Süddeutsche Zeitung

Aschheim:Der dunkle Schatten von Wirecard

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Die Gemeinde Aschheim steht finanziell nicht schlecht da, doch wegen der Pleite des Skandalunternehmens drohen Rückzahlungen in Millionenhöhe.

Von Irmengard Gnau, Aschheim

Das Ergebnis für das Haushaltsjahr 2022 war überraschend positiv für die Gemeinde Aschheim, das konnte Kämmerer Marco Zschoch am Donnerstagabend im Gemeinderat verkünden. Eine gute Ausgangslage also für das laufende Jahr, für das die Kommunalpolitiker den Haushalt und Finanzplan aufgestellt haben. Es werden keine Kreditaufnahmen nötig, Aschheim kann seine zahlreichen Investitionen weitgehend aus eigenen Mitteln bestreiten. Allerdings gibt es eine große Unbekannte: Der Skandal um das ehemals in Dornach ansässige Fintech-Unternehmen Wirecard könnte die Gemeinde rückwirkend noch hart treffen.

Die 10 000-Einwohner-Gemeinde östlich von München kalkuliert heuer mit laufenden Einnahmen und Ausgaben von gut 52,8 Millionen Euro und Investitionen von gut elf Millionen. Das ist vergleichbar zum Vorjahr. Doch der Blick in die Zukunft ist nicht ungetrübt, mahnt der Kämmerer. 2024 werden neue Darlehen nötig, derzeit rechnet Zschoch mit 15 Millionen Euro. Schon in diesem Jahr muss die Kommune in ihre Rücklagen greifen und von den derzeit gut 22 Millionen Euro sieben entnehmen.

Denn Aschheim hat große Projekte zu bestreiten, allen voran den Neubau des Rathauses, der bis 2026 abgeschlossen sein soll. Dafür sind nach jetzigen Schätzungen 20 Millionen Euro in den nächsten drei Jahren angesetzt, die genauen Kosten werden sich erst ergeben. Für den neuen Schulcampus, der gerade entsteht, steht Aschheim über den Zweckverband mit 13 Millionen Euro in der Pflicht.

Und es gibt einen dunklen Schatten, der über den Planungen der Kommune schwebt: Wirecard, der Finanzdienstleister mit Sitz im Gewerbegebiet Aschheim-Dornach, dessen Höhenflug im Frühjahr 2020 so jäh endete und der inzwischen Gegenstand mehrerer Gerichtsverfahren ist. Inzwischen ist klar, dass die Chefs des Konzerns über Jahre getrickst haben, dass Bilanzen gefälscht wurden und Gewinne gerechnet, die es wohl nie gab. Solange es Wirecard gut ging, profitierte auch die Gemeinde Aschheim, denn sie erhielt Gewerbesteuern von dem prosperierenden Unternehmen. Nun, da das Insolvenzverfahren läuft, wartet die Kommune bang, ob das Finanzamt bei ihr vorstellig wird mit Steuerrückforderungen.

Der jüngste Zwischenbericht von Insolvenzverwalter Michael Jaffé, der der Kommune vorliegt, legt nahe, dass es um eine durchaus nennenswerte Summe gehen könnte. "Im unteren zweistelligen Millionenbereich", wie der Zweite Bürgermeister Robert Ertl sagt, der derzeit die Geschäfte im Aschheimer Rathaus führt. Die Kommune werde nun abwarten, ob eine Rückforderung kommt, und die entsprechende Summe vorsichtshalber in den Rückstellungen bereithalten. Aktuell gebe es noch keine Forderungen, sagt der Kämmerer. "Doch ich würde das Risiko nicht als Null bezeichnen."

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