Anti-IAA-Proteste:"Ich hatte den Eindruck, dass unnötig eskaliert wurde"

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Pfeffersprayeinsatz gegen die Demonstranten. Polizei geht in den Sand im Getriebe Block der IAA Demo, nachdem zwei Personen auf einen Baum an der Strecke kletterten. (Foto: imago images/Tim Wagner)

Die Unterhachinger Grünen-Abgeordnete Claudia Köhler übt deutliche Kritik an der Polizei-Strategie während der Demonstrationen.

Interview von Martin Mühlfenzl, Unterhaching

Claudia Köhler, Landtagsabgeordnete der Grünen, war als parlamentarische Beobachterin bei den Protesten gegen die Internationale Automobil-Ausstellung (IAA) in München dabei. Laut eigenen Angaben musste sie dabei beobachten, wie von Einsatzkräften der Polizei Schlagstöcke und Pfefferspray gegen Demonstrierende eingesetzt wurden. Köhler fordert nun eine Aufarbeitung der Geschehnisse, stellt sich im Gespräch mit der SZ aber auch vor die Polizei.

SZ: Wie sind sie selbst zur IAA gekommen, mit dem Auto oder dem Rad?

Claudia Köhler: Am Freitag mit der S-Bahn und der U-Bahn, am Samstag mit dem Fahrrad. Das sind in einer Stadt einfach die besten Fortbewegungsmittel.

Im Landkreis haben Sie an einer Sternfahrt von Fahrradfahrern teilgenommen. Da lief noch alles friedlich ab, oder?

Da war die Stimmung wirklich super gut und die Demonstrationen waren ja insgesamt alle friedlich. Wir sind in Unterhaching mit ungefähr 70 Teilnehmenden gestartet, haben dann die Gruppe aus Holzkirchen in Empfang genommen und sind weiter nach Ottobrunn und Perlach. Das war eine tolle Strecke, und es war vom ADFC und der Polizei auch alles top vorbereitet und organisiert.

Landtagsabgeordnete Claudia Köhler war als parlamentarische Beobachterin bei den Protesten. (Foto: Claus Schunk)

Wie haben Sie dann von der Eskalation in der Landeshauptstadt erfahren?

Ich wurde in meiner Funktion als parlamentarische Beobachterin in die Luisenstraße gerufen, weil dort die Polizei offenbar einen Kessel gebildet hatte, die waren in Dreierreihen aufmarschiert. Auslöser war, dass zwei Demonstrierende ein Banner zwischen zwei Bäumen aufhängen wollten. Dabei wurden dann Pfefferspray und Schlagstöcke eingesetzt - auch gegen erkennbare Journalisten. Das darf nicht sein.

Haben Sie das Gefühl, dass hier bewusst eine Eskalation durch die Einsatzkräfte herbeigeführt wurde?

Ich hatte schon den Eindruck, dass in dieser Situation unnötig eskaliert wurde und dass die Staatsregierung bereits am Freitag früh beim Verlassen des Camps ein Zeichen setzen wollte. Wenn dem so ist, dann wäre das absolut nicht hinnehmbar, das missbraucht unsere Polizeikräfte und diskreditiert die an sich gute Polizeiarbeit. Unser Ziel ist es jetzt, dass dieser Einsatz parlamentarisch aufgearbeitet wird, wir haben als Fraktion im Landtag auch schon am Wochenende entsprechende Anfragen gestellt. Wir wollen wissen, was die Staatsregierung und die Einsatzleitung mit der Eskalation und dem Festsetzen einiger Personen, darunter ebenfalls Presse, bezwecken wollten.

Halten Sie die IAA noch für zeitgemäß?

Die IAA hat natürlich ihre Berechtigung. Ich habe auch viel Positives gesehen und gelesen, viele Elektroautos, allerdings auch sehr große. Damit lassen sich aber sicher nicht aller Verkehrsprobleme lösen. Ich würde mir wünschen, dass bei so einer Schau noch mehr alternative Mobilitätsformen vorgestellt werden, dass noch kreativere und innovativere Lösungen im öffentlichen Raum vorgestellt und diskutiert werden. Das bietet ja auch Chancen, auch wirtschaftliche. Unser gemeinsames Ziel muss doch sein, dass wir als Land Innovationstreiber werden und bleiben, sonst passiert etwas, dass wir alle nicht wollen: dass sich Technologien und Innovationen verlagern und uns andere Länder, andere Kontinente überholen.

Was wünschen Sie sich in punkto Verkehrswende für den Landkreis München?

Im Landkreis wünsche ich mir deutlich mehr Raum für das Fahrrad und den Fußverkehr, da muss noch einiges geschehen und vorangetrieben werden. Auch der öffentliche Personennahverkehr muss deutlich ausgebaut und verbessert werden.

© SZ vom 15.09.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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