "Wir gehen da nicht naiv ran", versprach er. Die Gruppe, "vor der viele Angst hätten" - er meinte junge alleinstehende Männer - werde in geringerer Zahl kommen.

Die ersten aggressiven Zwischenrufe gab es eine halbe Stunde nach Veranstaltungsbeginn. Als Bereichsleiter der Asylberatung in der Notunterkunft München hat Alexander Buck mit Hunderten geflüchteten Menschen zu tun. Der Sozialpädagoge war eingeladen worden, um die Baierbrunner auf das Kommende vorzubereiten. Ungläubige Reaktionen handelte sich Buck mit seiner Aussage ein, dass junge Afghanen, mit die größte Flüchtlingsgruppe, besonders integrationswillig seien. Als er prognostizierte, dass es keine Probleme geben und Baierbrunn die Integration positiv erleben werde, schrie ihn ein Mann mit den Worten nieder: "Was erzählen Sie uns da, Sie haben doch keine Ahnung."

Bemühte sich, die Gemüter zu beruhigen: Baierbrunns Bürgermeister Patrick Ott. (Foto: Claus Schunk)

Ein großes Problem ist nach Ansicht vieler Baierbrunner der Standort der geplanten Flüchtlingsunterkunft neben dem Sportplatz. Kritische Äußerungen dazu erhielten donnernden Applaus. "Es ist unzumutbar, dass die Flüchtlinge gaffen, wenn die jungen Mädchen Handball spielen", rief eine Frau. Und überhaupt sei es "Wahnsinn", dass direkt neben der Flüchtlingsunterkunft der Kindergarten sei. Auch dessen Leiterin Stefanie Erlacher meldete sich zu Wort. Sie berichtete von besorgten Eltern, die bereits damit gedroht hätten, ihre Kinder aus der Einrichtung zu nehmen, weil die Asylbewerber "direkt am Zaun" stünden, und von Befürchtungen über "ständiges Geschrei und Polizeieinsätze". Ott und Kohler verbaten sich daraufhin die Unterstellung, dass Flüchtlinge den Kindern etwas antun würden.

Die Standortfrage mochte der Bürgermeister nicht mehr diskutieren. "Die Not ist jetzt da", sagte er. Innerhalb des Zeitrahmens könne als gemeindeeigenes Grundstück nur das Wirthsfeld mit den notwendigen baurechtlichen Voraussetzungen erschlossen werden. Bürgermeister und Landratsamt traten auch den in den sozialen Medien immer wieder geäußerten Befürchtungen entgegen, dass das Bürgerzentrum als Flüchtlingsunterkunft beschlagnahmt werden könnte, mochten aber eine mögliche Unterbringung dort im Fall von weiteren Zuweisungen nicht ausschließen.

Der Isartaler Tisch sieht sich durch weitere Kunden überfordert

Um die düstere Unterführung an der S-Bahn, wo man als Frau abends nicht durchgehen wolle, ging es bei einer weiteren Wortmeldung. Der Bürgermeister kündigte an, wegen der schlechten Beleuchtung bei der Bahn anzuklopfen. Je fortgeschrittener der Abend, desto diffuser die Ängste, selbst die Gefahr von Messerstechereien wurde am Ende diskutiert. Solche Befürchtungen entkräften wollte Andreas Hurst. Er erwarte nicht, dass es in Baierbrunn zu vielen Problemen kommen werde, sagte der Leiter der zuständigen Polizeiinspektion Grünwald, sicherte aber zu, "immer wieder vorbeizuschauen".

Zum Schluss gab es versöhnliche Worte. Als etwa Norbert Piedl vom Nachbarschaftstreff Mittendrin dem Publikum Mut machte, die Angst vor dem Fremden zu überwinden, erhielt er Beifall. Ein Dreivierteljahr sei bis zur Ankunft der ersten Flüchtlinge noch Zeit, sagte Ott. Die Gemeinde wolle einen runden Tisch zusammen mit Helferkreis, Landratsamt und Fachleuten einberufen, um sich vorzubereiten. Zur Kenntnis nahm der Rathauschef die Warnungen vom Isartaler Tisch, der sich mit 100 weiteren potenziellen Kunden überfordert sieht.

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