Unterhachings Straßen sind vollgestopft mit Autos. Das ist kein Wunder, denn mit gut 14000 angemeldeten Fahrzeugen hat statistisch gesehen mehr als jeder Zweite in der Gemeinde ein Auto, Kinder eingeschlossen. Um den Trend zum Zweit- oder gar Drittwagen zu stoppen, setzt die Gemeinde jetzt verstärkt auf Carsharing-Modelle und beteiligt sich auch finanziell an deren Etablierung. Ein Fahrzeug des Anbieters Stattauto ist bereits am Bahnhof stationiert. Jetzt soll durch ein Pilotprojekt mit dem Unternehmen Sixt Autofahrern der Abschied vom eigenen Auto mit einem stationsungebundenen Modell noch schmackhafter gemacht werden. Ein geteiltes Auto kann 20 Privatwagen ersetzen und 90 Meter Straße frei machen.
Laut Götz Mahdi, dem Mobilitätsbeauftragten der Gemeinde, wird das Fahrzeug von Stattauto in Unterhaching gut angenommen. Die Verwaltung habe sich bereits bemüht, einen weiteren Standort, vorzugsweise am Fasaneneinkaufszentrum (FEZ) einzurichten, von dem Anbieter aber keine Rückmeldung bekommen. Die Gemeinde bemühe sich allerdings weiterhin darum. Gleichzeitig will sie auf eine "benutzerfreundlichere" Lösung, ein sogenanntes Free-Floating-Modell setzen. Denn während bei "Stattauto" der Wagen stets an der Station geholt und abgegeben werden muss und somit die Attraktivität für diejenigen schwindet, die weit entfernt von dem Standort wohnen, kann bei einer stationsunabhängigen Variante das Auto überall im vorher festgelegten Geschäftsgebiet abgestellt werden. Bislang haben Anbieter dieser Variante des Carsharing davor zurückgeschreckt, außerhalb großer Städte Autoteilen anzubieten. "Carsharing funktioniert nur in Ballungsräumen", sagt Kathrin Risom von Sixt. Allerdings ist das börsennotierte Unternehmen aus Pullach inzwischen bereit, sein Geschäftsmodell über die Münchner Stadtgrenze hinaus auszudehnen, es in den Umlandgemeinden zu "pilotieren", wie Risom diesen Probelauf beschreibt, bei dem die Kommune die Hälfte des Risikos trägt.
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Zustande gekommen ist die Kooperation, für die der Gemeinderat am Dienstag grünes Licht gegeben hat, durch einen dritten Partner: die Schwaiger Group, die 2018 den Bürokomplex Hatrium in Unterhaching erworben hat, erarbeitet mit Sixt ein Mobilitätskonzept, das auch Carsharing vorsieht. So sollen nun nach den Sommerferien zehn Autos für eine Testphase von sechs Monaten auf dem Gemeindegebiet Unterhaching positioniert werden. Zwei Standorte, an denen je zwei Carsharing-Parkplätze eingerichtet werden, soll es am Hatrium an der Biberger Straße sowie am Bahnhof geben. Zudem müssen Parkrestriktionen wie limitierte Parkzeiten für diese Autos aufgehoben werden.
Da die Fahrzeuge nur per App gebucht werden können, bietet der Concierge-Service der Schwaiger Group an, weniger Smartphone affinen Kunden zu assistieren. Während der Testphase soll die Auslastung ermittelt werden. Etwaige Umsatzeinbußen werden zur Hälfte von Sixt und zur anderen Hälfte von der Gemeinde übernommen. Das monatliche Maximum liegt für Unterhaching bei 7500 Euro, sodass bei einem halben Jahr 45 000 Euro fällig werden könnten. Risom ist allerdings überzeugt, dass in Unterhaching das Auslastungsniveau von München erreicht werden kann. Sie verwies in der Sitzung auf Gräfelfing, wo das Unternehmen im vergangenen November die erste dreimonatige Testphase im Umland gestartet hat. Mit neun Autos kam man dort auf je 2,5 Fahrten am Tag - zwei ins Münchner Stadtgebiet und eine innerhalb der Gemeinde. Hinzu kamen Tagestrips am Wochenende.
"Wir wollen den suburbanen Raum ausbauen, brauchen aber eine Anlaufphase", begründete Risom die finanzielle Beteiligung der Kommunen. Läuft es in Unterhaching ähnlich wie in Gräfelfing, würde Sixt nach den sechs Monaten Testphase das Geschäftsgebiet dauerhaft erweitern und die Autos komplett eigenständig betreiben. Zur Diskussion standen eine drei- oder sechsmonatige Probezeit, eine Mehrheit von 20 zu 7 Stimmen im Gemeinderat votierte für die längere Variante. "Es ist nicht so leicht, sein Verhalten zu ändern, wir brauchen einen längeren Atem", warb Grünen-Fraktionschefin Eva Karbaumer für die längere Testphase. Die Ausweitung des Carsharing-Angebots geht auf einen Antrag ihrer Fraktion zurück.