FCB-Anhänger mit umstrittenem Banner:Polizeieinsatz im Stadion: Gastgeber überrumpelt

FCB-Anhänger mit umstrittenem Banner: Belagerungszustand: Polizeikräfte und Fußballer vor der Gegengeraden des Sportparks Heimstetten, wo die Fans des FC Bayern II das Regionalligaspiel gegen Türkgücü verfolgen wollten.

Belagerungszustand: Polizeikräfte und Fußballer vor der Gegengeraden des Sportparks Heimstetten, wo die Fans des FC Bayern II das Regionalligaspiel gegen Türkgücü verfolgen wollten.

(Foto: BEAUTIFUL SPORTS/Goldberg/Imago)

Der SV Heimstetten, in dessen Stadion es zum Polizeieinsatz gegen Bayern-Fans kam, hat erst vor zwei Wochen Türkgücü aufgenommen - aus Geldgründen. Die Eskalation am Wochenende kam unerwartet.

Von Stefan Galler, Kirchheim

Erst seit knapp zwei Wochen steht fest, dass der Münchner Fußballverein Türkgücü jene Heimspiele, die nicht im Grünwalder Stadion stattfinden können, vor den Toren der Stadt austragen darf: Der SV Heimstetten erklärte sich bereit, den Konkurrenten in der Regionalliga bei sich aufzunehmen, nachdem klar war, dass dieser sich 25 000 Euro teure Partien im Olympiastadion nicht würde leisten können. Nun kam es am Samstag, beim zweiten Saisonspiel von Türkgücü im Sportpark, gleich zu einem handfesten Zwischenfall: Die Partie gegen die Amateure des FC Bayern München wurde nach einem Polizeieinsatz im Block der FCB-Fans abgebrochen.

Handyaufnahmen der Vorfälle kursierten kurze Zeit nach den Vorfällen bereits im Netz: Zu sehen ist, wie Polizeikräfte auf der Gegengeraden des Sportparks Heimstetten in den Block der Bayern-Fans gehen, die Anhänger mit Schlagstöcken und Pfefferspray traktieren. Hintergrund war ein von Münchner Anhängern mitgebrachtes Banner mit der Aufschrift "FC Bayern Fanclub Kurdistan", das Fans und Verantwortliche von Türkgücü nicht akzeptieren wollten.

Zusätzliche Toiletten und ein eigener Kiosk für die Bayern-Fans sollten Ausschreitungen verhindern

Für den SV Heimstetten ist die Eskalation vom Samstag eine große Enttäuschung, wie Geschäftsstellenleiter Selmir Sabic, der den Deal mit Türkgücü eingefädelt hatte, einräumt: "Wir haben das Stadion nach Absprache mit Türkgücü eigentlich richtig gut abgesichert und sind eigentlich auch davon ausgegangen, dass das Banner nicht aufgehängt wird, so lauteten jedenfalls die Vorgaben", schildert Sabic. Dass die Bayern-Anhänger nicht wie in der Regionalliga eigentlich vorgeschrieben in einem abgetrennten Bereich, dem sogenannten Käfig, stehen mussten, sei in Absprache mit Vertretern beider Vereine entschieden worden.

Man habe aber zusätzliche Toiletten aufgestellt und auch einen eigenen Getränkestand hinter dem Bayern-Block installiert, um die Fans noch besser voneinander zu trennen, sagt Sabic, der betont, dass der SV Heimstetten bei den Türkgücü-Spielen keinerlei Verantwortung trägt; das Hausrecht liege beim türkischen Klub. "Unsere Aufgabe ist vor allem die Bewirtung." Aber auch er sei von den Vorfällen am Samstag betroffen gewesen und nach dem Pfeffersprayeinsatz mit Wasserflaschen zu den verletzten Fans geeilt, um deren Augen auszuwaschen.

Er sei in der Angelegenheit völlig neutral, betont der Geschäftsstellenleiter, der beim Sportverein auch Nachwuchstrainer und Kleinfeldkoordinator ist. "Ich fand das Projekt Türkgücü anfangs cool, auch weil es plötzlich einen weiteren höherklassigen Verein in München gab." Doch die letzten Jahre unter dem Präsidenten und Mäzen Hasan Kivran, der den Klub in die Insolvenz hatte laufen lassen, seien im Rückblick alles andere als positiv gewesen: "Eine Frechheit, was da gemacht wurde", findet Sabic.

Mit Türkgücü wurde Vorkasse vereinbart: "Wenn vor dem Spiel kein Geld da ist, findet die Partie nicht statt"

Die Wut im Großraum München auf Türkgücü, das in den Jahren des Aufschwungs maßlos Spieler verpflichtete und wieder feuerte, führte im Sommer schließlich dazu, dass niemand den Klub auf seiner Sportanlage aufnehmen wollte. Neben Unterhaching sagte auch Heimstetten ab, nachdem Türkgücü noch zu Bayernligazeiten 2018/19 im Sportpark Asyl gefunden hatte. Präsident Magnus Harlander hatte im Sommer erklärt, Türkgücü entspreche mit seinem Konzept nicht dem, was man sich unter einem Amateurverein vorstelle.

Dass man sich am Ende doch zur Vermietung durchrang, hat vor allem finanzielle Gründe: "Ich wurde hier auch angestellt, um Marketing und Sponsoring voranzutreiben", sagt Sabic. "Die Vermietung bringt Geld, das wir in unsere 30 Jugendmannschaften stecken." Der Sportpark Heimstetten mit seinen perfekten Trainingsbedingungen ist immer wieder Gastgeber für andere Vereine oder einzelne Fußballer. So bezog Atlético Madrid hier vor einigen Jahren im Rahmen eines Vorbereitungsturniers Quartier, Profis wie Robert Lewandowski oder Joshua Kimmich drehten Werbeclips. "Es ist eine Win-win-Situation", erklärt der SV-Heimstetten-Funktionär.

Und die soll auch nach der Eskalation vom Wochenende fortgeführt werden. Damit man nicht eines Tages zum umfangreichen Kreis der Türkgücü-Gläubiger gehört, hat man aber vorsichtshalber eine Klausel in den Mietvertrag aufgenommen, die Vorkasse verlangt. "Die Verträge sind wasserdicht", versichert Sabic. "Wenn am Tag vor dem jeweiligen Spiel kein Geld da ist, findet die Partie nicht statt."

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