Aschheim:Kampf um den Sonntag

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Tausende strömen am Wochenende nach Aschheim, wo USA-Liebhaber ihre Autos präsentieren. Dass deswegen auch die beiden anliegenden Möbelhäuser öffnen durften, kritisieren Arbeitnehmervertreter von Verdi scharf

Von Irmengard Gnau, Aschheim

Die Mittagssonne spiegelt sich in den breiten, aufpolierten Motorhauben, die aufgereiht auf dem Parkdeck stehen. Stolze Besitzer sitzen daneben, sie haben es sich mit einem Getränk gemütlich gemacht und genießen die anerkennenden Blicke der Vorbeischlendernden oder sind vertieft in ein Fachgespräch über Hubraumgrößen und Kolben. Hinter dem Kotflügel einer grellgrünen Corvette erhebt sich ein überdimensionierter roter Stuhl in den Himmel, das Logo der Warenhauskette XXXLutz. Zu Tausenden strömen die Besucher an diesem Sonntag ins Aschheimer Gewerbegebiet, Parkplätze sind so rasch vergeben wie am Badesee. Was die Menschen bei strahlendem Sonnenschein auf das Großparkdeck lockt, diese Frage ist gewissermaßen zum Zankapfel geworden.

Zum zweiten Mal versammeln sich am Sonntag Freunde amerikanischer Motoren zum "XXXL US Cars & Bikes Treffen" in Aschheim. Im vergangenen Jahr seien etwa 4000 Besucher zum Zuschauen gekommen, erzählt Veranstalterin Astrid Ewald. Genug, um die Kommune Aschheim zu veranlassen, in diesem Jahr den anliegenden Möbelhäusern XXXLutz und Mömax, die beide zur Lutz-Gruppe gehören, zu gestatten, begleitend zu dem Event ihre Verkaufsräume zu öffnen. Mit deutlicher Mehrheit verordnete der Gemeinderat für den Sonntag eine Ausnahme vom Ladenschlussgesetz, als kleine Aufmerksamkeit für den ortsansässigen österreichischen Möbelriesen, der schließlich "nicht unerheblich zum Wohlstand der Gemeinde" beitrage, wie es ein Gemeinderat formulierte.

Die katholische Gemeinde feierte vormittags das Hochfest Fronleichnam mit einer großen Prozession. (Foto: Claus Schunk)

Anders als in der Vergangenheit hatte auch die zuständige Aufsichtsbehörde, das Landratsamt München, dem verkaufsoffenen Sonntag zugestimmt. Möglich ist eine solche Ausnahmeverordnung von Gesetzes wegen "aus Anlass von Märkten, Messen oder ähnlichen Veranstaltungen" an maximal vier Sonn- oder Feiertagen im Jahr. Und nur dann, wenn die Veranstaltung die eigentliche Hauptattraktion des Tages darstellt, nicht die geöffneten Geschäfte. Das sah die Aschheimer Verwaltung beim Autotreffen angesichts der Besucherzahlen des vergangenen Jahres als gegeben an.

Arbeitnehmervertreter sehen das anders. "In meinen Augen ist das allein für Lutz und Mömax geschaffen", sagt Georg Wäsler von der Gewerkschaft Verdi. Zur Untermauerung seiner These verweist der Funktionär etwa auf das Verhältnis zwischen Stellplätzen für die Ausstellungswagen und Verkaufsflächen - letztere sei wesentlich größer als erstere.

Verdi kritisiert die Aufweichung des Ladenschlusses durch Sonntagsöffnung als einen "Angriff auf die letzte Nische des Ladenschlussgesetzes". Erst vor wenigen Tagen hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof zum großen Ärger des Einzelhandelsverbundes einer Klage der Gewerkschaft stattgegeben und der Stadt München untersagt, zum Stadtgründungsfest am 19. Juni die Geschäfte in der Innenstadt öffnen zu lassen. Auch gegen die Erlaubnis in Aschheim hat Verdi Klage eingereicht, wegen des kurzen zeitlichen Vorlaufs sei es allerdings nicht möglich gewesen, die Möbelhausöffnung noch zu verhindern, sagt Wäsler. Der Gewerkschaftsvertreter hofft darauf, mit einem entsprechenden Urteil aber künftige verkaufsoffene Sonntage in Aschheim zu verhindern. Kritik hatte es im Vorfeld zudem wegen eines pikanten Details gegeben - am Sonntag veranstaltete die katholische Gemeinde auch ihren Fronleichnamsumzug in Aschheim. Die Pfarrei hatte sich in einer Stellungnahme bei der Kommune vergebens gegen die Ladenöffnung ausgesprochen.

Die Besucher hält die Diskussion am Sonntag nicht davon ab, sich in Massen zwischen Autos, Möbelhäusern, Essensständen und Bühnen zu drängen. Bei Mömax ist die Luft ein wenig schwül. Ein Mitarbeiter schüttelt den Kopf beim Blick auf die Einkaufenden. Er versteht nicht, warum Menschen am Sonntag ins Möbelhaus anstatt in den Biergarten gehen, er ärgert sich, dass die Öffnung genehmigt wurde.

Gegenüber, im größeren Anbieter XXXLutz zeigt sich Abteilungsleiter Thomas Krause bei einem ersten Zwischenfazit zufrieden mit der Aktion: "Super." Er reckt nach der ersten Verkaufsstunde den Daumen nach oben. "Die Besucherströme reißen nicht ab." Tatsächlich bilden sich am Nachmittag zwischenzeitlich Schlangen an den Kassen, auf dem Parkplatz im Freien blitzen Einkaufstüten mit dem roten Lutz-Logo zwischen den dominierenden Lederjacken und T-Shirts mit Automobilmarken-Emblems hervor.

Am Ende ziehen Car-Treff-Veranstalterin Ewald und ihr Kollege Uwe Bauer zufrieden Bilanz. Etwa 10 000 Besucher, schätzen die Organisatoren, seien heuer gekommen, mit weit mehr 1000 Autos oder Motorrädern. "Unsere Erwartungen wurden weit übertroffen", sagt Bauer. Von der Kooperation mit XXXLutz hätten beide Seiten profitiert. Nächstes Jahr soll es eine Wiederholung geben. Die Organisatoren denken zudem über weitere Veranstaltungen nach.

© SZ vom 30.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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