Bürgerentscheid in BaierbrunnBis Herbst 2025 sollen die Flüchtlinge einziehen

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Nach der Abstimmung hofft man im Rathaus, dass nun wieder Ruhe am Ort einkehrt.
Nach der Abstimmung hofft man im Rathaus, dass nun wieder Ruhe am Ort einkehrt. (Foto: Claus Schunk)

Nach der gewonnenen Abstimmung über eine Unterkunft für Geflüchtete will Bürgermeister Patrick Ott noch diese Woche mit dem Landratsamt über das weitere Procedere verhandeln. Dabei soll es vor allem um die Laufzeit des Pachtvertrags gehen.

Von Martin Mühlfenzl, Annette Jäger, Baierbrunn

Einen Tag nach dem Bürgerentscheid in Baierbrunn über die Errichtung einer Unterkunft für Geflüchtete auf dem Wirthsfeld wirkt Bürgermeister Patrick Ott (Überparteiliche Wählergruppe) mehr als entspannt. Mit 57,1 Prozent haben seine Baierbrunnerinnen und Baierbrunner für den Aufbau von drei Häusern auf dem Areal gestimmt. Sie sind damit der Vorlage von Ott und einer Mehrheit im Gemeinderat gefolgt, die mit der Aufnahme von 70 Ukrainern ihren Anteil an der Verpflichtung des Landkreises zur Unterbringung von Geflüchteten übernehmen wollen. „Mir persönlich ist das sehr wichtig“, sagte Ott am Montag der SZ. „Auch für den Ruf unserer Gemeinde. Wenn wir unsere Quote bei der Unterbringung erfüllen, passt das auch zu Baierbrunn. Wir sind eine sehr aktive und offene Gemeinde.“

Von rund 2512 Wahlberechtigten hatten am Sonntag 1712 ihre Stimme abgegeben. 979 Baierbrunner stimmten für den Standort, 737 dagegen. Die mehr als 200 Stimmen Unterschied seien „kein Erdrutschsieg“, sagt Ott, der nach eigenen Worten auf 60 Prozent und mehr gehofft hatte, aber doch eindeutig genug, um jetzt mit der Planung der Unterkunft weiterzumachen. So wird die Gemeinde zunächst einen Pachtvertrag mit dem Landratsamt aushandeln. Frühestens im Sommer 2025 sollen die drei Modulhäuser in Holzbauweise bezugsfertig sein. Laut Ott hat sich im Ort bereits eine Gruppe gebildet, welche die Ukrainer bei der Integration unterstützen möchte.

Vor der Abstimmung war die Hoffnung in der Isartalgemeinde groß, dass ein eindeutiges Votum zur Befriedigung der Auseinandersetzung am Ort beiträgt. Genau diese Erwartung hatten auch Ott und den Gemeinderat bewogen, überhaupt über die Errichtung der Unterkunft abstimmen zu lassen. Denn nachdem ein Bürgerbegehren aus rechtlichen Gründen gescheitert war, hätte eigentlich eine formale Abstimmung im Gemeinderat ausgereicht, um die Unterkunft, für die es bereits seit 2022 einen Grundsatzbeschluss gibt, auf den Weg zu bringen.

Dass sich Bürgermeister und Gemeinderat dennoch dafür entschieden, per Ratsbegehren eine Abstimmung herbeizuführen, bezeichnete Ott am Montag rückblickend als „Risiko“. „Ich hätte uns das Ratsbegehren auch gerne erspart. Aber ich kann mich als Bürgermeister nicht über Glückwünsche für die höchste Wahlbeteiligung bei Bundestagswahlen deutschlandweit freuen und dann die Bürger nicht mitreden lassen.“

Baierbrunns Bürgermeister Patrick Ott ist mit dem Bürgerentscheid ein Risiko eingegangen – und hat gewonnen.
Baierbrunns Bürgermeister Patrick Ott ist mit dem Bürgerentscheid ein Risiko eingegangen – und hat gewonnen. (Foto: Claus Schunk)

Zudem sei es richtig gewesen, die Stimmen der Befürworter des Bürgerbegehrens zu hören. Die Bürgerinitiative Baierbrunn-Buchenhain, die sich aus dem Widerstand mehrerer SPD- und CSU-Gemeinderäte gegen eine Unterkunft auf dem Wirthsfeld formiert hatte, konnte schließlich mehr als 600 Unterschriften für ihr Anliegen sammeln, in einem Ort mit etwas mehr als 3000 Einwohnern.

Beim Bürgerentscheid am Sonntag aber gelang es den Gegnern nicht, weitere Unterstützer in großer Zahl zu mobilisieren. 737 Wählerinnen und Wähler stimmten gegen die Unterkunft, dies entspricht einem Anteil von 42,9 Prozent. Den Gegnern, so Ott, sei es gerade einmal gelungen, 100 Menschen zusätzlich auf ihre Seite zu ziehen. „Das zeigt auch, dass nur mit Wahlkampf über Social Media eine solche Kampagne nicht aufgehen kann.“ Für Rathauschef Ott ist der Ausgang der Abstimmung „relativ eindeutig“. Nach seiner Rechnung hätten, bezogen auf die Zahl aller Wahlberechtigten, 70 Prozent der Baierbrunner nicht gegen die Unterkunft gestimmt.

Auf diesem Areal, dem sogenannten Wirthsfeld, sollen die drei Holzhäuser entstehen.
Auf diesem Areal, dem sogenannten Wirthsfeld, sollen die drei Holzhäuser entstehen. (Foto: Claus Schunk)

Die Bürgerinitiative Baierbrunn-Buchenhain wollte sich nach dem Bürgerentscheid nur schriftlich äußern. In einer Stellungnahme betont ihre Vertreterin Katharina Tadic, man werde weiterhin „Transparenz und Mitbestimmung vom Bürgermeister und Landratsamt einfordern und an die Versprechen erinnern, die in den letzten Wochen gemacht wurden“.

In den Verhandlungen mit dem Landratsamt, in die Ott bereits diese Woche einsteigen möchte, soll nach seinem Willen vorwiegend die Laufzeit eine Rolle spielen. Nach aktuellen Plänen soll die Unterkunft insgesamt 15 Jahre lang für die Unterbringung Schutzsuchender bereitstehen. Zu lange – befinden sowohl Gegner als auch Befürworter. „Wir werden in den Verhandlungen sehen, ob wir sie verkürzen können“, sagt Ott. Er will auch klären, ob die Gemeinde die drei Holzhäuser in Zukunft selbst nutzen könnte, sollte sich der Zuzug Geflüchteter reduzieren – etwa als Wohnungen für Studierende oder junge Familien.

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