Aschheim:Das Tor zur Zukunft

Mit der Marke "Expo Gate Munich-Dornach" will sich Aschheim als attraktiver Wirtschaftsstandort präsentieren. Damit reagiert die Gemeinde auch auf die verstärkten Bemühungen der Nachbarkommunen, Firmen anzusiedeln

Von Irmengard Gnau, Aschheim

Wenn der lang ersehnte Strandurlaub in der Karibik doch nicht ganz so problemfrei verlaufen sollte wie gehofft und es soweit kommt, dass die Versicherung einspringen muss, kann es sein, dass der mehr oder weniger verzweifelte Urlauber in Curaçao plötzlich einen freundlichen Mitarbeiter in Aschheim am Telefon hat. Die Mitarbeiter aus der Telefonberatung der Allianz haben ihren Sitz nämlich in Dornach - eine Tatsache, die auch Bürgermeister Thomas Glashauser (CSU) erst auf seinen Visiten bei den örtlichen Betrieben erfahren hat.

Etwa 70 Unternehmen haben Glashauser und seine Mitarbeiterin Sabine Kirchmann seit Glashausers Amtsantritt 2014 besucht. Wirtschaftsbetreuung und -förderung wird seither groß geschrieben im Aschheimer Rathaus - Kirchmanns Stelle wurde eigens zu diesem Zweck geschaffen, und in den Gemeindehaushalt ein neuer Posten für Gewerbeförderung aufgenommen, 200 000 Euro sind dafür veranschlagt. "Man muss sich heute Mühe geben und sich gut darstellen", sagt Glashauser. Keinesfalls will er seinem Vorgänger im Amt, Helmut Englmann, vorwerfen, dieser hätte etwas versäumt. "Doch die Zeiten sind heute andere: Die Firmen stehen nicht mehr vor der Tür." Sondern sie wollen umworben werden - mit einer guten Anbindung, flexiblen Gebäuden und einem gewissen Komfort für die Mitarbeiter. Denn auch um Fachkräfte ist in bestimmten Branchen ein Wettkampf entbrannt, Standortfaktoren, die das Wohl des Personals berücksichtigen wie Kitas oder Einkaufsmöglichkeiten in Arbeitsplatznähe werden auch für Unternehmen immer wichtiger. Sie suchen die Flächen für ihren Firmensitz - und damit den Ort, an dem sie Gewerbesteuern bezahlen - besonders gewissenhaft aus.

Um sich in diesem Wettbewerb hervorzutun, sollen im Dornacher Gewerbegebiet bald schon schmucke Fahnen und großflächige Plakatwände stehen. Sie heißen Besucher künftig im "Expo Gate Munich-Dornach" willkommen, wie der Büropark an der S-Bahnlinie seit September offiziell heißt. Ein Förderverein hat es sich zur Aufgabe gemacht, dem Gewerbegebiet, dessen Geschichte zurückreicht bis ins Jahr 1928, als die Baufirma Dyckerhoff & Widmann an der heutigen Bahnhofstraße ein Außenlager errichtete, einen neuen, modernen Anstrich zu verpassen. Man will sich präsentieren als internationaler Businesspark gleich neben der Millionenstadt München, als "Premium-Standort" und "Your Gate to Munich", wie es im eigens angefertigten Hochglanz-Prospekt und auf der Homepage heißt. Dafür haben sich die sechs Immobilieneigentümer 2015 zusammengetan, unterstützt von der Gemeinde Aschheim. Das gemeinsame Interesse: den Park und seine 340 000 Quadratmeter Mietflächen mit Leben füllen. 30 Prozent der Büroflächen stehen derzeit leer, erklärt Glashauser. Das will der Bürgermeister ändern. "Es muss unser Ziel sein, den bestehenden Bestand zu füllen", sagt er. Solange bestehende Flächen frei sind, wolle er von neuen Gewerbegebietsausweisungen nichts hören. Das sei nicht zuletzt auch im Interesse der Firmen, die bereits da sind - so sind die Gebäude im Büropark stets gepflegt, man kann sich unter Nachbarn austauschen.

Knapp 1600 Betriebe sind in Aschheim ansässig, vom Familienhandwerk bis zu Global Playern wie Hewlett-Packard und Escada. Sie beschäftigen insgesamt etwa 12 000 Mitarbeiter, die meisten davon - 9000 bis 10 000, schätzt Kirchmann - arbeiten in Dornach. Hinzu kommt das Gewerbegebiet Südost an der A 99, wo vor allem verkehrsintensives Gewerbe wie das Postfrachtzentrum und die Möbelhäuser angesiedelt sind und wo womöglich bald ein Schlachthof entstehen soll, sowie die Gegend um die Industriestraße in Aschheim und die Kiesgruben nördlich des Orts. Die Gemeinde will die Gewerbegebiete "verträglich und attraktiv" ausgestalten. Trotzdem sei es manchmal schwierig, alle Unternehmen und ihre Wünsche unter einen Hut zu bringen, sagt Glashauser. Ein Argument, um sich als Standort attraktiv zu machen, sind niedrige Gewerbesteuern. In den vergangenen zehn Jahren hat Aschheim seinen Hebesatz von 370 im Jahr 2005 auf 320 gesenkt - weit niedriger als in der großen Nachbarstadt München. Im vergangenen Jahr konnte die Kommune 20,6 Millionen Euro aus der Gewerbesteuer verzeichnen, der wichtigste Posten auf der Einnahmenseite.

Den Vorteil der Nähe zur Großstadt bei gleichzeitiger kleinteiliger Struktur hat Aschheim freilich nicht exklusiv. Auch einige Nachbargemeinden im Landkreis haben zuletzt ihre Bemühungen in Sachen Wirtschaftsförderung verstärkt. Der direkte Nachbar Kirchheim zum Beispiel hat erst jüngst eine eigene Vollzeitstelle zu diesem Zweck geschaffen. Eine gewisse Konkurrenz, meint Glashauser, werde immer da sein. Doch man arbeite durchaus zusammen, betont der Aschheimer Rathauschef: "Letztlich entscheiden immer die Standortfaktoren. Und wenn wir einem Interessenten die gesuchte Fläche nicht anbieten können, verweisen wir ihn auch an die Nachbarkommunen."

Um den professionellen Auftritt im Gewerbegebiet "Munich-Dornach" perfekt zu machen, soll sogar der S-Bahnhof seinen Namen ändern. Damit Angestellte, die mit dem Zug ankommen, gleich wissen, wo sie sind, setzt sich die Gemeinde Aschheim dafür ein, dass der Bahnhof Riem nicht nur geografisch nahe an den Büros liegt, sondern künftig auch "Riem-Dornach" heißt. Ein gut 30 000 Euro teures Gutachten wird derzeit erstellt, das prüfen soll, wie teuer eine solche Umbenennung werden würde. "Das ist es uns wert", sagt Glashauser. "Weil es für die Firmen wichtig ist."

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