Infrastruktur:An den Bahnanlagen nagt der Zahn der Zeit

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Der S-Bahnhof in Großhelfendorf wird in zwei Jahren komplett neu gebaut und dabei sechs Meter tiefer gelegt. (Foto: Claus Schunk)

Im Südosten von München waren zuletzt mehrere Übergänge über die Gleise so marode, dass sie geschlossen werden mussten. Jetzt trifft es für zwei Jahre auch den im Ayinger Gemeindeteil Göggenhofen. Schuld ist nach Angaben der DB starker Befall mit Ungeziefer.

Von Martin Mühlfenzl, Aying

Die Göggenhofenerinnen und Göggenhofener haben unruhige Wochen hinter sich. Zwei Mal in der Stunde erklang schon am frühen Morgen und bis in die Nacht hinein ein derart lautes Hupen, dass es die Bewohner des kleinen Ayinger Gemeindeteils aus dem Schlaf riss oder gar nicht erst einschlafen ließ. Immer wieder dröhnte das laute Signal der Züge der S 7 herüber, die sich dem Bahnübergang in Göggenhofen im Schritttempo näherten. Sogar in den weiter entfernten Orten Peiß und Großhelfendorf war es zu hören. Seit Donnerstag rollen die Züge wieder in normaler Geschwindigkeit und ohne Tuten – dafür wird allerdings zwei Jahre lang der Bahnübergang gesperrt.

Was ist da los im Südosten von München? Seit vergangenem Jahr bewachen Schrankenwärter den Bahnübergang an der Kleefeldstraße in der Gemeinde Sauerlach. Der ist in die Jahre gekommen und muss ersetzt werden; seit gut einem Jahr können die Kicker des SV Arget nur über eine provisorische Brücke über die Gleise zu ihrem Trainingsgelände gelangen. In Ottobrunn werden derzeit die beiden Bahnübergänge an der Putzbrunner und Ottostraße umgebaut – mit erheblichen Verzögerungen. In Höhenkirchen ist der Übergang an der Faistenhaarer Straße eigentlich nicht mehr zu gebrauchen. Und nun drohen den Ayingerinnen und Ayingern monatelange Sperrungen, Umleitungen, Baustellen und Schienenersatzverkehr.

Hintergrund ist eine für die kleine Gemeinde – mit ihren zahlreichen Ortsteilen und gleich vier S-Bahn-Haltestellen – gigantische Baumaßnahme: Eigentlich hätte der Neubau des S-Bahnhofs Großhelfendorf südlich von Göggenhofen samt Tieferlegung bereits in diesem Jahr abschlossen sein sollen. „Die Deutsche Bahn ist aber beim Zeitplan deutlich hinterher“, sagt Ayings Bürgermeister Peter Wagner (CSU). „Und es gibt noch keine Genehmigung vom Eisenbahnbundesamt.“

Bereits im Jahr 2021 hatte die Deutsche Bahn in der Gemeinde Aying die Pläne für den großräumigen Umbau vorgestellt, der den Neubau der Gleisanlagen am Bahnhof Großhelfendorf vorsieht – und zwar sechs Meter tiefer als das bestehende Gleis. Der Bahnhof selbst wird abgerissen und etwas verschoben in tieferer Lage ebenfalls komplett neu gebaut. An der Forststraße direkt am Bahnhof soll die Querung zum Werksparkplatz der Firma Fritzmeier neu gebaut werden, ebenso der gut 600 Meter entfernte Übergang in Göggenhofen. Als Bauzeit hatte die Bahn damals etwa neun Monate angesetzt. Im November dieses Jahres hätte der S-Bahnbetrieb nach monatelangem Schienenersatzverkehr zwischen Kreuzstraße und Aying wieder aufgenommen werden sollen.

Der Neubau des Bahnhofs Großhelfendorf verzögert sich

Doch nun bestätigt Bürgermeister Wagner, dass es zu einer Verzögerung von nahezu zwei Jahren kommt. „Es ist ein besonders komplexes Vorhaben“, sagt er. „Wir haben noch einmal umplanen und vieles mit der Bahn in Berlin abklären müssen.“ Es habe mit dem Konzern noch einmal einen Erörterungstermin am S-Bahnhof gegeben, bei dem es unter anderem um die Barrierefreiheit, aber auch um eine Wasserleitung gegangen sei, die unter den bestehenden Gleisen verläuft. „Aber die Planungen stehen so weit, es geht jetzt nur noch um ein paar Flächen, die wir erwerben müssen“, sagt Wagner. Im kommenden Jahr soll dann mit den ersten Vorarbeiten begonnen werden, die große Maßnahme – also der Neubau des Bahnhofs und die Umgestaltung der beiden Bahnübergänge – werden dann 2026 umgesetzt.

Zwei Jahre lang kann der Bahnübergang zwischen Göggenhofen und dem Weiler Neugöggenhofen nicht befahren werden. Die Bahn hat ihn geschlossen, weil die Technik nicht mehr sicher ist. (Foto: Claus Schunk)

Dass der im Jahr 1973 errichtete, nicht beschrankte Bahnübergang zwischen Göggenhofen und dem Weiler Neugöggenhofen in die Jahre gekommen ist, stellt auch für die Bahn keine neue Erkenntnis dar. Dies hatte zur Folge, dass die S-Bahnen kurz vor Göggenhofen zunächst stehen bleiben mussten, um dann ein Signal zu setzen und mit tönendem Gehupe im Schritttempo über den Bahnübergang zu fahren. Die Verzögerungen in Göggenhofen führten schließlich dazu, dass die S-Bahnen zwischen Aying und dem Endhaltepunkt Kreuzstraße in den vergangenen Wochen nur noch im Stundentakt verkehren konnten.

Nun hat sich aber nach Angaben der Deutschen Bahn bei einer routinemäßigen Begutachtung der Querung zu Beginn dieser Woche herausgestellt, dass ein starker Befall der Technik mit Ungeziefer besteht, vor allem haben die Experten einen starken Verbiss durch Nagetiere festgestellt. Eine weitergehende Prüfung ergab, dass ein sicherer Betrieb des Bahnübergangs nicht mehr zu gewährleisten ist und dieser sofort außer Betrieb genommen werden muss. Die S-Bahnen können daher seit Donnerstag wieder in normalem Tempo über den Bahnübergang fahren, wecken in der Früh keine Göggenhofener mehr auf und verkehren auch wieder im regulären Takt – der Bahnübergang aber bleibt bis zum geplanten Umbau im Herbst 2026 dicht. Und die direkte Verbindung zwischen Göggenhofen und Neugöggenhofen ist für zwei Jahre gekappt.

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