Süddeutsche Zeitung

Baierbrunn:Die Wahl schon verloren

Die Gruppierung von Ex-Bürgermeisterin Angermaier steigt aus dem Kommunalwahlkampf aus. Sie begründet ihre Entscheidung mit "Stillstand" im Rathaus, hat aber auch keine Kandidaten gefunden.

Von Iris Hilberth

Bis vor zwei Jahren stellte die Baierbrunner und Buchenhainer Interessensgemeinschaft (BIG) noch die Bürgermeisterin, mit vier Gemeinderatsmitgliedern ist sie auch aktuell noch stark im Baierbrunner Rathaus vertreten. Doch jetzt streicht die BIG die Segel. Während die anderen Parteien und Gruppierungen Bewerberlisten für den Gemeinderat aufstellen und Bürgermeisterkandidaten nominieren, steigt die BIG drei Monate vor dem Wahltermin im März aus dem Wettbewerb aus. Am Donnerstag teilte die Gruppierung mit, dass sie beschlossen habe, an der Kommunalwahl 2020 nicht teilzunehmen. "Das bedeutet, dass keine Liste für die Wahl zum Gemeinderat aufgestellt wird und dass auch kein Bürgermeisterkandidat benannt wird", erklärt die BIG.

Die Gründe dafür sind offenbar vielschichtig. Vor allem aber haben sich wohl nicht genügend Interessenten gefunden, die bereit wären, auf der BIG-Liste zu kandidieren. Die bisherigen vier Gemeinderäte - Hans-Peter Hecker, Oliver Knab sowie Markus und Michael Sexl - stehen jedenfalls "aus verschiedenen persönlichen Gründen", wie es heißt, für eine weitere Wahlperiode von sechs Jahren nicht zur Verfügung. Und weil auch aus dem Kreis der Mitglieder und Unterstützer keine Kandidaten für den Gemeinderat geworben werden konnten, lässt man es dieses Mal eben bleiben - nach 18 Jahren politischer Aktivität im Gemeinderat.

Zunächst hatte man sich wohl noch bemüht, die 14 Plätze auf der Liste zu besetzen. Laut Hartmut Wilhelms, der zwar nicht im Gemeinderat sitzt, aber 2014 kandidierte, hatte sich die BIG vor drei Monaten schon einmal zusammengesetzt, um auszuloten, wen man ins Rennen schicken könne. Erfolglos. Bei der Wahl 2014 hatte das noch ganz anders ausgesehen. Damals war Barbara Angermaier von der BIG als einzige Bürgermeisterkandidatin am Ort zur Wahl gestanden, problemlos fand die BIG auch genügend Bewerber für den Gemeinderat. Angermaier habe viele persönlich angesprochen, sagt Wilhelms. Eine größere Fraktion im Gemeinderat stellte nur die Überparteiliche Wählergruppe.

Erstmals gibt es einen hauptamtlichen Bürgermeister

Seitdem ist viel passiert im Baierbrunner Rathaus. Im November 2017 warf Angermaier nach dreieinhalb Jahren plötzlich hin und bat den Gemeinderat von heute auf morgen, sie "wegen massiver persönlicher Angriffe" von ihrem Amt zu entbinden. Von Überforderung war damals die Rede, von massiven Problemen mit der Verwaltung und von einem Übermaß an Arbeit für einen ehrenamtlichen Posten. Angermaier ist seither nicht mehr öffentlich aufgetreten, selbst die BIG hat keinen Kontakt mehr zu ihr.

Mit der Wahl im März soll es erstmals einen hauptamtlichen Rathauschef in der kleinen Isartalgemeinde geben. Wolfgang Jirschik (ÜWG) übernahm 2017 die Geschäfte als zweiter Bürgermeister, im März 2018 wurde er für zwei Jahre als Bürgermeister an die Spitze des Rathauses gewählt - bei zwei Gegenkandidaten: Felix Maiwald (CSU) und Peter Tilmann (Grüne).

BIG will außerhalb des Gemeinderats Stellung beziehen

Jirschik darf aus Altersgründen diesmal nicht mehr antreten. CSU-Mann Maiwald kandidiert dagegen erneut, dazu gesellen sich Patrick Ott (ÜWG), Uwe Harfich (SPD) und Reinhard Löhr (FDP). Neben ihren Parteien und Gruppierungen treten für den Gemeinderat in Baierbrunn auch die Grünen an. Ihnen allen will die BIG nun auch ohne Kandidaten entschieden entgegentreten. Wie genau, will Noch-Gemeinderatsmitglied Hans-Peter Hecker noch nicht kundtun. Er kündigt vielmehr an, demnächst "knüppelhart" in einem Flyer die Positionen der BIG darzustellen.

Der Frust unter den BIG-Vertretern im Gemeinderat muss jedenfalls groß sein, denn in ihrer Pressemitteilung zu ihrem Verzicht auf eine Teilnahme an der Kommunalwahl heißt es: "Während den letzten Jahren hat sich gezeigt, dass die Gestaltungsmöglichkeiten in wichtigen Projekten auf Faktenbasis nicht ausreichend möglich sind. Daher hat die BIG entschieden, außerhalb des Gemeinderates Stellung zu den drängenden Problemen zu beziehen. Wir sind der Meinung, dass wir auch ohne ständiges Mandat im Gemeinderat die Interessen der Baierbrunner und Buchenhainer vertreten können."

Wilhelms präzisiert die Kritik auf Nachfrage und verweist auf die Hängepartie um den Neubau der Grundschule. "Da sind wir genauso weit wie vor fünf Jahren", sagt er. Der interne Stillstand, so die BIG, könne nur durch "demokratische Anregungen von außen" zu notwendigen Veränderungen beitragen. Was das bedeutet, deutet Hecker an: "Möglicherweise auch durch Bürgerentscheide."

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SZ vom 06.12.2019/hilb
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