Architektonische Vision:Bahnchef zeigt sich offen für Stelzenbau

In Haar wächst die Hoffnung, dass die Bushaltestellen am Bahnhof auf den Parkplatz verlegt und darüber Geschäfte angesiedelt werden können. Bis August soll eine Lösung gefunden werden

Von Bernhard Lohr, Haar

Ein Schreiben des höchsten Vertreters der Deutschen Bahn in Bayern nährt in Haar die Hoffnung, dass das ehrgeizige Busbahnhof-Projekt im Zentrum umgesetzt werden kann. Der Konzernbevollmächtigte Klaus-Dieter Josel hat Bereitschaft signalisiert, das in der Gemeinde als "Drei-Sterne-Projekt" diskutierte Vorhaben zu unterstützen. Dieses sieht auf dem Parkplatz auf der Südseite des Bahnhofs ein dreigeschossiges Geschäftshaus auf Stelzen vor mit einem Busbahnhof im Erdgeschoss und einer Tiefgarage.

Solche Ideen landen nur allzu oft in der Ablage, auf der geschrieben steht: tolle Vision, aber nicht umsetzbar. Doch in Haar stellte sich der gesamte Gemeinderat geschlossen hinter den von der SPD gestellten Antrag, die Gelegenheit für einen großen Aufschlag am Bahnhof zu nutzen, wenn der Busbahnhof ohnehin ausgebaut wird. Vor allem scheint aber auch gewirkt zu haben, dass der politisch erfahrene und gut vernetzte ehemalige Landtagsabgeordnete und jetzige Gemeinderat Peter Paul Gantzer (SPD) von Anfang an dafür plädierte, das Projekt strategisch anzugehen und gleich die Spitzen in Politik und Bahnkonzern anzusprechen. Auf sein Schreiben an Josel jedenfalls folgte zügig die handschriftlich mit persönlichen Glückwünschen zum neuen Jahr versehene Antwort, in der der Bahnchef erklärt: "Einer weiteren Entwicklung des Bereiches, wie von Ihnen skizziert, stehen wir als Unternehmen jederzeit offen gegenüber."

Zentraler Omnibusbahnhof in München, 2017

Unten Busse, oben Geschäfte und Büros: Das gibt es schon, so etwa am Zentralen Omnibusbahnhof in München. Natürlich hätte das Haarer Projekt nicht diese Dimension und wäre nur für Linienbusse gedacht.

(Foto: Florian Peljak)

Die dieser Art ausgestreckte Hand wollen die Haarer jetzt auch ergreifen. So kündigte Gantzer am Dienstagabend im Bauausschuss des Gemeinderats an, sich gleich hinzusetzen, um Josel anzuschreiben und um einen Termin für eine Besprechung zu bitten. Am besten, so fand er, sollten dann gleich die Bundestagsabgeordneten von SPD und CSU dazukommen. Der Ausschuss beschloss einstimmig, das Projekt weiterzuverfolgen. Allerdings setzte man sich auf Anregung der Grünen eine Frist bis zum 31. August. Sollte es bis dahin keine greifbaren Erfolge bei den Gesprächen mit der Bahn geben, werde man die Planungen für den Busbahnhof anderweitig weiterführen. Denn der werde gebraucht.

Weniger Wert legt man in Haar dagegen auf einen neuen Kiosk, wie ihn ein Vertreter der Deutschen Bahn kürzlich vorgestellt hat und den diese nach einem Standardmodell gerne unter Beteiligung der Gemeinde errichten würde. 100 000 Euro soll die Gemeinde dazu beitragen, um den maroden, kleinen Kiosk zu ersetzen und auch einen Raum zu schaffen, in dem man auf den Zug warten kann. Doch eine Mehrheit aus SPD und Grünen lehnte es im Bauausschuss ab, das Projekt selbst dann aufzugreifen, wenn der große Drei-Sterne-Bau nicht kommt. Katharina Dworzak (SPD) nannte den Standardkiosk "unter unserem Niveau", zumal sich an der alles andere als befriedigenden Situation mit der Toilettenanlage daneben nichts ändern solle. Da wäre es besser, den Platz freizuräumen und Fahrradständer aufzustellen. Ulrich Leiner von den Grünen sagte, ihm erschließe sich die Notwendigkeit eines Kiosks nicht. Seine Fraktionskollegin Ulrike Olbrich ergänzte, der Aufenthaltsraum im Kiosk bringe nichts, weil der Weg zum Bahnsteig zu weit sei. Keiner könne gerade angesichts der oft außerhalb des Fahrplans verkehrenden Züge dort warten, wenn er den nächsten Zug erwischen wolle.

Architektonische Vision: Ein Schreiben des SPD-Gemeinderats und ehemaligen Abgeordneten Peter Paul Gantzer an den obersten Vertreter der Bahn in Bayern hat offenbar die erhoffte Wirkung gezeigt.

Ein Schreiben des SPD-Gemeinderats und ehemaligen Abgeordneten Peter Paul Gantzer an den obersten Vertreter der Bahn in Bayern hat offenbar die erhoffte Wirkung gezeigt.

(Foto: Claus Schunk)

Da nutzte es auch nichts, dass Bürgermeister Andreas Bukowski (CSU) für den Kiosk warb, damit man nicht am Ende ohne irgendeine Verbesserung am Bahnhof dastehe. Dietrich Keymer (CSU) warnte vor Nörgeleien, die die Atmosphäre zwischen Gemeinde und Bahn belasten könnten. Und Peter Siemsen (FDP) wollte den Kioskbau gar als "ersten Aufschlag" sehen, um dann gemeinsam mit der Bahn im Anschluss das größere Projekt umzusetzen. Nun soll es beim Drei-Sterne-Vorhaben bleiben. Das unterstützten im vorberatenden Bauausschuss alle.

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