Ausflugstipp in Aying:"Jedes Lama findet seinen Menschen"

Ausflugstipp in Aying: Vom Hof der Lohers bewegt sich die Wandergruppe samt Lamas auf der Straße in Richtung Wald.

Vom Hof der Lohers bewegt sich die Wandergruppe samt Lamas auf der Straße in Richtung Wald.

(Foto: Claus Schunk)

Die Familie Loher bietet von ihrem Hof bei Aying aus Wanderungen mit Lamas an. Dabei entwickelt sich schnell eine besondere Beziehung zwischen Mensch und Tier. Beim Streicheln allerdings sollte man vorsichtig sein.

Von Gudrun Passarge, Aying

Letizia läuft schon mit wie ein Profi. Dabei ist die einjährige Stute noch ein "Lama in Ausbildung", wie Isolde Loher-Pfleghar beim Start der Wanderung betont hat. Nur gelegentlich lässt sich Letizia ablenken, sucht nach besonderen Grasbüscheln abseits des Weges oder liebäugelt mit dem schwarz-weißen Schal der jungen Frau vor ihr in der Reihe, die den Wallach Antonio führt. Elf Lamas und ein paar Menschen mehr wandern durch ein Waldstück bei Aying, für die meisten ist es der erste Kontakt mit den Tieren und ein außergewöhnliches Erlebnis. "Ich sehe nur lachende Gesichter", stellt Loher-Pfleghar zufrieden fest. Maria Previcz, die bereits zum zweiten Mal eine solche Wanderung mitmacht, schwärmt etwa von der "besonderen Verbindung", die Mensch und Tier dabei eingehen.

Die Neugier an diesem Morgen ist groß gewesen, auf beiden Seiten des Zauns. Ein Besucher nach dem anderen kam am Hof der Lohers an und beäugte die Lamas auf der Weide, die interessiert zurückschauten. Schnell nutzten einige noch einen kurzen Abstecher zur Toilette. Auch hier ist alles auf die Tiere eingestellt. Lamafotos, Lamaseife in unterschiedlichen Düften, ein Duschgel mit der Aufschrift "No Drama Lama". Damit ist eigentlich schon alles gesagt, denn es wird ein sehr gemütlicher Ausflug, wer dagegen Dramen oder Action erwartet, der ist hier verkehrt. Lamas seien sehr entspannte Tiere, versichert Isolde Loher-Pfleghar in ihrer Einführung.

Ausflugstipp in Aying: Lamas seien sehr entspannte Tiere, versichert Isolde Loher-Pfleghar.

Lamas seien sehr entspannte Tiere, versichert Isolde Loher-Pfleghar.

(Foto: Claus Schunk)

Das ist es auch, was ihr Mann Hans Loher so an ihnen schätzt. Nicht umsonst ist Giovanni sein Lieblingstier. "Ihn bringt nichts aus der Ruhe." Die Lohers leben auf einem Fünf-Hektar-Hof in Neugöggenhofen bei Aying. Früher hatten sie Einstellpferde auf dem Nebenerwerbshof, aber sie suchten nach Alternativen. Bei einem Ausflug nach Miesbach wurden sie fündig. Per Zufall gerieten sie in eine Lama- und Alpaka-Ausstellung. "Das war ein richtiger Wow-Effekt", erinnert sich Loher-Pfleghar. "Da hat uns der Blitz getroffen, und wir wussten sofort, welche Tiere als nächstes auf den Hof kommen." Sie belegten Kurse, besuchten Züchter und lasen sich ein.

Vor zehn Jahren starteten sie mit den drei Lamastuten Belinda, Loretta und Fortuna. Erst gingen sie alleine mit ihnen spazieren, aber wegen der großen Nachfrage boten sie schließlich auch Ausflüge für Omas, Opas und Enkel oder für andere Gruppen an. Mittlerweile können Besucher wählen, von der Schnupper- über die Biergartentour bis zum Waldbaden mit Lamas gibt es die unterschiedlichsten Angebote.

Die Gruppe, die sich an einem leuchtenden Herbsttag hier eingefunden hat, ist bunt gemischt. Da sind zwei Freundinnen, die sich schon aus Grundschulzeiten kennen. Sie haben ihren 50. Geburtstag als Anlass genommen für die Wanderung. Andere haben die Tour geschenkt bekommen von Freunden oder Verwandten. Wieder andere wollten schon immer mal was mit Lamas unternehmen.

"Jedes Lama findet seinen Menschen", hat Isolde Loher-Pfleghar verkündet, bevor es losging, und den Teilnehmern noch einige nützliche Tipps mit auf den Weg gegeben. "Lamas sind Distanztiere", erklärt sie, und - für manche etwas enttäuschend: "Sie sind keine Streicheltiere." Sie suchten keine Nähe, würden sie aber akzeptieren. Wenn man sie streicheln wolle, dann bitte am Hals. Sie erklärt auch noch den Unterschied zwischen Lamas und den kleineren Alpakas, die beide zur Familie der Kamele stammen. Die einen sind Lasttiere, die anderen sind wegen ihrer Wolle gezüchtet worden. Die einen zeichnen sich durch ihre großen "Bananenohren" aus, die anderen haben eher kleine Ohren.

Ausflugstipp in Aying: Na, wo ist mein Mensch? Jedes Lama findet seinen Menschen, davon sind die Lama-Wanderführer in Aying überzeugt.

Na, wo ist mein Mensch? Jedes Lama findet seinen Menschen, davon sind die Lama-Wanderführer in Aying überzeugt.

(Foto: Claus Schunk)

Lamawallach Juan soll die Gruppe anführen. Langsam formiert sich ein Zug und bewegt sich an der Straße entlang Richtung Wald. Unter ihren langen Wimpern aus unergründlichen Augen schauen sich die Lamas genau an, mit wem sie es während der Wanderung zu tun haben. Fast scheint es so, als blickten sie einem tief ins Innerste.

"Nicht ziehen", hat Loher-Pfleghar den Wanderern noch geraten. Leine lockerlassen und vorgehen, wenn das Lama mal stehen bleibt. Leicht gesagt, wenn da so ein schmackhafter Baum am Wegesrand steht, dessen Blätter ganz offensichtlich eine Delikatesse sind. Immer wieder bleibt mal ein Paar stehen, weil das Lama gerade nicht weitergehen will. Dann formiert sich der Zug neu, die Reihenfolge wechselt, nur Juan bleibt immer an der Spitze, stoisch geführt von einem älteren Herrn, der mit Wanderstock unterwegs ist.

Ein eigenartiges Glücksgefühl durchströmt einen an der Seite des Lamas. Es sind faszinierende Tiere, die Vornehmheit und Feinsinnigkeit ausstrahlen. Sie geben einem die Chance auf eine kleine Flucht aus dem Alltag. Annäherungsversuche lässt Letizia allerdings nicht zu, sofort scheut sie leicht und dreht sich zur Seite. Andere Lamas dagegen lassen sich sogar Kopf an Kopf mit ihren Begleitern fotografieren.

Ausflugstipp in Aying: Wandern mit einem Lama macht oft glücklich, immer auf jeden Fall Spaß.

Wandern mit einem Lama macht oft glücklich, immer auf jeden Fall Spaß.

(Foto: Claus Schunk)

Mal hält die Gruppe für eine kurze Fresspause, mal am Lamaklo. Die Tiere benutzten für ihre Notdurft immer dieselben Orte, erklärt Loher-Pfleghar. Letizia demonstriert das eindrücklich. Sie wartet, bis Loretta fertig ist, um sich dann genau über demselben Haufen zu erleichtern. Es wird ein bisschen eng am Toilettenplatz. Zu viele suchende Tiere, zu viele haltende Menschen. Einem der Wallache missfällt das. Er bleckt kurz die Zähne. Schnell einen Schritt zurück, da versprüht er schon ein wenig seiner Spucke. Eine Andeutung dessen, was er tun könnte. Hans Loher hatte zuvor erklärt, dass die Tiere nicht auf Menschen spucken, aber untereinander gebe es schon mal Spuckerei, etwa wenn er das Heu auf die Weide bringt und die Tiere untereinander ausmachten, wer zuerst an den Futtertrog dürfe.

Im Wald geht aber alles friedlich ab. Isolde Loher-Pfleghar weist wiederholt auf die Ruhe hin. Tatsächlich sind die Tiere sehr still. Untereinander verständigen sie sich sonst mit einer Art Summen, doch davon ist während der Wanderung nichts zu hören. Auch Warnrufe gibt es. Die Lamahalterin erzählt von Letizia und Babuna, die erst in diesem Frühling auf den Hof gekommen sind. Sie stießen einmal einen schrillen Warnruf aus und alle Lamas eilten sogleich herbei, um sich schützend vor die beiden Jungtiere zu stellen. Der Grund für den Alarm: Die Nachbarkatze war vorbeigelaufen - für die Neuen am Hof offensichtlich ein noch unbekanntes Tier.

Ausflugstipp in Aying: Untereinander verständigen sich die Tiere mit einer Art Summen.

Untereinander verständigen sich die Tiere mit einer Art Summen.

(Foto: Claus Schunk)

Isolde Loher-Pfleghar ist bekennende Lamaliebhaberin. Sie wird nicht müde, von den eindrucksvollen, aber auch geheimnisvollen Tieren zu schwärmen. Von der Ruhe, die sie ausstrahlen, die sie auch auf die Wanderer übertragen. Sie erinnert sich an eine Frau, die sich verspätet hatte und recht hektisch am Hof ankam. Sie habe dann den Fehler gemacht und ihr sofort ein Lama an die Hand gegeben. "Das ging gar nicht", doch nach einiger Zeit sei die Frau an der Seite des Lamas ruhiger geworden, es wurde noch ein richtig schöner Spaziergang.

Loher-Pfleghar, die als kaufmännische Angestellte arbeitet und die Wanderungen nebenher organisiert, trägt an diesem Tag einen Pullover aus Lamawolle unter der warmen Weste. Die Tiere sind aus dem Leben der Lohers nicht mehr wegzudenken. Natürlich nutzen sie auch zum Schlafen Bettdecken mit Lamawolle. Und an dunklen Abenden nimmt Loher-Pfleghar die Wolle zum Filzen her. "Wir leben hier mit den Tieren", betont sie. Deswegen hat es sie auch hart getroffen, dass sie innerhalb eines guten Jahres vier Lamas verloren haben, weil sie alt oder krank waren.

Die Wanderung ist zu Ende, alle sind gut angekommen, die Tiere wieder auf der Weide. Aber die meisten Wanderer wollen noch bleiben, wollen noch schauen und jede Menge wissen über Lamas. "Sie erkennen euch wieder", sagt Loher-Pfleghar zum Abschied. "Man kann total viel Vertrauen aufbauen mit den Tieren." Sie ließen sich beim nächsten Mal womöglich auch leichter streicheln. Letizia, das Lama in Ausbildung, steht inzwischen auf dem kleinen Hügel in der Wiese. Wie eine Befehlshaberin nach der Schlacht blickt sie auf das Geschehen hinab. Mal sehen, ob sie einen beim nächsten Besuch erkennt. Denn ein Wiedersehen wird es auf jeden Fall geben. Und wenn sie sich nicht mehr erinnert, was soll's? "No Drama, Lama".

Nähere Informationen gibt es unter www.lamaland-loher.de.

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