Ausbau des Nahverkehrs:Vorerst aufs Abstellgleis

Deutsche Bahn

Deutsche Bahn ARCHIV - Ein rotes Signal leuchtet am 14.11.2007 am Hauptbahnhof in Dortmund vor einer Weiche. Foto: Bernd Thissen/dpa (zu dpa 'Medien: Deutsche Bahn erwartet Milliardenverlust' vom 02.12.2015) +++(c) dpa - Bildfunk+++

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Laut einem Gutachten sind mögliche zusätzliche Schienenanbindungen im Landkreis München unwirtschaftlich. Das gilt gleichermaßen für Tram, S- und U-Bahn. Kreispolitiker wollen dennoch für die Zukunft nichts ausschließen

Von Stefan Galler, Landkreis

Das Ergebnis ist zunächst einmal ernüchternd: Keine zusätzliche Schienenanbindung im Südosten des Landkreises München ist wirtschaftlich sinnvoll. Das ist das Resultat einer Untersuchung durch die Intraplan Consult GmbH, die im Auftrag von Landkreis München, Freistaat Bayern, Landeshauptstadt München, Münchner Verkehrs- und Vertriebsverbund (MVV) und Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) die Rentabilität und Potenziale von insgesamt fünf möglichen neuen Schienenwegen in diesem Bereich geprüft hat. Konkret ging es um die Erschließung der Universität der Bundeswehr in Neubiberg, des Technologie- und Innovationsparks (Tip) sowie des Innovationscampus auf dem Airbus-Gelände in Ottobrunn. Bei allen fünf untersuchten Schienenwegen sollte der Endhaltepunkt das neue Gewerbegebiet Taufkirchen/Brunnthal sein. Die Gutachter nahmen folgende Wege unter die Lupe: Die Verlängerung der U-Bahnlinie 5 von Neuperlach Süd aus durch Ottobrunn hindurch; eine Abzweigung der S-Bahnlinie 3 von Unterhaching aus oder der S-Bahnlinie 7 von Ottobrunn aus; die Verlängerung der Tramlinie 17 von der Schwanseestraße beziehungsweise den Neubau einer Linie vom Ostbahnhof aus.

Doch bei allen fünf Möglichkeiten würden, so das Fazit, das der Diplomvolkswirt Bernd Kollberg am Montag im Ausschuss für Mobilität und Infrastruktur im Landratsamt vorstellte, die Kosten den verkehrlichen Nutzen übersteigen.

So müsse man bei der Verlängerung der U 5 entlang der Rosenheimer Landstraße über die Ottobrunner Haltestellen Friedrich-Ebert-Straße, Ortsmitte, Robert-Koch-Straße bis zum Taufkirchner Gewerbegebiet mit rund 590 Millionen Euro an Investitionskosten rechnen. Und das für eine Strecke, die gerade mal 5,9 Kilometer lang wäre und für die die U-Bahn etwa acht Minuten Fahrzeit benötigen würde. Die anderen Varianten wären zwar deutlich billiger zu haben, so kostete eine Trambahnverbindung vom Ostbahnhof bis nach Taufkirchen lediglich 122,3 Millionen Euro; die Abzweigung eines zusätzlichen S-Bahn-Astes auf der Linie S 3 von Unterhaching aus 158,9 Millionen Euro und die Gabelung der S 7 bei Ottobrunn gerade mal 33,1 Millionen Euro. Wirtschaftlicher macht das diese Alternativen aber nicht. So ginge beispielsweise Fahrgästen bei der Abkoppelung einzelner S-Bahnwaggons an einer Abzweigung wertvolle Zeit verloren.

Keine der schienengebundenen Lösungen könne der bestehenden Buslinie 213 in puncto Effektivität das Wasser reichen, betonte der Gutachter. Somit sei der Schnellbus trotz seiner Defizite hinsichtlich Pünktlichkeit und Fahrkomfort das geeignetste Verkehrsmittel in diesem Bereich. Das gelte auch für die Linie 210, die bisher Ottobrunn mit dem Bahnhof Neuperlach Süd verbindet. Hier empfahl Bernd Kollberg, Maßnahmen zur Beschleunigung des Busses auf der Rosenheimer Landstraße bald umzusetzen.

Die Kreispolitiker zeigten sich von den Ergebnissen des Gutachtens nicht überrascht. "Natürlich kann man angesichts einer derartigen Beurteilung nicht mit einem Angebot in Vorleistung gehen", sagte Landrat Christoph Göbel (CSU). Andererseits dürfe man das Gutachten auch nicht einfach "kommentarlos zur Kenntnis nehmen", sondern müsse sich für die Zukunft auch andere Verbesserungen des ÖPNV-Netzes genauer anschauen. Göbel nannte dabei stellvertretend die schon mehrfach in die Diskussion geworfene Stadt-Umland-Bahn oder auch oberleitungsgeführte Schnellbuslinien. "Auch wenn all das aktuell nur wenig konkret ist, geht es doch um eine Perspektive."

Die Bürgermeister von Neubiberg, Ottobrunn und Putzbrunn, Günter Heyland (Freie Wähler), Thomas Loderer (CSU) und Edwin Klostermeier (SPD), betonten die Notwendigkeit, für die Zukunft nichts auszuschließen. "Im Südosten herrscht weiterhin Dynamik, was Wohnraum, Arbeitsplätze, Einkaufsmöglichkeiten und Freizeit angeht", sagte Heyland. "Da muss auch eine U-Bahnverlängerung Thema bleiben." Und Stefan Schelle, Fraktionsvorsitzender der CSU im Kreistag, ergänzte: "Ich denke, dass man 1970/71 beim Beginn des S-Bahnbaus auch keine Analysen zur Rentabilität gemacht hat. Hier geht es um Weichenstellungen für die nächsten 50, 80 oder 100 Jahre. Das ist alles gar nicht abschätzbar."

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