Hanfanbau in Aschheim:Cannabis aus dem Container

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Wenzel Cerveny in seinem Anbau-Container. Noch sind es nur Stecklinge, die keinen Wirkstoff enthalten - doch sobald der Klub genehmigt ist, sollen Pflanzen mit Wirkstoff gezogen werden. (Foto: Claus Schunk)

Ein Spielplatz soll verhindern, dass sich in Aschheim ein Anbau-Klub etabliert. Gründer Wenzel Cerveny setzt nun auf eine mobile Lösung für die Aufzucht der Stecklinge – damit er sie im Zweifelsfall schnell verlegen kann.

Von Anna-Maria Salmen, Aschheim

Draußen ist es kühl an diesem Vormittag. Betritt man den dunkelgrauen Container auf dem Parkplatz in Aschheim, weht einem schlagartig warme, schwere Luft entgegen. 33,7 Grad hat es hier, die Luftfeuchtigkeit beträgt 46 Prozent. Leicht rosafarbenes LED-Licht erfüllt den Raum. Links und rechts des Ganges hängen übereinander je fünf weiße, mit unzähligen Löchern versehene Paletten wie Regale an den Wänden des Containers. Größtenteils sind die Löcher noch leer, doch aus einigen wachsen zarte, nur wenige Zentimeter hohe Pflänzchen.

Kaum zu glauben, dass diese winzigen Gewächse Aufruhr auslösen können. Doch sie haben Wenzel Cerveny deutschlandweit bekannt gemacht: Es handelt sich um Hanfstecklinge, die der Unternehmer hier in Aschheim anbaut und verkauft. In der Gemeinde stößt das auf wenig Gegenliebe. Um das Vorhaben zu verhindern, setzte man kurzerhand einen kleinen Spielplatz auf die gegenüberliegende Straßenseite. Denn eine Cannabis-Anbauvereinigung, wie Cerveny sie plant, muss mindestens 200 Meter von solchen Einrichtungen entfernt sein.

Noch nutzt der Unternehmer daher für den Anbau ein Schlupfloch im Gesetz. Nicht Cervenys Cannabis-Klub, der schließlich noch keine Lizenz hat, verkauft die Stecklinge, sondern die Natur-Erlebniswelt – ein Shop, in dem seine Ehefrau Waren aus Nutzhanf vertreibt. Außerdem handelt es sich bisher noch nicht um Cannabispflanzen mit Wirkstoff – diese will Cerveny erst anbauen, sobald er die Genehmigung für seinen Klub hat.

Seit er von dem Spielplatz erfahren habe, suche er nach Lösungen, sagt Cerveny. Gefunden hat er sie nun möglicherweise in einem Container-System. Maximus nennt sich das Modell eines slowakischen Herstellers, ein Stück kostet knapp 100 000 Euro. Auf 25 Quadratmetern sollen im Innenraum künftig bis zu 6000 Stecklinge pro Monat angebaut werden. Diese sollen dann sowohl an bereits genehmigte Cannabis-Klubs als auch an Privatkunden verkauft werden, die die Pflanze zuhause kultivieren möchten.

In den Containern herrschen optimale Bedingungen für die Stecklinge, wie Entwickler Pavol Bobek sagt. Von der Luftfeuchtigkeit über die Temperatur bis hin zur Nährstoffzufuhr könne man alles kontrollieren. Die Umgebung sei so steril, dass man theoretisch auch medizinisches Cannabis produzieren könnte. Nicht einmal Erde sei nötig: Die Stecklinge werden in Styropor gesetzt, von unten liefert stetig zirkulierendes Wasser alle nötigen Nährstoffe. Innerhalb von fünf Tagen sind die kleinen Pflanzen laut Bobek bereit für den Verkauf.

Der Anbaucontainer soll bei Bedarf verlegt werden. (Foto: Claus Schunk)

Zudem sind die Container mobil – ein entscheidender Vorteil für Cerveny. Sollte es Probleme aufgrund des Spielplatzes geben, kann er den Anbau einfach an eine andere Stelle verlegen, er braucht dafür im ersten halben Jahr nicht einmal eine Baugenehmigung. „Und danach schiebt man den Container einfach einen halben Meter weiter.“

Bereits seit April verkaufen die Cervenys in der Natur-Erlebniswelt Stecklinge und Samen. Sie berufen sich dabei auf eine Argumentation des Anwalts Kai-Friedrich Niermann: Die Gewächse seien dem Gesetz zufolge explizit noch keine Cannabis-Pflanzen. Solange nichts blühe, handele es sich um Vermehrungsmaterial, dessen Verkauf nicht verboten sei. Im Gegenteil: „Im Gesetz steht, dass man es im EU-Ausland kaufen darf“, sagt Cerveny. Würde man deutschen Unternehmern den Handel untersagen, wäre das aus seiner Sicht eine unrechtmäßige Diskriminierung.

Bisher bewegt sich Cerveny in einer Grauzone

Die Behörden wissen offenbar selbst nicht, wie sie mit dem Gesetz umgehen sollen. Ende Mai besuchten Drogenfahnder die Natur-Erlebniswelt in Aschheim und wollten Stecklinge beschlagnahmen. Laut Cerveny ließen sie die Sache aber auf sich beruhen, nachdem sein Anwalt Rücksprache mit der Staatsanwaltschaft München gehalten hatte.

Rigoroser gingen hingegen Beamte in Erding vor, wo Cerveny kürzlich auf einem Festival Stecklinge verkaufte. Polizisten schnitten alle 56 Stück mit einer Zange ab, ein Gespräch mit der zuständigen Staatsanwaltschaft Landshut wurde ihm verwehrt. Deren Sprecher Stefan Mayridl räumte allerdings kurz darauf ein, dass man sich selbst nicht sicher sei, ob oder in welchem Umfang ein strafbarer Gesetzesverstoß vorliege.

All diese Vorgänge sind für Cerveny ein Zeichen für die Schikane, mit der die bayerische Staatsregierung den Vereinen seiner Ansicht nach Steine in den Weg legen will. Viele seiner Mitglieder seien Schmerzpatienten, die sehnlich auf Cannabis zur Linderung warteten. „Die Hinhaltetaktik ist fast schon Körperverletzung“, sagt er.

Cerveny ist überzeugt davon, dass durch die Flexibilität der Container die Genehmigung für viele Klubs leichter wird. Er selbst will, sobald er die Lizenz hat, weitere Container aufstellen – jeweils einen für die Wachstums- und Blütephase, zum Trocknen sowie für die Ausgabe an die Klubmitglieder.

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