Arbeiterwohlfahrt:1300 Menschen von Obdachlosigkeit bedroht

Arbeiterwohlfahrt: Bannerträger der sozialen Gerechtigkeit und karitativen Arbeit: die beiden Awo-Vorstände Michael Germayer und Annette Walz sowie Präsident Max Wagmann (von links).

Bannerträger der sozialen Gerechtigkeit und karitativen Arbeit: die beiden Awo-Vorstände Michael Germayer und Annette Walz sowie Präsident Max Wagmann (von links).

(Foto: Robert Haas)

Not und Armut im Landkreis nehmen zu. Die Arbeiterwohlfahrt München-Land reagiert darauf mit der Bestellung von zwei hauptberuflichen Vorständen

Von Sabine Wejsada, Landkreis

Mehr als 500 Mitarbeiter, ein Jahresumsatz von 20 Millionen Euro, 70 Einrichtungen wie zum Beispiel Kitas, Jugendsozialarbeit an Schulen, Wohnungsnotfallhilfe, Sozialkaufhäuser und Seniorentreff im Landkreis und stetig wachsende Aufgaben im sozialen Bereich - um all das kümmern sich bei der Arbeiterwohlfahrt (Awo) München-Land seit hundert Tagen zwei hauptberufliche Vorstände: Annette Walz (45) und Michael Germayer (53) haben ihre Ämter im November übernommen. Jetzt zogen sie eine erste Bilanz.

Angesichts der finanziellen Ausstattung und der Vielzahl an Beschäftigten hat der Wohlfahrtsverband im Kreis München seine Struktur verändert. Vom Vereins- in ein Präsidiumsmodell, dem Max Wagmann, der langjährige ehrenamtliche Chef des 950 Mitglieder zählenden Kreisverbandes, vorsteht und zusammen mit seinen vier Kollegen die Aufsicht über die Neuen hat.

"Es lässt sich gut an", sagt Wagmann nicht ohne Stolz. Und das muss es auch angesichts der vielfältigen Arbeitsgebiete, die der Wohlfahrtsverband im Landkreis hat: Sozialbetreuung von Flüchtlingen, Jugendsozialarbeit, Schulbegleitung, Wohnbaugenossenschaft und Obdachlosenhilfe. Die Arbeit der Awo wird nicht weniger, sondern mehr - auch in einem prosperierenden Landkreis wie dem Münchner, wo die Mieten unbezahlbar sind und immer mehr Menschen von Armut bedroht sind, wie Michael Germayer sagt.

Dabei gehe es allerdings nicht nur um finanzielle Not, auch um soziale. So habe die Arbeiterwohlfahrt mit ihren unter dem Namen Klawotte firmierenden Sozialkaufhäusern, die es mittlerweile in Kirchheim, Martinsried, Ottobrunn, Unterhaching und Unterschleißheim gibt, nicht nur eine Möglichkeit geschaffen, günstig an Kleidung zu kommen, die Einrichtungen dienten auch als Treffpunkte und Orte des "bürgerschaftlichen Engagements".

Ein wichtiger Bereich ist laut der neuen hauptberuflichen Doppelspitze im Kreisverband die Notfallhilfe bei drohendem oder bereits bestehendem Wohnungsverlust. "Das ist ein Schwerpunkt unserer Arbeit." Seit 2007 besteht die Wohnungsnotfallhilfe als Einrichtung des Awo-Kreisverbandes, wo sich Bürger rund um das Thema Wohnen Rat und Unterstützung holen können. Im Landkreis seien 1300 Menschen bedroht, ihr Zuhause zu verlieren.

Die Arbeiterwohlfahrt plant deshalb, bald eine mobile Obdachlosenhilfe einzurichten, nachdem mehrere Kommunen auf den Verband zugekommen sind. Das Konzept dazu liegt derzeit im Landratsamt und wird geprüft; die Signale sind nach den Worten von Germayer positiv. Vorgesehen ist, dass Betreuer zu den betroffenen Menschen kommen. Diese sind meist in Pensionen in der Stadt München untergebracht, weil es im Landkreis mit Häusern in Höhenkirchen-Siegertsbrunn, Planegg und Gräfelfing nur drei Notquartiere gibt, die bei weitem nicht ausreichen.

In Obermenzing bieten seit Mai 2016 zwei Neubauten 199 Bettplätze für wohnungslose Familien aus München an. In den beiden Häusern leben Familien, die ihre Wohnung verloren haben, aber auch Flüchtlingsfamilien mit einer Bleibeperspektive. Das Belegungsrecht hat die Landeshauptstadt, die Sozialbetreuung teilen sich die Arbeiterwohlfahrtsverbände aus dem Landkreis und der Stadt.

Ein weiterer "Wachstumsbereich" ist nach den Worten von Annette Walz die Schulbegleitung: Mehr als 80 qualifizierte Frauen und Männer helfen Kindern und Jugendlichen bei der Eingliederungen. Nicht alle Kinder fänden sich auf Anhieb im Schulalltag zurecht, heißt es bei der Awo. "Besonders schwierig wird es, wenn körperliche, geistige oder seelische Behinderungen die Integration erschweren." Mit individueller Unterstützung könne Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf ein erfolgreicher Besuch einer Regelschule ermöglicht werden.

Besonders erfreulich sei, so Annette Walz, dass es auf das Angebot eine durchweg positive Resonanz gebe - von den Schulen selbst und von den Eltern betroffener Kinder sowieso.

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