Aying:Ein richtiges Zuhause

Aying: Es geht auch anders: In Aying können Asylbewerber aus provisorischen Wohncontainern in diesen Neubau umziehen.

Es geht auch anders: In Aying können Asylbewerber aus provisorischen Wohncontainern in diesen Neubau umziehen.

(Foto: Claus Schunk)

In Aying ist eine Vorzeige-Flüchtlingsunterkunft bezugsfertig: Am Bahnhof hat die Baugesellschaft München-Land zwölf Apartments für 50 Personen errichtet. Sie ersetzen die provisorische Unterkunft und sollen in zehn Jahren Wohnungssuchenden zur Verfügung stehen.

Von Michael Morosow, Aying

Das kleine schwarz gelockte Mädchen will auch sehen, was sich nebenan abspielt, und so wird es von seiner Mutter auf den Arm genommen. Jetzt haben beide einen guten Blick vom Fenster im ersten Stock eines Wohncontainers hinüber auf das große neue Haus, vor dem sich viele Menschen versammelt haben und Reden gehalten werden. Das große Gebäude wird Anfang August ihr neues Zuhause sein, und die Vorfreude der 50 Asylbewerber, die sich seit November 2015 eine provisorische Unterkunft am Bahnhof teilen, ist groß. "Viele kommen und fragen, ob sie einmal reinschauen dürfen", berichtet ein Mitarbeiter des Architekturbüros Florentin Messner, nach dessen Plänen das Wohnhaus hochgezogen wurde.

Bauherr ist die Baugesellschaft München-Land GmbH (BML), die am Montag zur Besichtigung des beinahe schlüsselfertigen Gebäudes eingeladen hatte. Nach den Reden von BML-Geschäftsführer Ulrich Bittner und Ayings Bürgermeister Johann Eichler hatten die Gäste Gelegenheit, die Räumlichkeiten zu inspizieren, und allesamt zeigten sich angetan vom Schnitt und von der Ausstattung der zwölf Zwei-Zimmer-Wohnungen mit einer Wohnfläche von circa 47 bis 59 Quadratmetern. "Da kann man nicht jammern", sagte eine Besucherin, als sie sich in der Wohnung 01 mit behindertengerechtem Bad umschaute.

Die Gemeinde stellt den Grund, der Landkreis mietet den Bau

Freude allenthalben also, insbesondere bei Johann Eichler, der in Begleitung der halben Rathausmannschaft und vieler Gemeinderatsmitglieder zum Festakt erschienen war. Ayings Bürgermeister war noch vor wenigen Wochen ganz anders gelaunt, wenn er auf die Adresse Am Bahnhof 17 angesprochen wurde. Regelrecht sauer war er auf die Regierung von Oberbayern, als diese im Juni einen Planungsstopp für Flüchtlingsunterkünfte verhängt und Kommunen untersagt hatte, neue Flüchtlingsunterkünfte für noch nicht anerkannte Asylbewerber anzumieten - und das nur zwei Monate vor der Fertigstellung des Gebäudes.

Eichler schilderte das Dilemma, in dem die Gemeinde heute stecken würde, wenn der Planungsstopp inzwischen nicht aufgehoben worden wäre. Dann hätten seinen Worten zufolge 20 anerkannte Flüchtlinge in das neue Haus ziehen dürfen, während die 30 anderen hätten schauen müssen, wo sie unterkommen. Eine unbefriedigende Situation wäre entstanden für die Flüchtlinge, aber auch für die Mitglieder des Asylhelferkreises, "die Erstaunliches geleistet haben" und deren Bemühungen dann konterkariert worden wären.

Aying: Bei Ulrich Bittner, Ilse Weiß, Hans Eichler, Ursula Mayer und Christine Squarra (v. l.) ist die Freude groß.

Bei Ulrich Bittner, Ilse Weiß, Hans Eichler, Ursula Mayer und Christine Squarra (v. l.) ist die Freude groß.

(Foto: Claus Schunk)

Nach zehn Jahren können Ayinger Wohnungssuchende einziehen

Nun also kann die Containeranlage bald aufgelöst werden, doch nicht nur das: Das neue Gebäude wird, sobald die Baugenehmigung vorliegt, im Süden einen Anbau mit neun weiteren Wohnungen bekommen, die aber nicht zur Aufnahme weiterer Flüchtlinge dienen, sondern die Gemeinde Aying nach eigenem Gutdünken belegen kann, etwa für Pflegekräfte oder Erzieherinnen. Diese Verwendungsoption ist Teil einer Vereinbarung zwischen Gemeinde und Landratsamt, wobei Aying erst seit Ende 2014 Mitglied der Baugesellschaft München-Land ist, der aktuell 26 der 29 Landkreiskommunen angehören. Die Vereinbarung sieht weiter vor, dass die zwölf Wohnungen zehn Jahre dem Landkreis München zur Unterbringung von Asylsuchenden dienen und danach Wohnungssuchenden aus Aying angeboten werden. Im Gegenzug hat die Gemeinde dem Landkreis das Grundstück zu einem eher symbolischen Erbbauzins von Höhe von jährlich 100 Euro überlassen.

Alle Wohnungen wurden ohne staatliche Förderung finanziert

Die reinen Baukosten für das Energieeffizienzhaus (KfW 70 Standard) betragen gut 1,7 Millionen Euro, die Gesamtherstellungskosten sind jedoch mit 2,6 Millionen Euro deutlich höher. Grund für diese auffallend hohe Differenz ist laut BML-Geschäftsführer Ulrich Bittner die Lage des Gebäudes wenige Meter neben dem Bahngleisen. Die Aufwendungen für den Erschütterungs- und Schallschutz erklärten die Mehrkosten. Zur Finanzierung des Projektes wendet die BML 1,2 Millionen Euro Eigenmittel auf, hinzu kommt ein Kapitalmarktdarlehen in Höhe von 826 000 Euro sowie ein KfW-Darlehen in Höhe von 600 000 Euro. Beide Darlehen wurden bei der Kreissparkasse München-Starnberg-Ebersberg aufgenommen.

Dass alle Wohnungen ohne staatliche Förderung finanziert worden sind, ist ganz im Sinne der Gemeinde Aying. So kann sie in spätestens zehn Jahren über die Vergabe der Wohnungen völlig frei entscheiden und muss keine Förderrichtlinien beachten. Bis dahin dient das Gebäude der Integration, wie Eichler sagte. Wohl auch der Integration des kleinen Mädchens, das nach dem Ende der Zeremonie mit anderen Kindern Fangermandl auf einer Kiesfläche spielt. Zu ihrem neuen Zuhause wird auch ein kleiner Spielplatz gehören.

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