Astronomisches Zentrum in Garching:Hier kann man den Weltraum neu entdecken

Astronomisches Zentrum in Garching: Sterne sind allgegenwärtig im Besucherzentrum der Eso, ob im Planetarium, im Foyer mit der Milchstraße oder durch die Doppelsternsystem-Struktur des Gebäudes der Supernova.

Sterne sind allgegenwärtig im Besucherzentrum der Eso, ob im Planetarium, im Foyer mit der Milchstraße oder durch die Doppelsternsystem-Struktur des Gebäudes der Supernova.

(Foto: L. Calcada)

Von April an können Besucher der Europäischen Südsternwarte ausprobieren, was bei einer Kollision zweier Galaxien passiert, Planeten außerhalb unseres Sonnensystems entdecken und mehr über das größte Teleskop der Welt lernen.

Von Gudrun Passarge

Der Blick auf die Erde ist gigantisch. Noch besser als diese Fernsehbilder, die den Blick vom Spaceshuttle aus auf den Planeten zeigen. Eher so, als säße man selbst im Raumschiff und flöge durchs All.

Es ist eine Premiere. Die 109 Stühle im Planetarium der "Supernova" sind gerade erst aufgestellt worden und der Film der Europäischen Südsternwarte Eso (European Southern Observatory) läuft zu Versuchszwecken. Für Tania Johnston ist es ein Grund zum Strahlen. Wieder ein Stück geschafft auf dem Weg hin zur Eröffnung, die jetzt erst im April 2018 stattfinden soll.

Die Koordinatorin der "Supernova" ist nicht unglücklich über die Verschiebung um fünf Monate. "Dann haben wir noch einen Puffer, um die Dinge zu testen", sagt sie. Johnston besucht die Baustelle der Supernova fast täglich, und fast jeden Tag kann sie Fortschritte erkennen. Das Astronomie-Besucherzentrum sieht von außen schon fertig aus, immerhin sind die 1396 handgefertigten Blechteile bereits montiert. Es ist ein ungewöhnliches Gebäude, das da am Garchinger Forschungscampus entsteht, aber eines, das sich wunderbar einfügt in die Themenlandschaft. Bis zu 200 000 Besuchern soll sich hier ein Tor ins Universum öffnen, geplant sind Workshops für Kindergartenkinder genauso wie für Abiturienten, es gibt Programme für Familien und wissenschaftliche Informationen auf höchstem Niveau.

Und all das in einzigartiger Architektur in Form eines Doppelsternsystems, bei dem der eine Stern dem anderen Masse abzieht, um sich dann mit einem gigantischen Feuerwerk, eben der Supernova, zu verabschieden. Das Haus samt Innenausstattung ist eine Schenkung der Klaus-Tschira-Stiftung, doch es ist an den Mitarbeitern der Eso, die Supernova mit Leben zu erfüllen. Das kostet viel Geld - Geld, das die Eso auch durch Spenden einsammeln will.

Johnston steht in einem Foyer, das in einem Schloss als Prunkraum durchgegangen wäre. Gekrönt von einer Glaskuppel mit 14 Metern Durchmesser, die es vermag, etliche Sternbilder an den Himmel zu zaubern, sieht der Besucher rundherum nur Sterne. "Das ist die Milchstraße, wie sie in Chile aussieht", sagt Johnston. Ein paar Bildertapeten im unteren Bereich fehlen noch, aber auch so ist man schon gefangen in dem Raum, den Johnston als "The Void" bezeichnet, sie übersetzt es als Weltraum, in der Astronomie steht es für Leerräume zwischen größeren Strukturen. Schon dieses Beispiel zeigt, wie eng Wissenschaft und Gebäude miteinander verwoben sind. Hier können Ausstellungen stattfinden, aber auch Veranstaltungen. Zur eigentlichen Ausstellung kommt der Besucher über ein spiralförmiges Band, das sich durch beide Gebäudeteile auf drei Etagen entlang schlängelt.

Seit zwei Jahren schon arbeitet Johnston mit diversen Helfern an den verschiedenen Präsentationen. Das Thema ist ihr nicht neu, zuvor hat sie in Edinburgh ein astronomisches Besucherzentrum geleitet. Sie kann inzwischen sogar schwierige astronomische Themen in ausgezeichnetem Deutsch erklären.

Insgesamt sind zwölf Stationen in der Ausstellung geplant. Am Start erfährt der Besucher zunächst, was Astronomie überhaupt ist und welche Erfindungen mittlerweile auch in anderen Bereichen genutzt werden. Johnston nennt als Beispiel das Magnetic Resonance Imaging (MRI), ein Verfahren, um Bilder aus dem Inneren des Körpers zu bekommen. Spezielle Algorithmen, die entwickelt worden waren, um den Astronomen klarere Bilder von beweglichen Objekten zu liefern, werden jetzt etwa auch bei der Untersuchung von Parkinson-Patienten eingesetzt.

Eine Reise durchs Sonnensystem

Weiter geht es mit Informationen über Erde, Mond und Sonne und das Sonnensystem. "Das ist besonders für Familien sehr spannend", sagt Johnston, weil es beispielsweise Meteoriten zum Anfassen geben wird und die Möglichkeit, durch das Sonnensystem zu fliegen. Spannend dürfte auch der Versuch ausfallen festzustellen, wie schwer zwei Kilogramm auf dem Mars wiegen im Vergleich zur Erde oder dem Jupiter. Die nächsten Stationen thematisiert das Leben und Sterben der Sterne sowie die Exoplaneten. Also Planeten außerhalb unseres Sonnensystems. So wird etwa unser Nachbarstern Proxima Centauri, nur vier Lichtjahre entfernt, von einem Planeten umkreist.

Danach wechselt die Ausstellung zu Eso-Themen, die Struktur der Einrichtung wird erklärt, ihre 16 Mitgliedstaaten, ihre Gremien, ihre Forschung vorgestellt. Der Lieblingsbereich von Tania Johnston führt die Besucher direkt in die karge Atacama-Wüste mit Sand, Steinen und Schnee. Panoramabilder an den Wänden und auf dem Boden, eine Sitzbank, die aussieht wie ein Stein, Modelle von Teleskopen und die Möglichkeit, virtuell durch die Wüste zu spazieren. Weitere Stationen stellen die Instrumente der Forscher vor, insbesondere das Extremely Large Telescope (ELT), das größte Auge, das je in den Himmel geschaut hat, wie die Eso selbst schreibt.

Dieses Teleskop - es ist noch in Bau - wird über einen Hauptspiegel mit 39 Metern Durchmesser verfügen, damit hätte es eine 13 Mal bessere Auflösung als heutige Teleskope, wie Johnston sagt. Eine weitere Station beschäftigt sich schließlich mit der Milchstraße und anderen Galaxien. Johnston denkt, dass es für viele bestimmt ganz interessant ist, sich dort an einen Tisch mit Touchscreen zu setzen. Wer will, kann sich Galaxien aussuchen und ausprobieren was passiert, wenn sie miteinander kollidieren.

Die Struktur des Universums, dunkle Materie, dunkle Energie sind dann kurz vor Schluss ein kompliziertes Thema, wie Johnston selbst sagt. Aber sie weist darauf hin, dass in der kompletten Ausstellung die Erklärungen nicht nur auf Deutsch und Englisch geliefert werden, sondern sie richten sich auch an Besucher mit unterschiedlichem Vorwissen. Vom Kind bis zum Hobbyastronom soll jeder verstehen, um was es hier geht. "Wir hoffen, dass hoffentlich alle Leute etwas von der Ausstellung mitnehmen können", sagt Johnston. In der letzten Station geht es dann um das Mysteriöse im Universum. Welche offenen Fragen gibt es, wo lauern Gefahren für Sterne? Nach Ende der Ausstellung wird die Eso aktuelle Forschungsergebnisse präsentieren. Und die Besucher können sich im Picknick-Bereich stärken. Allerdings wird es nur Getränke und Snacks aus Automaten geben.

Oben auf dem Dach werden die Workshops stattfinden. Sechs verschiedene Angebote existieren bereits. Johnston berichtet, sie habe Hilfe gehabt von Lehrern und Lehramtsstudenten. Ein Student schreibt beispielsweise seine Masterarbeit über einen der Workshops. Auch mit Schülern des Werner-Heisenberg-Gymnasiums in Garching arbeitet sie zusammen. Zum neuen Jahr wird sie auch noch von einem fest angestellten Bildungskoordinator unterstützt werden.

Das ist dringend nötig, denn die Eso erwartet circa 20 000 Schüler im Jahr. Immerhin muss sich Johnston keine Gedanken über qualifiziertes Personal für die Führungen Gedanken machen. Die Eso hat Forschern und Ingenieuren, die sich in der Supernova engagieren wollen, dafür fünf Prozent ihrer Arbeitszeit zugestanden. Etwa 30 Kollegen hätten sich schon gemeldet, sagt Johnston und strahlt. Fast so hell wie eine Supernova.

Beim Tag der offenen Tür des Garchinger Forschungscampus können Besucher zwar noch nicht die Supernova, aber immerhin die Eso, Karl-Schwarzschild-Straße 2, besuchen. Am 21. Oktober gibt es zwischen 11 und 18 Uhr Vorträge und Führungen. Beispielsweise wird gezeigt, wie die Eso künstliche Sterne erzeugt. Angeboten werden auch virtuelle Reisen zu den Eso-Standorten mit ihren einzigartigen Teleskopen und Instrumenten und eine Live-Schaltung zu den Teleskopen in Chile. Für Kinder gibt es ebenfalls Angebote.

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