Inflation:Hartes Brot

Inflation: Das Bäckerhandwerk ist schwere Arbeit. Zurzeit belasten die Betriebe hohe Kosten.

Das Bäckerhandwerk ist schwere Arbeit. Zurzeit belasten die Betriebe hohe Kosten.

(Foto: Florian Peljak)

Bäcker kämpfen mit hohen Preissteigerungen. Die Meister Stefan Dümig, Werner Fiegert, Heinrich Traublinger und Andreas Rubner erzählen.

Von Michael Morosow, Landkreis München

Dass das Handwerk einen goldenen Boden hat, dem würde aktuell wohl kein Bäcker im ganzen Land zustimmen. Inflation, Personalmangel, exorbitant gestiegene Energie- und Rohstoffpreise - von keiner dieser Krisen sind sie verschont geblieben. Die Existenzsorge ist allgegenwärtig in den Backstuben, wie auch die Angst vor weiteren Hiobsbotschaften. "Das lässt einen unruhig schlafen", sagt Dinkelbäcker Stefan Dümig, der mit Filialen in Haar, Vaterstetten und Ottobrunn vertreten ist. "Wir sind erst am Anfang, wenn das alles länger dauert, wird es richtig schlimm", sagt der Sauerlacher Dorfbäcker Andreas Rubner. Auch der Ottobrunner Bäckermeister Werner Fiegert schildert die gegenwärtige Situation seiner Zunft als grenzwertig. "Wir müssen der Innung vertrauen, dass sie das Beste für uns herausholt", sagt er.

Inflation: Heinrich Traublinger jun. aus Kirchheim, Obermeister der Bäckerinnung.

Heinrich Traublinger jun. aus Kirchheim, Obermeister der Bäckerinnung.

(Foto: Gino Dambrowski)

Innungsmeister Heinrich Traublinger jun., der selbst 23 Filialen mit 130 Mitarbeitern führt und seinen Unternehmenssitz in Kirchheim hat, weiß um die Sorgen der Bäcker und Konditoren, die insbesondere der "Kosten-Tsunami" bei den Energiepreisen umtreibt. Wenigstens sei jetzt der Gaspreisdeckel beschlossene Sache. Das freilich helfe keinem Betrieb, der mit Öl oder Pellets seine Öfen befeuert. Für sie werde er für eine Härtefallregelung kämpfen. Am Donnerstag habe er darüber mit dem bayerischen Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger gesprochen "Aber noch ist zu viel vage", er hoffe, dass sich in diese Richtung bald einiges konkretisieren werde.

Es ist ein Spagat, den derzeit Bäcker und Konditoren machen müssen. Einerseits müssen sie die Preise für ihre Produkte anheben, um rentabel wirtschaften zu können, andererseits wandern Kunden in Richtung Discounter ab, wenn der Preis ihre Schmerzgrenze überschreitet. "Es gibt Nörgler, die von Wucher sprechen, aber leider anonym im Netz", gerne würde er mit einem der Kritiker darüber sprechen und ihm seine Situation erklären, sagt der Haarer Bäcker Stefan Dümig. Dann würde er wohl auch von den tausend Walnussbroten berichten, die er Mitte des Jahres für einen Großkunden hergestellt und damit einen Verlust eingefahren habe.

Ein wesentlicher Grund für das Minusgeschäft sei der drastische Anstieg von 4,80 Euro auf 7,90 Euro pro Kilogramm Walnüsse gewesen. Die Herstellung von Walnussbroten habe er jetzt zurückgefahren, Pistazienprodukte komplett aus dem Sortiment genommen, "weil einen Stollen für 70 oder 80 Euro kauft keiner", und auch Blätterteigprodukte sind in seinen Auslagen nicht mehr zu finden, weil sie zur Hälfte aus Butter bestehen, die jetzt 7,20 Euro statt zuvor 4,80 Euro pro Kilogramm kostet und zudem viel Handarbeit erfordern.

Inflation: Bäckermeister Stefan Dümig

Bäckermeister Stefan Dümig

(Foto: Claus Schunk)

"Die Kosten für Personal und Energie treiben ins Gigantische hoch", sagt Dümig. Zudem seien die Kosten für die Maschinenpflege enorm gestiegen, die Wartung von Kaffeemaschinen etwa um 35 Prozent. "Da denkt kein Mensch dran", sagt er. Mitte des Jahres habe er rote Zahlen geschrieben, berichtet der Bäcker, der wenigstens in einem Bereich gut davonkommt. Während sich der Weizenpreis mit aktuell über 60 Euro pro Doppelzentner verdoppelt hat, ist der Preisanstieg beim Dinkel um sechs Euro auf jetzt 86 Euro moderat.

Dümig hat bis vor 20 Jahren seine Backstube mit Heizöl betrieben, dann aus ökologischen Gründen, wie er sagt, auf Gas umgestellt, das seither seine zehn Quadratmeter großen Öfen auf Temperatur bringt und seine Kosten in die Höhe treibt. Vor allem ins Geld gehe aber auch der Stromverbrauch in der Konditorei. "Krapfenbackgeräte sind wahnsinnige Stromfresser", sagt Dümig. Dabei habe er noch Glück, dass er im Vorjahr einen Fünfjahresvertrag für Strom und Gas abgeschlossen habe. Früher hätten die Energiekosten fünf bis sechs Prozent des Umsatzes ausgemacht, bei einigen seiner Kollegen seien es nun 25 Prozent, bei ihm selbst bewegten sie sich im zweistelligen Bereich. "Täglich macht ein Bäcker zu", sagt Dümig. Aber nicht, weil er Konkurs gegangen sei, sondern weil ein Generationswechsel anstehe und viele ihren Kindern das nicht mehr zumuten wollten.

Der günstigere Industrietarif

Laut Innungschef Traublinger haben im laufenden Jahr bundesweit 600 Bäckereibetriebe dichtgemacht, wie viele wegen der Kostenexplosion, wisse man nicht. Bei einigen seien aufgrund der Inflation wohl auch Mietpreiserhöhungen angestanden. Erleichterung verspricht er sich durch eine angedachte Reduzierung der Mehrwertsteuer von 19 auf sieben Prozent. Eine große Stellschraube, an der seiner Meinung nach gedreht werden muss, sind die Strompreise. Es sei ungerecht, dass nur für Unternehmen mit einem Verbrauch von mehr als 30 000 Kilowattstunden der Industrietarif von netto 13 Cent, brutto 24 Cent plus Mehrwertsteuer für 70 Prozent des Verbrauchs gelte, die kleineren Betriebe dagegen 40 Cent brutto zahlen müssten. "Das sind wir nicht einverstanden und versuchen, das Ganze zu switchen", sagt Traublinger.

Inflation: Bäckermeister Andreas Rubner

Bäckermeister Andreas Rubner

(Foto: Claus Schunk)

Das wäre ganz im Sinne auch des Sauerlacher Bäckers Andreas Rubner. "Was beim Strom auf uns zukommt, weiß ich nicht", sagt er. Und es störe ihn, dass bei den Hilfspaketen, die derzeit geschnürt würden, nicht klar sei, was das konkret für ihn bedeute. Rubner heizt den Backofen mit Öl, das nun doppelt so teuer ist, ähnlich wie die Rohstoffe. Aber auch die Preise für die Papiertüten gingen durch die Decke. Die Preise habe er ein wenig angehoben, "aber ich kann nicht ohne Ende erhöhen, sagt er, obwohl in seiner Gegend wenig gejammert werde, zumal es hier eine geringe Arbeitslosigkeit geben.

Inflation: Bäckermeister Werner Fiegert

Bäckermeister Werner Fiegert

(Foto: Claus Schunk)

Einen Teil seiner höheren Kosten müsse er auf die Preise umlegen, sagt der Ottobrunner Bäckermeister Werner Fiegert, der gewöhnlich zwölf Filialen beliefert, eine aber wegen Personalmangels vorübergehend geschlossen hat. Er sei aber an einer Grenze angekommen, wo es schwierig werde. Seine Kunden spürten auch die Inflation, "und ab einem gewissen Punkt kaufen sie Brot und Semmeln im Supermarkt", sagt er. Fiegert wird mit großem Interesse verfolgen, ob die kleineren Betriebe doch noch in den Genuss des Industrietarifs kommen. Zum Jahresende läuft sein Stromvertrag aus, der Bäcker rechnet mit einer Versechsfachung des Strompreises. "Das bereitet mir Bauchschmerzen", sagt er.

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