Umstrittene Unterkunft am WirthsfeldBaierbrunner sollen über Flüchtlingsheim abstimmen

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In Baierbrunn findet voraussichtlich am 15. Dezember ein Bürgerentscheid über die geplante Flüchtlingsunterkunft am Wirthsfeld statt.
In Baierbrunn findet voraussichtlich am 15. Dezember ein Bürgerentscheid über die geplante Flüchtlingsunterkunft am Wirthsfeld statt. (Foto: Angelika Bardehle)

Der Gemeinderat erklärt das Bürgerbegehren der Gegner für unzulässig, bringt aber selbst einen Bürgerentscheid auf den Weg. Termin ist voraussichtlich der 15. Dezember.

Von Annette Jäger, Baierbrunn

In Baierbrunn ist es nun an den Bürgerinnen und Bürgern zu entscheiden: Voraussichtlich am 15. Dezember findet ein Bürgerentscheid zur geplanten Flüchtlingsunterkunft am Wirthsfeld statt. Doch zur Entscheidung steht nicht das Bürgerbegehren, mit dem die Unterkunft am geplanten Standort verhindert werden sollte. Dieses wurde in der Sondersitzung des Gemeinderats am Dienstag als unzulässig abgelehnt. Vielmehr haben die Gemeinderäte fast einstimmig ein Ratsbegehren zur Standortfrage befürwortet. Damit will Bürgermeister Patrick Ott (Überparteiliche Wählergruppe, ÜWG) den rund 600 Unterzeichnern des Bürgerbegehrens eine Brücke bauen, über den Standort mitentscheiden zu können. 

Zu Beginn der Sondersitzung wurde auf Antrag von Peter Tilmann (Grüne) die Redezeit beschränkt. Maximal zehn Minuten sollte Gemeinderätinnen und -räten zustehen, mehr nicht. Zu sehr wirkte noch die Sitzung im September nach, als sich Uwe Harfich von der SPD ganze 50 Minuten herausnahm, um gegen den Standort der Flüchtlingsunterkunft am Wirthsfeld zu argumentieren. Harfich gehört mit den SPD-Gemeinderäten Martina Fellermeier und Tony Ley sowie Felix Maiwald (CSU) zu den Unterstützern des Bürgerbegehrens.

Dass das Bürgerbegehren rechtlich unzulässig ist, hat sowohl die von der Gemeinde beauftrage Rechtsanwaltskanzlei festgestellt als auch die Rechtsaufsicht des Landratsamtes. Das Bürgerbegehren verfolge schlicht die Verhinderung des Baus der Flüchtlingsunterkunft am geplanten Standort, biete keine Lösungsmöglichkeit an und würde sogar in die Irre führen, indem es suggeriere, es gebe Alternativen zum geplanten Standort, fasste Jürgen Greß, Rechtsanwalt der Gemeinde, zusammen. Zudem würden in der Fragestellung mehrere Fragen verknüpft, der Bürger wisse nicht klar, wofür er abstimme. Das Bürgerbegehren beschränke damit die „Abstimmungsfreiheit“.

Von den Unterstützern des Bürgerbegehrens kam im Gremium keine Widerrede, wohl auch, weil Ott mit dem Ratsbegehren einen Kompromiss in Aussicht stellte. Mit dem Ratsbegehren finde der Bürgerwille Beachtung, eine Klage gegen die Ablehnung des Bürgerbegehrens sei damit nicht erforderlich, sagte Felix Maiwald (CSU), der sich für die restliche Sitzung nicht mehr in die Debatte einbrachte.

Auf dem sogenannten Wirthsfeld könnte die Unterkunft entstehen.
Auf dem sogenannten Wirthsfeld könnte die Unterkunft entstehen. (Foto: Claus Schunk)

Die Idee, ein Ratsbegehren zu initiieren, begeistert indes nicht alle. „Ich finde das ärgerlich“, sagte der Grüne Tilmann. Man habe einen Standort, dem man schon mal zugestimmt habe – er spielte auf den Grundsatzbeschluss von 2022 an – die ganze Debatte verzögere nur das Projekt. Ähnlich äußerte sich auch Christine Zwiefelhofer (ÜWG) im Verlauf der Diskussion. Der Bürgerentscheid koste Geld, Zeit und verschwende Ressourcen. Im Gegenzug betonte Christine Kammermeier von der SPD die Chancen einer Bürgerabstimmung: Damit fänden die Baierbrunner wieder zusammen.

Das Ratsbegehren greift den ersten – rechtlich zulässigen – Teil der Frage aus dem Bürgerbegehren auf, allerdings ins Positive gewendet. Die Bürger werden gefragt, ob sie dafür sind, das Grundstück am Wirthsfeld oder Teile davon für den Bau einer Flüchtlingsunterkunft mit maximal 72 Plätzen an den Freistaat zu vermieten. Die Frage ist knapp, die obligatorische Begründung dafür umso länger. Ott war es wichtig, angesichts der Flut an Flyern und Infomaterial, die die Initiatoren und Unterstützer des Bürgerbegehrens in den vergangenen Wochen an die Baierbrunner Haushalte verteilt haben, eine „ordentliche Begründung“ zu liefern.

Baierbrunns Bürgermeister Patrick Ott verbittet sich "Giftspritzerei" von SPD-Gemeinderat Uwe Harfich.
Baierbrunns Bürgermeister Patrick Ott verbittet sich "Giftspritzerei" von SPD-Gemeinderat Uwe Harfich. (Foto: Claus Schunk)

Im Verlauf der Debatte um Formulierungsdetails wies er einmal Uwe Harfich scharf zurecht, der die Anzahl der Plätze infrage stellte und die Laufzeit des Mietvertrags kritisierte. Ott warf ihm „Giftspritzerei“ vor und das Verbreiten von „Unwahrheiten“, insbesondere was die benötigte Anzahl an Plätzen angehe. Harfich verbreite Angst.

Im Kern heißt es in der Begründung, der nach mehreren Änderungsanträgen mehrheitlich zugestimmt wurde, dass die Unterbringung von Flüchtlingen eine Pflichtaufgabe sei, der sich Baierbrunn nicht entziehen könne. Ferner wird die Planung dargelegt: drei Holz-Modulbauten, die höchstens für die Dauer von 15 Jahren errichtet werden und die aufgrund ihrer Bauweise bevorzugt für Familien vorgesehen sind. Eine Containerlösung lehnt die Gemeinde explizit ab.

Sollten die Baierbrunner nicht zustimmen, könnte das Landratsamt einen Standort bestimmen

Sollten die Baierbrunner dem nicht zustimmen, sind alternative Standorte zu prüfen, die der Gemeinderat allerdings bereits in früheren Sitzungen für ungeeignet verworfen hat, heißt es weiter. Diese müssen dann erneut geprüft werden, etwa die Unterbringung in frei werdenden Gemeindewohnungen, im Sport- und Bürgerzentrum, im dortigen neuen Umkleidegebäude. Auch gemeindliche Grundstücke sind dann erneut ins Visier zu nehmen. Damit soll klargemacht werden, dass das Landratsamt zur Not auch selbst einen Standort bestimmen kann.

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In diese Richtung zielte auch das leidenschaftliche Plädoyer von Ravindra Nath (FDP). Er betonte, dass es keine Frage sei, ob Baierbrunn einen Beitrag zur Flüchtlingsunterbringung leiste, sondern lediglich das Wie stehe zur Debatte. Und an dem Punkt habe der Bürger die Chance, die „bestmögliche Lösung“ selbst zu gestalten. „Der Standort im Wirthsfeld bietet ideale Voraussetzungen, um eine Unterkunft zu schaffen, die den Bedürfnissen der Geflüchteten entspricht und gleichzeitig gut in unser Dorf integriert werden kann.“ Davon müsse der Bürger überzeugt werden. Jetzt sucht die Gemeinde dringend Wahlhelferinnen und Wahlhelfer, um den sportlich angesetzten Termin zur Abstimmung in gut zwei Monaten einhalten zu können.

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