Schlachthof-Bürgerentscheid:Vom Ärger zum Engagement

Schlachthof-Bürgerentscheid: Strahlende Siegerinnen: Renate Zapf, Sabine Freser-Specht und Sabine Maier (vorne von links mit Mitstreiter Bernhard Goldemund von den Freien Wählern in ihrer Mitte).

Strahlende Siegerinnen: Renate Zapf, Sabine Freser-Specht und Sabine Maier (vorne von links mit Mitstreiter Bernhard Goldemund von den Freien Wählern in ihrer Mitte).

(Foto: Claus Schunk)

Hinter dem Erfolg der Schlachthof-Gegner in Aschheim stecken drei Frauen, die vorher noch nie politisch aktiv geworden sind.

Von Christina Hertel, Aschheim

Eines ist klar: Wenn nicht so viele Menschen gegen den Schlachthof gekämpft hätten, wenn nicht so viele mit Emotionen und Argumenten von Tür zu Tür gezogen wären, hätte die ganze Sache wohl auch anders ausgehen können. Drei Frauen haben sich besonders engagiert: Sabine Maier, Renate Zapf und Sabine Freser-Specht. Sie kennen sich aus der Zeit, in der ihre Kinder noch gemeinsam in die Grundschule gingen.

Keine von ihnen hat sich vorher politisch engagiert. Doch die Vorstellung, möglicherweise bald einen Schlachthof im Ort zu haben, hat sie aufgewühlt. Sabine Freser-Specht, die im kaufmännischen Bereich arbeitet, hat besonders gestört, dass am Anfang die Faktenlage so unklar und die Informationen über das Projekt so dürftig waren. "Wir haben uns gefragt: Wenn es ein ehrliches Projekt ist, warum erklärt dann niemand die Fakten?"

Im Internet wurde der Ton schnell aggressiv - da galt es zu moderieren

Aus diesem Ärger heraus begann das Engagement der drei Frauen. Eine der größten Aufgaben sei es gewesen, zu recherchieren - über das Projekt in Aschheim, aber auch über die Fleischindustrie im Allgemeinen. Mit diesem Wissen wollten sie überzeugen - und das ist ihnen auch gelungen. Doch klar war ihnen selbst nicht immer, dass sie so einen Erfolg haben würden. "Am Anfang dachten die meisten Aschheimer: Wir können ja eh nichts mehr machen. Wir mussten sie dann erst einmal wieder aufrütteln", erzählt Renate Zapf. Sie schrieben Briefe an die Gemeinderäte, sie gingen von Tür zu Tür, druckten Flyer und gründeten eine Facebook-Gruppe.

Maier, die im IT-Bereich arbeitet, wusste, wie wichtig auch das Online-Marketing ist. "Sozusagen über die Schwarmintelligenz sind dort dann viele Informationen zu uns gekommen", sagt Freser-Specht. Doch sie mussten auch die Erfahrungen machen, dass das Netz nicht nur Vorteile hat. "Der Ton wurde zum Teil etwas aggressiv", erzählt Maier. Das habe zu Beginn vielleicht ein paar Leute verschreckt. Da sei es notwendig gewesen zu moderieren.

"Wir wollten auf keinen Fall zu vegan, zu öko auftreten"

Apropos verschrecken: Auch dass sich hier ausgerechnet drei Frauen zusammen gefunden haben, ist - so glaubt Maier - kein Zufall. "Ich bin überzeugt, dass das eher ein Frauenthema ist, weil Männer noch etwas mehr Fleisch konsumieren." Um die Aschheimer Männer aber doch auf die Seite der Schlachthof-Gegner zu ziehen, musste der Ton stimmen. "Wir wollten auf keinen Fall zu vegan, zu öko auftreten."

Veganerinnen sind die drei auch nicht. Auf eine bewusste Ernährung achten sie aber schon. "Ich esse Fleisch, aber ich halte nichts von dieser Massentierhaltung", sagt Zapf. Auch Maiers Haltung ist: Fleisch ja, aber nicht vom Discounter. "Ich habe aber schon Verständnis dafür, wenn jemand einfach schnell in die Kühltheke greift, weil keine Zeit ist." Sie hofft, dass sich die Aschheimer noch länger mit dem Thema Fleisch beschäftigen. In den vergangenen Monaten jedenfalls, da ist sie sich sicher, wurde in der Gemeinde weniger Fleisch gekauft und gegessen. "Vielleicht regt ja das Projekt an, mehr über seinen Konsum nachzudenken."

Zapf, Freser-Specht und Maier leben alle drei schon mehr als zehn Jahre in der Gemeinde. Doch mit der Kommunalpolitik hatten sie bis zu dem Schlachthofprojekt nichts am Hut. "Vorher dachten wir immer, das läuft schon alles in eine gute Richtung", sagt Zapf.

Jetzt habe sie die Erfahrung gemacht, dass man sich nicht einfach zurücklehnen kann. "Man muss wachsam sein." Das Gefühl, etwas bewegen zu können, hat den Frauen gefallen. Ob sie sich deshalb nun auch in Zukunft für die Gemeinde politisch engagieren? "Wir müssen uns jetzt erst einmal alle erholen", sagt Maier. Den Herbst noch genießen, vielleicht mal zusammen in die Berge. Und was dann kommt? "Schauen wir mal."

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