Aufzugsfirma Nunn in Hohenbrunn:Vom Maschinenbau zum Erlebnisdesign

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Bis in die Sechzigerjahre stellte die 1920 gegründete Firma Nunn in Hohenbrunn selbst Aufzüge her. Inzwischen gestaltet sie mit Hilfe von fertigen Teilen moderne Liftanlagen nach den Wünschen der Bauherren.

Von Angela Boschert, Hohenbrunn

"Treppe oder Aufzug" ist für Gitta und Bernd Svoboda keine Frage. Sie leiten gemeinsam mit ihren Kindern die Firma Nunn Aufzüge, die dieses Jahr ihren 100. Geburtstag feiert. Bei einem Fest am 25. Juni will die Hohenbrunner Aufzugsfirma mit ihren Auftraggebern, Kooperationspartnern und Mitarbeitern auf die Jahre von 1920 bis heute zurückblicken.

Gegründet wurde das Unternehmen von dem Schwaben Wilhelm Nunn, der bei der Firma Haushahn Erfahrungen gesammelt hatte, als "Aufzugsfabrik Wilh. Nunn KG" in München. Auf einem Foto aus dem Gründungsjahr sind die ersten Mitarbeiter der Firma zu sehen, immerhin zwanzig. "Sie müssen sich in die Zeit zurückversetzen", sagt die Nunn-Erbin Gitta Svoboda dazu. "Es gab keine Zulieferer. Es wurde alles mit einfachen Mitteln selbst gebaut." Jedes Teil musste ohne moderne Bearbeitungsmaschinen geschmiedet, gezogen, gefeilt, geschliffen oder gedreht werden. Daher brauchte man zwanzig Mitarbeiter für Arbeiten, die heute vielleicht zwei bis drei Mitarbeiter ausführen. Nach dem Krieg hatte die Firma Nunn sogar 250 Mitarbeiter, aus den gleichen Gründen. Erst einige Zeit später erfolgte die maschinelle Rationalisierung und der Zukauf von Aufzugsteilen.

Die erste Belegschaft der Firma Nunn 1920 in München. (Foto: Nunn)

Nach den Anfängen im Lehel und vielen Jahren in Berg am Laim zog Nunn 1961 nach Hohenbrunn. 1963 wurden am Firmensitz Ernst-Heinkel-Ring noch Aufzüge gefertigt, wie ein Foto der Werkstatt zeigt. Heute werden dort Lasten-, Auto- und Personen- sowie Spezialaufzüge für Wohngebäude und für den gewerblichen Einsatz konzipiert und modernisiert, "nach Bauherren-Wunsch" und mithilfe der Digitaltechnik, wie Svoboda betont. Die Aufzugsteile kommen von renommierten Firmen aus Deutschland und Europa, mit denen das Unternehmen kooperiert. Auch spezielle technische Erfordernisse werden erfüllt, ebenso wie ausgefallene Ansprüche an Maße und Design, die manche Kunden aus der High-Society haben.

Wer schaut im Aufzug nicht in den Spiegel?

Ein Gebäude soll mit und durch einen Aufzug gestaltet werden können. Glasaufzüge stehen daher hoch im Kurs. In den Betriebsräumen in Hohenbrunn sind Aufzugselemente wie verschiedene Bodenbeläge, Wandverkleidungen und Anzeigeplateaus ausgestellt, mit denen ein Aufzug individuell gestaltet werden kann. Das, was ein Mensch beim Aufzugfahren sieht und empfindet, soll der Auftraggeber erspüren können. So auch die Wirkung von Spiegeln. Denn wer schaut nicht in den Spiegel, bevor er den Aufzug in Richtung Besprechung verlässt?

Ein Arbeiter in der Werkstatt in Hohenbrunn 1963. (Foto: Nunn)

"Jeder, nicht nur die Frauen", antwortet Gitta Svoboda lachend. Sie ist dem Unternehmen von Kindesbeinen an verbunden. Nach dem Tod ihres Vaters Willy Ernst Nunn, der seit 1939 im Unternehmen gearbeitet und es lange Zeit geleitet hatte, übernahm sie 1974 gemeinsam mit ihrer Mutter Margareta die Geschäftsführung. Bereits als 14-Jährige hatte Gitta die Wirtschaftsschule besucht und schon während der Schulzeit im Unternehmen mitgearbeitet. 1981 trat sie in eine internationale Personalberatung ein und machte diese Top-jobs-europe GmbH in den nächsten zwanzig Jahren zum Schwesterunternehmen der Aufzugsfirma. 2007 wurde ihr Mann Bernd Svoboda Geschäftsführer von Nunn. Er war zuvor als Bausachverständiger international tätig und hatte einige Zeit bei Schindler-Aufzüge in Ebikon in der Schweiz gearbeitet. Zwei Jahre darauf sind ihre Kinder Natascha Svoboda und Wolfgang Walde mit in das Unternehmen eingestiegen.

Aufzugbau einst und heute: Wolfgang und Bernd Svoboda mit Mitarbeitern im aktuellen Betrieb (in der Mitte von links). (Foto: Claus Schunk)

Die Balken im Firmenlogo neben dem in Großbuchstaben geschriebenen Firmennamen standen anfangs für die Türme der Frauenkirche, weil Wilhelm Nunn stolz darauf war, seine Aufzugsfabrik 1920 im Münchner Lehel anzusiedeln. Später repräsentierten sie Aufzugsschächte. Da aus dem reinen Aufzugsbau ein Aufzugs-Rundumservice geworden ist, stehen die Balken heute für die drei Fachbereiche Neubau und Modernisierung, Service und Wartung sowie Überwachung und Steuerung.

Auf das sich selbst kontrollierende Monitoringsystem "Liftmanagement24.de" ist man bei Nunn besonders stolz. Es steht an allen Tagen im Jahr 24 Stunden zur Verfügung und ist Digitaltechnik pur. Sensorgesteuerte Modems übermitteln an eine Zentrale, ob etwa ein Aufzug gewartet werden muss, ein Wechsel des Hydrauliköls fällig ist und wo ein Problem auftreten könnte.

Der Servicetechniker wird von dem System selbständig vorab informiert, an welchen Stellen er prüfen und welche Ersatzteile er mitbringen muss. So kann er gezielt reparieren und den Stillstand eines Aufzugs weitgehend verhindern. Was nach einer Werbebotschaft klinge, sei tatsächliche Erfahrung, heißt es bei dem Unternehmen.

© SZ vom 14.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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