Baustelle Bahnhof:Geht doch

Baustelle Bahnhof: Gut sichtbar: Mareike Schoppe vom Bahnhofsmanagement, Sozialministerin Kerstin Schreyer und Pullachs Zweite Bürgermeisterin Cornelia Zechmeister (von links) mit der Auszeichnung für den Bahnhof in Höllriegelskreuth.

Gut sichtbar: Mareike Schoppe vom Bahnhofsmanagement, Sozialministerin Kerstin Schreyer und Pullachs Zweite Bürgermeisterin Cornelia Zechmeister (von links) mit der Auszeichnung für den Bahnhof in Höllriegelskreuth.

(Foto: Claus Schunk)

In Höllriegelskreuth macht die Bahn vor, was möglich ist: barrierefreie Bahnsteige. In Haar und Feldkirchen müssen Fahrgäste dagegen noch länger warten.

Von Bernhard Lohr, Pullach/Haar

Auf die Deutsche Bahn zu schimpfen, das war früher einmal. Das macht im Haarer Rathaus eigentlich keiner mehr. Wozu auch? Zu oft haben sich die Bürgermeister und die Zuständigen, die sich über viele Jahre hinweg mit dem Umbau des Bahnhofs beschäftigten, über das Unternehmen geärgert. Zu oft haben sie den Unmut von Bahnkunden abbekommen, ohne bei der zuständigen Bahn etwas ausrichten zu können. Haar durchlebt ein Baustellen-Drama mit der Bahn als schwierigen Partner. Feldkirchen macht gerade Ähnliches durch mit dem Unternehmen, das sich an diesem Samstag selbst feierte: für den barrierefreien Umbau des Bahnhofs in Höllriegelskreuth.

Es geht also, könnte man sagen. Ein einigermaßen einladend aussehender Bahnhof, der gewissen Komfort bietet und auch Reisenden die Fahrt ermöglicht, die mit Krücken, Rollstuhl oder Kinderwagen unterwegs sind, ist auch im Landkreis München keine Vision, die erst irgendwann in ferner Zukunft zu erreichen ist. Im Herbst 2018 wurden in Höllriegelskreuth Aufzüge eingebaut. Zuvor hatte die Deutsche Bahn seit Ende April 2017 den Bahnhof selbst an der Linie S7 barrierefrei ausgebaut. Insgesamt investierte sie rund 6,5 Millionen Euro. 6,35 Millionen Euro stellte der Freistaat Bayern als freiwillige Leistung zur Verfügung. Den umgebauten Bahnhof ziert künftig das Signet "Bayern barrierefrei - Gefördert durch den Freistaat Bayern".

In Haar wurde man dagegen eben erst wieder vertröstet. Wie in einem letzten Aufbäumen hatte Bürgermeisterin Gabriele Müller (SPD) einen Brandbrief in ungewöhnlich scharfem Ton an den Konzernbevollmächtigten der Deutschen Bahn für Bayern Klaus-Dieter Josel adressiert. Den Anlass bot der konkrete Fall einer verzweifelten Frau im Rollstuhl, die nach ihrer Ankunft in Haar am Bahnsteig nicht weiter wusste und erst mit Hilfe von anderen Fahrgästen die Treppe hinuntergetragen werden musste. Müller forderte Josel ultimativ auf, die Zustände zu ändern und die nach monatelangem Einbau immer noch nicht in Betrieb gegangenen Fahrstühle in Gang zu setzen.

Entgegen Zusagen ist der Südzugang weiter gesperrt

Die Antwort ging am 23. April im Rathaus ein und brachte eine erneute Terminverschiebung. Die Aufzüge würden nicht vor Ende Mai wieder funktionieren, hieß es in dem Schreiben. "Tatsächlich ist diese Verzögerung in Zusammenhang mit Beleuchtungsproblemen entstanden. Die DB Station&Service AG arbeitet mit Hochdruck daran, diesen Termin realisieren zu können. Eine frühere Inbetriebnahme ist aufgrund der noch zu erledigenden Arbeiten sowie der erforderlichen Abnahmen derzeit nicht wahrscheinlich." Immerhin sollte von diesem Montag an der Südzugang vom Bahnhofsvorplatz zu den Bahnsteigen wieder offen sein - was sich am Montag einmal mehr als voreilige Ankündigung erwies. Die Arbeiter waren einmal mehr nicht rechtzeitig fertig geworden.

Gebaut wird in Haar seit Frühjahr 2017, auf Kosten der Gemeinde. Wann der Bahnsteigzugang, wie geplant, durch einen Künstler gestaltet werden kann, ist noch offen. Erst müssten die Wände trocken sein, sagt Rathaussprecherin Ute Dechent. Immer wieder falle die Beleuchtung aus. Die Schwierigkeiten nehmen kein Ende. Das eigentliche Problem für die Gemeinde laut Dechent: "Man kann es wirklich nicht mehr erklären."

Ähnlich wie Haar steckt Feldkirchen in einer Bahnhof-Baustelle, die man sich vorab in kühnsten Träumen nicht ausmalen konnte. Barrierefrei soll der Bahnhof werden. Doch das dauert. Wer zum Bahnsteig will, muss seit Monaten in luftiger Höhe über eine Stahlbautreppe klettern, die über die Bahnstromleitungen geführt wird. Viele können das nicht bewältigen. Viele ältere Fahrgäste fahren laut Erzählungen von Feldkirchen derzeit lieber mit dem Bus in die Messestadt und nehmen dort die U-Bahn. Andreas Janson (UWV), Zweiter Bürgermeister von Feldkirchen, sagt, man müsse froh sein, dass noch nichts Schlimmeres passiert sei.

Vor allem im Winter sei der Weg zum Bahnhof gefährlich gewesen. Ähnlich wie die Haarer beklagt er, es mit der Deutschen Bahn mit einem schwierigen Partner zu tun zu haben. "So weit ich weiß, ist die Kontaktaufnahme immer relativ schwierig." Die Bahn sei ein zu großes Unternehmen, als dass man dort ständige Ansprechpartner finden könnte.

Abgesehen von den einschneidenden, aber doch notwendigen Beeinträchtigungen durch eine Baustelle bereitet in Feldkirchen der langsame Baufortschritt Verdruss. Eigentlich sei geplant gewesen, nach einem Baubeginn im Frühjahr 2018 bis Ende vergangenen Jahres weitgehend fertig zu sein, sagt Janson. Dann stand der Spätsommer als Ziel im Raum. Nun glaubt Janson nicht mehr an eine Fertigstellung in diesem Jahr. Nach seiner Beobachtung tue sich relativ wenig auf der Baustelle. Es könnte schneller vorangehen, ist er überzeugt. Immerhin habe man das Glück, "dass etwas gemacht wird", sagt Janson.

Die Bahnhöfe in Hohenbrunn, Großhesselohe und Ebenhausen-Schäftlarn sind dagegen noch nicht barrierefrei. Bei letzterem ist der Ausbau laut dem SPD-Bundestagsabgeordneten Martin Burkert bis spätestens 2026 geplant. 5,2 Millionen Euro sind dafür im Bundeshaushalt vorgesehen.

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