Auszeichnung:Lohn des Spieltriebs

Auszeichnung: Patricia Ivanauskas und Markus Beisl besuchten dieselbe Schauspielschule und sind befreundet.

Patricia Ivanauskas und Markus Beisl besuchten dieselbe Schauspielschule und sind befreundet.

(Foto: Claus Schunk)

Markus Beisl und Patricia Ivanauskas erhalten den Lore-Bronner-Preis

Von Marie Heßlinger, Haar

Gerade noch hätte man meinen können, er sei ein ferner Verwandter der Höhlengestalt Gollum aus dem "Herr der Ringe". Verrückt wirkte er, seine stechend blauen Augen weit aufgerissen. Wie im Rausch hielt er einen Monolog, dessen Sinn sich dem Zuschauer entzog. Doch plötzlich bleibt sein Blick am Horizont hinter den Zuschauerreihen hängen. Langsam, fast unmerklich, hellt sich seine Miene auf. Seine Gesichtszüge werden weicher, seine Augen klarer. Er verwandelt sich. Als Zuschauer kann man kaum ausmachen, wie er diese Veränderung herbeiführt, doch er wird ein anderer Mensch. Jetzt steht der blonde Jüngling wie ein Prinz auf der Bühne. Aus dem Diener "Lucky" aus Samuel Becketts "Warten auf Godot" ist Karl Moor aus Friedrich Schillers "Die Räuber" geworden.

Für seine fesselnde Darbietung, die er am Montagabend im Kleinen Theater Haar noch einmal vorführt, erhält Markus Beisl den Lore-Bonner-Preis 2019 aus der Hand von Oberbayerns Bezirkstagspräsident Josef Mederer. Der 23-Jährige bekommt 3000 Euro und ein Engagement bei den Weilheimer Festspielen. Den gleichen Preis nimmt auch Patricia Ivanauskas entgegen. Die beiden Nachwuchstalente, zufällig beide von der Neuen Münchner Schauspielschule und miteinander befreundet, überzeugten bei dem Wettbewerb mit acht Jungschauspielern eine neunköpfige Jury.

Für Ivanauskas ging damit ein Traum in Erfüllung. "Vor einem Jahr waren wir Zuschauer und ich hab' zu Markus gesagt: Nächstes Jahr gewinnen wir", erzählt Ivanauskas lachend. Auch die quirlige 27-Jährige ist am Montag auf der Bühne nicht wiederzuerkennen. Sie spielt Karls rachsüchtigen Bruder Franz Moor aus Schillers "Die Räuber". Trotz ihrer langen blonden Haare besteht kein Zweifel: Da steht ein Mann auf der Bühne. Von ihrem Schauspiellehrer Matthias Rehrl, sagte sie, habe sie für die Rolle gelernt, wie Männer denken. Eine Herausforderung sei es gewesen, "Hässlichkeit von innen nach außen zu kehren." In einem fließenden Übergang schlüpft sie anschließend in die Rolle einer Depressiven aus "Psychose" von Sarah Kane.

Beeindruckend an Ivanauskas ist ihre kraftvolle Stimme. Die Tochter einer Opernsängerin tanzte in ihrer Kindheit sechsmal pro Woche Ballett. Eine Verletzung durchkreuzte ihre Ballerinaträume. "Dann hab ich mir eingebildet, ich müsste etwas Vernünftiges machen", erinnert sich Ivanauskas. Um Journalistin zu werden, studierte sie Germanistik. Danach beschloss sie, doch Künstlerin zu werden. "Ich mag es am Schauspielen, dass man alles sein darf, was man will", sagt sie. In Bezug auf ihr echtes Leben beteuert sie strahlend: "Wenn man genug Energie, Schweiß und Kraft in etwas steckt, dann kann man alles werden." Nun träumt sie davon, in einem Tatort mitzuspielen- und zwar nicht als Leiche. "Patricia hat einen wahnsinnigen Spieltrieb", lobt Lehrer Rehrl. Für ihn sei klar gewesen, dass Ivanauskas und Beisl die Neue Münchner Schauspielschule am besten vertreten würden.

Markus Beisl ist seit April fertig mit der Schule. Die Ausbildung habe ihn verändert, sagt er. "Mein bester Freund hat zu mir gesagt: Du bist jetzt ein anderer Mensch", erzählt er und fügt lachend hinzu: "Davor war ich der Bauern-Bua aus Niederbayern." Beisl wollte als Kind Bauer werden, bis ihm auffiel, dass sein ältester Bruder den Hof seiner Eltern erben würde. Er beschloss, Elektriker zu werden, änderte den Plan, studierte Computerspiel-Informatik an der Münchner TU, bis er dachte: "Boah ne, nicht mein ganzes Leben." Auch auf der Schauspielschule sei man ständig auf der Suche nach der besten Version von sich selbst. "Das ist das Ironische daran: Man versucht, jemand anders zu sein, aber dafür muss man man selbst sein", sagt Beisl.

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