Asylbewerber:Freundschaftsspiele

Der Spaß am Fußball überbrückt kulturelle Unterschiede. Diese Erfahrung machen sich viele Sportvereine im Landkreis zunutze, die Flüchtlinge in ihre Mannschaften aufnehmen. Sie leisten damit einen Beitrag zur Integration

Von Stefan Galler

Der FC Deisenhofen geht mit gutem Beispiel voran: Auf der Homepage des Fußball-Landesligisten ist ein Text mit dem griffigen Titel "1:0 für ein Willkommen" verlinkt. Es geht darum, dass der Verein seit November ein wöchentliches Training für Flüchtlingskinder anbietet. "Der Spaß, die Freude am Fußball und die Bewegung im Freien überbrückte schnell alle kulturellen Unterschiede und baute Vertrauen zwischen Trainern und Kindern auf", heißt es hier. Franz Perneker, der Technische Leiter des FC Deisenhofen, untermauert diese Aussage: "Mittlerweile sind die ersten Flüchtlingskinder bereits fest in Mannschaften integriert, obwohl noch gar nicht klar ist, ob sie letztendlich hier bleiben." Dass der Verein die Hand nach den Asylbewerbern ausstreckt, ist für den Funktionär selbstverständlich: "Ich bin keiner, der mit der Fahne am Bahnhof steht, um die Flüchtlinge zu begrüßen. Aber es zählt zu den Aufgaben der Vereine, die Menschen aufzunehmen."

Das Thema Asyl ist im gesamten Landkreis München omnipräsent: die fieberhafte Suche nach Unterkünften für Flüchtlinge, die Arbeit der Helferkreise, die Vermeidung von Obdachlosigkeit für die anerkannten Schutzsuchenden. Doch mehr und mehr spielen eben auch gesellschaftliche Aspekte in diesem großen Komplex eine Rolle. Dabei auch die Frage, wie die Menschen aus den fremden Ländern hierzulande ihre Freizeit verbringen - und zugleich in Sportvereine integriert werden können.

In Höhenkirchen-Siegertsbrunn stellen sich die Verantwortlichen der dort beheimateten Sportvereinigung dieser Aufgabe schon seit einigen Jahren, schließlich war die Gemeinde im Südosten von München eine der ersten, die im großen Stil Flüchtlinge aufnahm. Peter Fanger, der die Juniorenfußball-Abteilung des Vereins leitet, blickt zufrieden auf jene Integration, die in seinem Verein tatsächlich gelebt wird: "Vor drei Jahren haben wir eine A-Jugendmannschaft gebildet mit Spielern aus zehn Nationen. Die Jungs haben sich prächtig verstanden und im Umgang miteinander auch fürs Leben etwas gelernt." Es sei dennoch nicht immer einfach, den Kindern eine sportliche Heimat zu geben, erläutert der Jugendleiter: "Manche werden nach ein paar Wochen wieder anderswohin verlegt, andere werden nicht anerkannt und müssen wieder gehen."

Trainingsauftakt bei der SpVgg Unterhaching nach der Winterpause, 2011

Auf dem Platz herrscht keine Eiszeit zwischen Flüchtlingen und Einheimischen: Trainingsauftakt bei der SpVgg Unterhaching.

(Foto: Claus Schunk)

Und dann sind da noch die bürokratischen Schranken: Jeder Fußballer, der schon einmal irgendwo auf der Welt in einem Verein aktiv war, ist bei seinem jeweiligen Heimatverband registriert. Deshalb muss der neue Klub versuchen, über den Deutschen Fußball-Bund (DFB) Kontakt aufzunehmen, mit den Kollegen in Syrien, Somalia, Irak oder Afghanistan, um die Spielerdokumente der Flüchtlinge zu erhalten. "Aus Kriegsgebieten kommt meistens keine Antwort", sagt Fanger. "Nach 30 Tagen haben wir dann grünes Licht, dass wir einen neuen Spielerpass beantragen können." Man habe bei der SpVgg Höhenkirchen "positive Erfahrungen" mit den Asylbewerbern gemacht, so Fanger weiter: "Es gibt immer ein paar Ausreißer", aber die gebe es bei deutschen Fußballern auch.

In Höhenkirchen sind Flüchtlinge vom Mitgliedsbeitrag befreit, die Kosten trägt der Verein. Beim VfR Garching ist es ebenso, auch hier müssen die Schutzsuchenden nichts bezahlen. Im Gegensatz zum FC Deisenhofen bietet der Bayernligist keine speziellen Trainings für Asylbewerberkinder an, wie Fußball-Abteilungsleiter Franz Hölzl erläutert: "Von Extra-Gruppen halten wir nichts, Integration geht besser, wenn Flüchtlinge und Einheimische miteinander kicken." Zwei Kinder haben bereits vom BFV ausgestellte Spielerpässe und sind fest im Spielbetrieb integriert, wie Hölzl erzählt: "Anfangs war es vor allem sprachlich ein bisschen schwierig, aber im Gegensatz zur Schule lernt man beim Fußball ja schon dadurch, dass man die Übungen des Trainers nachmacht."

Auch "eine Handvoll" Erwachsener habe sich dem VfR angeschlossen, sagt der Spartenchef. "Sie trainieren regelmäßig bei der dritten Mannschaft mit." Wobei die Betonung auf "regelmäßig" liegt, wie Hölzl klarstellt: "Wer Spaß am Fußball hat und zuverlässig beim Training erscheint, ist willkommen." Dennoch werde der VfR für erwachsene nicht-anerkannte Flüchtlinge keine Spielerpässe beantragen. Da sei der bürokratische Aufwand zu groß, so Hölzl.

vorstand fc deisenhofen märz 2007

Franz Perneker ist Technischer Leiter beim FC Deisenhofen, der Flüchtlinge und ihre Kinder integriert.

(Foto: privat)

Das sieht auch Michael Matejka so. Der Fußball-Abteilungschef des SV Heimstetten kann allerdings im Erwachsenenbereich bislang keine große Nachfrage feststellen: "Die wenigen, die kommen, dürfen je nach Talent gerne bei der zweiten oder dritten Mannschaft mittrainieren." Wie der VfR Garching spielt auch Heimstettens erste Garnitur in der Bayernliga, also auf beinahe halbprofessionellem Niveau. Die Anlage an der Kirchheimer Autobahnausfahrt ist weitläufig und perfekt ausgestattet, dementsprechend hat man in der Klubleitung auch nichts dagegen, wenn Flüchtlinge zum Spielen vorbeikommen: "Es fragen immer wieder Gruppen mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen an, ob sie unsere Plätze nutzen dürfen."

Der Klub nimmt seine Verantwortung für das Wohl der Allgemeinheit ernst: Ende Januar veranstalteten die Fußballer gemeinsam mit dem Helferkreis Asyl ein "Come together"; in einem eigens aufgestellten Pavillon gab es Getränke und Gebäck, die einheimischen und fremden Kicker hatten jede Menge Spaß. "Wir konnten ihnen das Vereinsleben näherbringen", sagt Matejka, der diese Veranstaltung nun regelmäßig wiederholen will.

In Taufkirchen arbeiten der Helferkreis Asyl und die Fußballabteilung des SV-DJK bei der Betreuung der Flüchtlinge eng zusammen. "Wenn wir etwas brauchen, etwa Trikots, Bälle oder Trainingsleibchen, steht uns der Verein sofort zur Seite", sagt Johannes Groha, der die Sportbetreuung der Flüchtlinge koordiniert. Auch die Integration in den Nachwuchsbereich der DJK-Fußballer klappt ganz gut, so schaffte ein Junge aus Afghanistan den Sprung in die beste Mannschaft des D-Jugendjahrgangs, ehe er mit seiner Mutter von der Taufkirchner Traglufthalle nach Gräfelfing umgesiedelt wurde. "Wir haben ihn dennoch in den Faschingsferien in unser Trainingscamp nach Oberhaching eingeladen und er hat mit viel Freude teilgenommen", sagt Groha.

Was bei den Kindern klappt, funktioniert offenbar bei den Erwachsenen noch nicht. Die erste Mannschaft konzentriere sich auf den Kampf um den Aufstieg in die A-Klasse, die Mannschaft wolle deshalb derzeit lieber unter sich bleiben, ist aus dem Umfeld des Vereins zu hören. Was nicht bedeutet, dass erwachsene Asylbewerber in Taufkirchen gar nicht kicken dürfen: Der Helferkreis organisiert jeden Dienstag ein Hallentraining und hat auch schon die Zusage der Gemeinde, von April an einmal die Woche einen Fußballplatz nutzen zu dürfen. "Momentan habe ich 16 Asylbewerber, die regelmäßig ins Training kommen", sagt Koordinator Groha, der zugleich der DJK-Fußballabteilung angehört. "Wir haben viel Spaß und es sind einige dabei, die richtig gut spielen."

Ob Höhenkirchen, Garching, Kirchheim oder Taufkirchen: Die Integration in den Sportvereinen leistet einen wichtigen Beitrag für das Zusammenleben mit den Flüchtlingen insgesamt - wovon die Kommunen profitieren. Für den Deisenhofener Klubfunktionär Franz Perneker eine Selbstverständlichkeit: "Die Gemeinde unterstützt uns nach Kräften, da ist es doch schön, wenn wir als Verein etwas zurückgeben können."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: