Süddeutsche Zeitung

Aschheim:Wie Fußballer vor dem Spitzenspiel

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Alle Jahre wieder: Vor Weihnachten herrscht Hochbetrieb im Paketzentrum. Eine halbe Million Sendungen werden innerhalb von 24 Stunden sortiert und verladen. Von dort gehen sie weiter an die Zustellbasen in Unterschleißheim und Ottobrunn

Von Lars Brunckhorst, Aschheim

So wie die Supermärkte bereits im Spätsommer Lebkuchen und Schokoladen-Nikoläuse in die Regale räumen, bereitet sich auch die Post Monate vorher auf Weihnachten vor. Schließlich ist die Vorweihnachtszeit für das Unternehmen die arbeitsintensivste und umsatzstärkste Phase im ganzen Jahr. Bis zu doppelt so viele Päckchen und Pakete - mehr als 8,5 Millionen - werden dann täglich in Deutschland verschickt. "Damit die genauso schnell und zuverlässig bei ihren Empfängern ankommen wie unterm Jahr, ist eine gute Vorbereitung das A und O", sagt Post-Pressesprecher Dieter Nawrath.

Deshalb fängt Frieder Denghel, der Leiter des Paketzentrums in Aschheim, mit den Planungen schon nach den Sommerferien an. Dann steigen die Paketmengen bereits langsam, aber stetig: Manch einer bestellt schon jetzt die ersten Weihnachtsgeschenke, Firmen ordern Präsente für Kunden, Geschäfte benötigen Dekoration. In Aschheim werden alle Sendungen bearbeitet, die aus den Postleitzahlgebieten 80, 81, 83 und aus bestimmten Regionen von 84 und 85 verschickt werden oder für diese bestimmt sind. Auf seine Mitarbeiter kann sich Denghel verlassen. Weihnachten ist für sie so etwas wie der Höhepunkt des Jahres: "Die Anspannung bei uns ist wie die eines Fußballers vor einem großen Spiel - alle wissen, dass es um viel geht, und wollen eine Topleistung bringen", sagt Denghel.

Damit alles reibungslos läuft, stellt er zusätzlich zu seinen 230 regulären Mitarbeitern etwa 70 Aushilfen ein - darunter auch Studenten und Schüler, die sich etwas dazuverdienen wollen. Diese Verstärkung ist nötig, da in der Hochphase kurz vor Heiligabend in Aschheim etwa doppelt so viele Pakete bearbeitet werden wie etwa im Juli oder August - das können schon mal circa 550 000 Sendungen in 24 Stunden sein. Eine Unwägbarkeit bleibt trotz präziser Planung jedoch bestehen: Winterliche Wetterkapriolen können die Abläufe im Paketversand empfindlich stören. "Deshalb braucht man bei der Post den direkten Draht zum lieben Gott", scherzt Denghel. Wenn auch der nicht hilft und die Lkw in Schnee und Eis stecken bleiben, werden eingeplante Pufferzeiten im Paketzentrum genutzt, um Verzögerungen so gut wie möglich auszugleichen. Trotzdem empfiehlt Denghel, Geschenke nicht erst in allerletzter Sekunde zu bestellen und zu verschicken - auch wenn er und sein Team jedes Jahr alles geben, damit wirklich jedes Paket an Heiligabend unterm Christbaum liegt. Wenn das geschafft ist, gibt es für die Mitarbeiter in Aschheim nur eine kurze Verschnaufpause. Denn nach dem Fest werden ungeliebte Geschenke zurückgeschickt und Gutscheine eingelöst.

Auch die beiden mechanisierten Zustellbasen der Post in Ottobrunn und Unterschleißheim sind vorbereitet: Seit sie vor drei Jahren in den Betrieb ging, durchlaufen allein die Zustellbasis in Ottobrunn täglich 12 000 bis 14 000 Pakete. Für die Vorweihnachtszeit wird die anderthalbfache Menge erwartet, an Spitzentagen höchstwahrscheinlich sogar die Marke von 20 000 Paketen geknackt. Von Ottobrunn aus versorgt werden die Münchner Stadtteile Perlach, Ramersdorf, Giesing, Harlaching und Trudering. In Unterschleißheim werden in der Vorweihnachtszeit 18 000 Sendungen pro Tag erwartet, normal durchlaufen hier jeden Tag 8000 bis 12 000 Pakete die mechanisierte Zustellbasis. Versorgt werden von hier aus die Städte und Gemeinden Unterschleißheim, Oberschleißheim, Dachau, Karlsfeld, Garching, Ismaning, Unterföhring, Eching, Neufahrn und Teile von Hallbergmoos.

Die automatische Sortiertechnik in Ottobrunn und Unterschleißheim schafft bis zu 5000 Pakete pro Stunde und ist nach Auskunft der Post demnach auch diesen Rekordmengen gewachsen. Damit das gelingt, werden auch hier Aushilfskräfte eingestellt. 20 zusätzliche Kräfte wurden für Ottobrunn befristet verpflichtet, 30 bis 40 werden es in Unterschleißheim sein. Zusätzliche Paketfahrzeuge mietet die Deutsche Post bei Autovermietungen an.

Während normalerweise elf Lkw mit 22 Containern reichen, um die Pakete aus dem Paketzentrum Aschheim nach Ottobrunn und Unterschleißheim zu bringen, werden es kurz vor Weihnachten laut Post bis zu 34 Container sein. Die ersten kommen bereits früh um drei Uhr in Ottobrunn und Unterschleißheim an. Also müssen auch die Schichtpläne angepasst werden. Dasselbe gilt für die Zustellbezirke der Paketboten. Diese werden verkleinert und sogenannte Entlastungsbezirke eingerichtet. Trotzdem wird die Tagesmenge der Zusteller erst ersichtlich, wenn alle Pakete sortiert sind. Dann kann es vorkommen, dass ein Auto übervoll ist, während ein anderes noch Kapazitäten frei hat. In dem Fall wird manuell umsortiert, damit sich die Zusteller die Arbeit aufteilen können.

"Bei uns ist der Zusammenhalt immer gut, aber in der Vorweihnachtszeit rücken die Kollegen noch ein Stückchen enger zusammen", sagt Thomas Hardt, Leiter der Zustellbasis Unterschleißheim. Deshalb kann er seinen Kunden versprechen, dass jedes Paket, das Unterschleißheim morgens rechtzeitig erreicht, am selben Tag in die Zustellung geht. Dasselbe gilt für die Ottobrunner Basis. Einzig die Witterung könnte einen Strich durch die Rechnung machen. Wenn der Lkw aus Aschheim wegen Blitzeis und Schnee liegen bleibt, sind auch die Postboten machtlos.

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Quelle:
SZ vom 14.12.2017
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