Brauereigasthof Aying:Brotkrieg der Bierdörfer

Brauereigasthof Aying: Das Ensemble aus Wirtshaus und Brauereigebäuden neben der Kirche (hier eine Aufnahme aus den Sechzigerjahren).

Das Ensemble aus Wirtshaus und Brauereigebäuden neben der Kirche (hier eine Aufnahme aus den Sechzigerjahren).

(Foto: Claus Schunk)

Ein Rezept mit Treber entzweite vor einigen Jahren Andechs und Aying.

Von Michael Morosow

Bier wird in Aying nicht nur getrunken. In der Küche des Brauereigasthofs wird daraus zum Beispiel ein Bierteig für Hollerkücherl gerührt, ein Bierlikörguglhupf hergestellt oder das Ayinger "Bieramisu". Bier wird auch "flüssiges Brot" genannt, was den alten Bräu im Jahr 1998 auf eine Idee brachte - und schließlich zu einem "Brotkrieg" mit den Andechser Mönchen führte. Im Mittelpunkt: Bräu Franz Inselkammer und der damalige Pater Prior Anselm Bilgri. Das Corpus Delicti: ein Biertreberbrot, das urplötzlich in Filialen der Hofpfisterei als "Andechser Brot" verkauft wurde. Damit, so wetterten die Ayinger, habe man auf dem heiligen Berg gegen das siebte Gebot (Du sollst nicht stehlen) verstoßen. Die Andechser hätten das Ayinger Biertreberbrot, das damals schon seit 13 Jahren im Brauereigasthof serviert worden war, einfach abgekupfert. Die Mönche schmückten sich mit falschen Federn, ereiferte sich damals auch der damalige Chefkoch Josef Rampl, der zwei Jahre lang experimentiert hatte, ehe ihm das Backergebnis taugte. Benediktinerpater Anselm habe ihn bei seinen vielen Besuchen in Aying oft nach dem Rezept gefragt, das er freilich nicht habe preisgeben wollen. "Zwei Teile Weizenmehl, ein Teil Roggen, ein Teil Biertreber, Salz, Gewürze" - mehr verriet Rampl nie. "Und dann tun die Andechser so, als hätten sie eine bahnbrechende Erfindung gemacht", schimpfte er.

Die gescholtenen Mönche beichteten anfänglich keineswegs ihre Schuld. Sie und die Bäcker der Hofpfisterei hätten selbst ein Jahr lang am Rezept gebastelt, der Vorwurf aus Aying sei haltlos, behaupteten sie. Genauso könne jemand daherkommen und sagen, er habe die Mohnsemmel erfunden. Das Kriegsbeil im Brotkrieg zwischen den beiden Bierdörfern wurde aber bald begraben. "Der den schönen Dingen nicht abgeneigte Pater Anselm besann sich auf das christliche Gebot der Reue, pilgerte nach Aying, und bei ein paar Halben Jahrhundertbier wurde rasch festgestellt, dass die beiden Brotsorten außer den Biertrebern nur wenig gemeinsam hatten", heißt es in den von der Brauerei 2005 herausgegebenen "Ayinger G'schichtn". Friedensstiftend dürfte auch die Tatsache gewesen sein, dass Franz Inselkammer nach seinem Abitur bei den Andechser Mönchen das Handwerk des Brauens von der Pike auf gelernt hatte. Heute noch wird das kräftige, dunkle Brot im Brauereigasthof mit Griebenschmalz oder Kräuterquark serviert.

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