Autobahnparallele:Neuer Verkehr, neue Straße

Autobahnparallele: Der bevölkerungsreichste Landkreis des Freistaats ist ein prosperierender - daher auch einer mit viel Verkehr. Gerade an der A 99 wird das spürbar.

Der bevölkerungsreichste Landkreis des Freistaats ist ein prosperierender - daher auch einer mit viel Verkehr. Gerade an der A 99 wird das spürbar.

(Foto: unk (3), bard)

Angesichts der Pläne für ein Keferloher Gewerbegebiet bringt Haar die alte Idee der Trasse neben der A 99 wieder ins Spiel

Von Bernhard Lohr, Haar/Grasbrunn

Der Konflikt war absehbar. Und jetzt ist er auch manifest. Wenngleich Haars Bürgermeisterin Gabriele Müller (SPD) in relativ moderaten Worten zum Ausdruck bringt, was sie von den Plänen der Nachbargemeinde Grasbrunn hält, in Keferloh ein Gewerbegebiet mit 4,8 Hektar Größe auszuweisen. Das Gewerbegebiet liegt an der ohnehin stark befahrenen B 471, die Haarer Wohngebiet durchschneidet. Einfach zur Tagesordnung will Müller nicht übergehen, wenn auf dieser Straße die Zahl der Lkw weiter steigt. Grasbrunn stehe in der Pflicht, daran mitzuwirken, dass der Verkehr auf der Straße nicht noch mehr zunehme, sagt Müller.

Dabei steht Grasbrunn mit dem Vorhaben, mit neuen Flächen Gewerbe in die Gemeinde zu locken, nicht alleine. Putzbrunn hat ähnliche Pläne und auch Haar will ja die Finckwiese für attraktive Firmen freihalten. Auch diese beiden Projekte liegen an der B 471. Wenn alles so kommt, wie es sich abzeichnet, werden sich in einigen Jahren dort Gewerbegebiete wie an einer Perlenschnur aneinanderreihen. Und die Lastwagen stehen hintereinander im Stau.

Der Wunsch nach Entlastung ist Jahrzehnte alt

Autobahnparallele: SZ-Karte; Quelle: Regierung von Oberbayern

SZ-Karte; Quelle: Regierung von Oberbayern

Dies vor Augen, bringt Bürgermeisterin Müller in jüngster Zeit immer wieder die fast schon vergessenen Pläne zur Sprache, die Entlastung schaffen könnten. Der Wunsch nach einer Entlastungsstraße geistert seit Jahren durch die Köpfe der Kommunalpolitiker. Man plante sogar schon und war recht weit gekommen mit der "B 471 neu" oder "Autobahnparallele", wie das Projekt lange genannt wurde, das vor allem der frühere Bürgermeister Helmut Dworzak aus Haar propagierte.

Am Ende fanden aber die Gemeinden Aschheim, Kirchheim, Haar, Feldkirchen, Grasbrunn und Putzbrunn, die das gemeinsam stemmen wollten, nicht zusammen. Doch jetzt, angesichts der Entwicklung in Keferloh, sagt Müller: "Grasbrunn muss sich schon mal überlegen, ob es auf seinem Standpunkt bleibt, eine Verlegung der B 471 würde es nichts angehen."

Großes Interesse, diese Ideen wieder aufzugreifen, besteht anders als in Haar auf Grasbrunner Seite tatsächlich nicht. Die neue Straße würde in einem Abschnitt vom Putzbrunner Kreisel bis zur Autobahn-Anschlussstelle Haar verlaufen. Damit läge sie weitgehend auf Grasbrunner Flur, wobei Grasbrunn, anders als Haar, von dieser fernab der Bebauung verlaufenden Straße im Guten wie im Schlechten nur peripher betroffen wäre.

Diese über Grasbrunner Flur zu planende Straße würde allenfalls in Neukeferloh und Grasbrunn gewisse Entlastung bringen, sagt Bürgermeister Klaus Korneder (SPD). "Die Autobahnparallele hat für Haar noch mal andere Bedeutung als für Grasbrunn." Dennoch zeigt er sich gesprächsbereit. Großer Schaden wäre für Grasbrunn eben auch nicht zu erwarten. So lange auf die Gemeinde keine Kosten zukämen.

Bei einem übergeordneten Projekt muss auch der Bund einspringen

Für Korneder ist ein entscheidender Punkt in der Debatte, dass die Autobahnparallele als übergeordnetes Straßenprojekt angegangen wird. Ob als Kreisstraße, als Staats- oder Bundesstraße, das sei am Ende egal, sagt Korneder. Aber eine Gemeindestraße wäre sie nicht, dafür würde die Straße im regionalen Verkehrsnetz eine zu große Rolle spielen.

Es müsste also der Landkreis, der Freistaat Bayern oder der Bund als Baulastträger einspringen, um die Straße zu bauen. Doch derzeit gibt es wenig Anzeichen, dass in dieser Richtung etwas passiert. Mitte vergangenen Jahres saßen die betroffenen Bürgermeister mit Landrat Christoph Göbel (CSU) zusammen, um darüber zu reden, wie eine solche Autobahnparallele oder "B 471 neu" geschultert werden könnte. Kirchheims Bürgermeister Maximilian Böltl (CSU) war damals ein Vorreiter. Doch seit den Gesprächen im Sommer 2015 war von dem Thema nichts mehr zu hören. Auch Korneder sagt, es gebe nichts "Greifbares".

Und so ist weiter offen, ob die Umfahrung von Aschheim, die als Bruchstück der ehemaligen Planungen für eine Autobahnparallele alleine umgesetzt wurde, eine Fortsetzung in Richtung Süden finden wird. Bis dato gilt das interkommunale Großprojekt als gescheitert und wegen mittlerweile schlechterer Zuschuss-Aussichten von staatlicher Seite für die Gemeinden alleine als nicht finanzierbar.

Es geht wie immer ums Geld

Dabei sind es gerade die angespannten Finanzen, die die Gemeinden dazu treiben, immer weiter Gewerbeflächen auszuweisen. Wie seine Kollegen berichtet Grasbrunns Bürgermeister Korneder von vielen Firmen, die in den Rathäusern anfragten, weil sie sich ansiedeln wollten.

Die Gemeinden sehen die Chance, die Gewerbesteuer-Einnahmen zu steigern. Doch Grasbrunn steht zumindest für Putzbrunn und Haar exemplarisch auch für den Umstand, dass kaum freie Flächen zur Verfügung stehen. Das Gewerbeprojekt in Keferloh sei eine Möglichkeit, dem Abhilfe zu schaffen und "die Gemeindefinanzen in Ordnung zu halten", sagt er. Das Geld kann Korneder in der Gemeindekasse sehr gut brauchen. Schließlich sitzen ihm Bürger und Gemeinderäte im Nacken, die unter anderem den Bau einer neuen Mehrzweckhalle fordern.

An Wünschen fehlt es auch in Haar nicht. Die Folgen einer solchen Politik für den Verkehr sind aus Müllers Sicht nicht mehr auszublenden. Sie sieht Probleme und Interessenskonflikte, aber sie sucht nicht die Konfrontation. Im Gegenteil: "Ich denke", sagt sie, "wir müssen uns nochmal an einen Tisch setzen."

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