Es ist ein "großzügiges Geschenk, das nicht alle Jahre vorkommt", formuliert es Garchings Bürgermeister Dietmar Gruchmann, "sondern wohl eher alle Jahrtausende". Überrascht war er, als in der Bürgersprechstunde im vergangenen November nicht wie üblich Bürger mit Sorgen und Anliegen an ihn herantraten, sondern zwei Wissenschaftler, Thomas Müller und Felix Hormuth. Mitgebracht hatten sie aber keine Sorgen, sondern einen ganzen Kleinplaneten. Weit draußen im Weltall, zwischen Mars und Jupiter, haben sie einen solchen Asteroiden entdeckt - und ihn nach der Stadt Garching benannt. "Das hat mich sehr gefreut, man kriegt schließlich nicht so oft einen Planeten geschenkt", erinnert sich Gruchmann und fügt lachend an: "Das sind natürlich gigantische Perspektiven für die Stadtentwicklung."
So eine Entdeckung passiert oftmals eher zufällig, wie der Heidelberger Astronom Hormuth erklärt. "Man beobachtet eigentlich etwas anderes und stellt dann fest, dass sich da ein Punkt bewegt." Ein Punkt, viel mehr ist der Kleinplanet Garching noch nicht. Sein Durchmesser könnte bis zu zwei Kilometern betragen, wie er aber genau geformt ist, bleibt unklar.
Dafür können die Forscher seine Flugbahn relativ genau voraussagen. Das ist auch Voraussetzung, um einen Kleinplaneten benennen zu dürfen, schließlich sollte man ihn später auch wiederfinden können. "Es gibt nichts Peinlicheres, als wenn ein Kleinplanet benannt wird und der dann auf einmal weg ist", sagt Hormuth. Bei der Namensgebung, über die die Internationale Astronomie Union entscheidet, ist der Entdecker ziemlich frei. Seriös sollte der Vorschlag aber sein - Forscher und Orte sind in Ordnung, Haustiere oder der Entdecker selbst als Namenspate eher nicht. Von den ungefähr 700 000 entdeckten Kleinplaneten wurden bisher 19 000 benannt.
Die Bewohner der Stadt Garching könnten ihren neuesten Zuwachs im Januar selbst beobachten, dann ist der Asteroid der Erde am nächsten. Die Hobbyforscher bräuchten dann allerdings ein Teleskop mit 40 bis 50 Zentimetern Durchmesser, denn mit dem bloßen Auge ist der Kleinplanet Garching nicht zu sehen. Theoretisch sei es mit einem solchen Amateur-Teleskop auch möglich, eigene Entdeckungen zu machen, sagt Hormuth, schränkt allerdings ein: "Langsam sind alle sehr hellen Kleinplaneten gesichtet, dadurch wird das immer schwerer." Hormuth hat in seiner Laufbahn nun schon etliche Kleinplaneten entdeckt. Allein 45 Entdeckungen von ihm warten noch auf einen Namen.
Die Idee, dass Garching ein extraterrestrisches Pendant bekommen soll, kam Hormuths Kollegen Thomas Müller. Der ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik in Garching, wo Hormuth vor knapp zehn Jahren während seines Studiums ein Praktikum absolviert hat. Aber nur weil diese Namensentscheidung im Frühsommer in einem Garchinger Biergarten gefallen ist, sollte man nicht von einer Schnapsidee ausgehen. "Astronomie hat hier eine gute Tradition, da liegt das nahe", erklärt Hormuth.
Außerdem sei Garching international für seine Forschung bekannt. "Die Wissenschaft fühlt sich wohl in Garching", meint auch Thomas Müller. "Meine Familie fühlt sich auch wohl hier. Das ist auch so eine Art Dankeschön an die Stadt." Sein Kollege Hormuth sei ein "sehr erfahrener Beobachter". Er selbst sei eher für die wissenschaftliche Charakterisierung der Himmelskörper zuständig. Ein schönes Zusammenspiel sei das, denn: "Ohne Entdecker können wir auch nichts charakterisieren."
Der Kleinplanet Garching hat einen Durchmesser von 500 Metern bis zwei Kilometern. "Es ist ein großer Gesteinsbrocken", so Müller. "Er besteht wahrscheinlich zum Teil aus Silikaten oder Eisen." Und davon mal abgesehen, dass auf der Nachtseite Temperaturen von bis zu minus 200 Grad Celsius erreicht werden und man nach dem heutigen Stand der Technik zwei bis drei Jahre bräuchte, um dorthin zu gelangen, ist sich Müller sicher: "Für einen Urlaub ist der Kleinplanet Garching nun wirklich nicht geeignet."