Süddeutsche Zeitung

Aus für Asiatischen Laubholzbockkäfer:Die Rosskur war erfolgreich

Die Landesanstalt für Landwirtschaft wertet die Ausrottung des Schädlings in Neubiberg und Waldperlach als Beleg, dass die rigorosen Fällungen nötig waren. Die Kritiker sehen das nach wie vor anders.

Von Daniela Bode, Neubiberg/München

Lärmende Motorsägen, Spürhunde, die an Bäumen schnüffeln, Baumkletterer, die Pheromonfallen aufhängen. Immer wieder prägten diese Szenen das Ortsbild in Neubiberg und Waldperlach, seit zum ersten Mal Anzeichen des Asiatischen Laubholzbockkäfers gefunden worden waren.

Nun ist erst einmal Entwarnung angesagt. Weil seit mehr als vier Jahren keine Spuren des Schädlings mehr gefunden worden waren, hat die Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) die Quarantänezone aufgehoben. "Wir haben es geschafft, den Käfer hier auszurotten", sagte Gerhard Kraus, der seit 2015 Gebietsbetreuer der LfL in der Quarantänezone Neubiberg war, bei einer Informationsveranstaltung zu dem Thema im Leiberheim in Waldperlach am Mittwoch.

2014 war in einem Wohngebiet in Neubiberg erstmals ein Befall mit dem aus Asien in Holzpaletten eingeschleppten Schädling festgestellt worden. Im Mai 2015 fand man auch am Rand des Putzbrunner Waldes "Große Wiese" in Nachbarschaft zum Münchner Stadtteil Waldperlach eine Larve des Schädlings. Nach Vorgaben des Bundes und der EU wurde das betroffene Gebiet unter Quarantäne gestellt.

Befallene Laubbäume mussten entsprechend einer EU-Regelung gefällt werden. Ebenso wurden vorsorglich alle möglichen Wirtsbäume im Umkreis von 100 Metern von befallenen Gewächsen abgeholzt. Das betraf schließlich zahlreiche Laubbaumarten wie Ahorn, Birke, Linde und Ulme. Am Ende waren es allein 1250 Bäume, die die Landesanstalt für Landwirtschaft fällte. "Der größte Teil von diesen Gehölzen hatte einen Stammdurchmesser unter zehn Zentimeter", sagt Elke Zahner-Meike, Sprecherin der LfL. Es waren aber auch große, alte Bäume dabei, deren Verlust die Besitzer besonders schmerzte. Ein Ehepaar in der Josef-Kyrein-Straße in Neubiberg beispielsweise musste sich von einer alten Linde trennen, weil sie ein potenzieller Wirtsbaum gewesen sein soll.

Eine ziemlich große Kahlfläche

In der Quarantänezone waren Gartenbesitzer aufgefordert, Anzeichen auf den Käfer zu melden, Laubholzschnittgut war gesondert zu entsorgen. Von den Fällungen waren im Mai 2015 auch 1,5 Hektar Wald betroffen. "Es war eine ziemlich große Kahlfläche", bedauerte Martin Holzäpfel, Förster vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Ebersberg, bei der Informationsveranstaltung am Mittwoch.

Wegen der rigorosen Praxis, die Bäume auch vorsorglich abzuholzen, gab es viel Kritik. Immer wieder wurden Forderungen nach milderen Maßnahmen laut. In Neubiberg gründete sich die Bürgerinitiative "Gegen Alb-Traum Neubiberg" - ALB ist die Abkürzung für Asiatischer Laubholzbockkäfer. Die Aktiven rund um Wieland Keinert kämpften unter anderem mit einer Online-Petition für eine differenzierte Betrachtung der Bekämpfung des Laubholzbockkäfers. Die Initiative stellt angesichts des Endes der Quarantänezone nun ihre Arbeit vorerst ein. Auf ihrer Homepage bleibt sie jedoch dabei, dass sie die Fällstrategie für falsch hält und der Meinung ist, dass dadurch viel Schaden angerichtet worden sei. Gebietsbetreuer Kraus verteidigte bei der Informationsveranstaltung nun die Vorgehensweise: Früher habe man nur die befallenen Bäume herausgenommen, da habe es viele Jahre gedauert, bis der Käfer bekämpft war. Mittlerweile werde eben im 100-Meter-Umkreis eines befallenen Gewächses vorsorglich gefällt. "Das schmerzt, aber es hat sich als richtig herausgestellt", sagte er.

Von 35 Befallsgebieten in Europa seien bereits 14 für erledigt erklärt, darunter eben auch das in Neubiberg. Auch die Quarantänezone in Feldkirchen kann Ende des Jahres aufgehoben werden, sollten sich dort nicht noch Hinweise auf den Käfer finden. Das Risiko der Neueinschleppung hält Gebietsbetreuer Kraus ebenfalls für gering. Bei Importkontrollen in den vergangenen Jahren sei kein Käfer gefunden worden, sagte er. Er bedankte sich für die Unterstützung der Gemeinde und der Gartenbesitzer, von denen der ein oder andere ihm und seinen Kollegen sogar einen Kaffee oder ein Glas Wasser angeboten habe.

Keine völlige Entwarnung

Völlige Entwarnung gibt Kraus derweil nicht. "Wir wissen nicht, ob es nicht irgendwo noch ein Befallsgebiet gibt", sagte er. Erst vor Kurzem war der Schädling im Landkreis Miesbach festgestellt worden. Kraus appellierte daher an die Zuhörer, aufmerksam zu bleiben und es zu melden, sobald sie etwas Auffälliges beobachteten (E-Mail: ALB@lfl.bayern.de). Den Käfer sollten sie gegebenenfalls in einem Einmachglas einfangen und aufbewahren.

Hoffnung macht derweil die Waldfläche, die abgeholzt worden war. Hier sieht man schon die neu angepflanzten Eichen, Kirschen und Walnussbäume zu einem klimatoleranten Mischwald heranwachsen. "Es ist ein sehr schöner Anblick, wie die Kultur angewachsen ist", sagte Holzäpfel.

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SZ vom 24.01.2020/belo
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