Angst vor Lärmbelästigung:Stopp-Signal nach dem Gewitter

Anwohner aus Waldperlach und Neubiberg protestieren vehement gegen den geplanten U-Bahn-Betriebshof

Von Hubert Grundner, Neubiberg/München

Blitze, Donnerschläge und ein heftiger Regenguss unmittelbar vor der Sitzung des Münchner Bezirksausschusses (BA) 16 Ramersdorf-Perlach - das hat zur Einstimmung schon mal bestens gepasst. Denn was sich wenig später am Donnerstagabend im Truderinger Kulturzentrum zutrug, das zeigte ebenfalls Ähnlichkeit mit einem sich entladenden Gewitter. Verantwortlich für den mittleren Aufruhr, den das Vorhaben im Osten der Stadt ausgelöst hat, sind die Stadtwerke München (SWM) respektive die Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) mit ihren Plänen für einen zweiten U-Bahn-Betriebshof zwischen Arnold-Sommerfeld-Straße, Lise-Meitner-Weg und der südöstlich gelegenen Kleingartenanlage. Einer breiteren Öffentlichkeit stellte die MVG die Pläne am 12. Mai bei einer virtuellen Infoveranstaltung vor.

Angst vor Lärmbelästigung: Wartungsstation: Niemand bezweifelt die Notwendigkeit des U-Bahn-Betriebshofes, Sorgen machen sich die Anwohner aber wegen des Lärms. Visualisierung: swm/mvg

Wartungsstation: Niemand bezweifelt die Notwendigkeit des U-Bahn-Betriebshofes, Sorgen machen sich die Anwohner aber wegen des Lärms. Visualisierung: swm/mvg

Auf diese Veranstaltung bezog sich auch der BA-Vorsitzende Thomas Kauer (CSU): Einerseits lobte er das Bemühen der MVG um Aufklärung, andererseits fand er dann doch einiges "überraschend", was er bei der Präsentation zu hören bekam - insbesondere zu einem sogenannten Abnahme- und Bremstestgleis. Gemeint war damit insbesondere dessen Länge, Lage und Lärmbelastung.

Das ist im Kern auch die Hauptsorge, welche die Menschen in den umliegenden Wohnquartieren umtreibt. Praktisch alle Bürgeranträge zum U-Bahn-Betriebshof beschäftigen sich im Wesentlichen damit. Dies bestätigte auch Wolfgang Thalmeir (CSU) als Vorsitzender des Unterausschusses Bauvorhaben, Stadtplanung und Stadtteilentwicklung, des Gremiums also, das die Anträge vorberaten hat. Laut Thalmeir werden insbesondere das Bremstestgleis, der dort geplante 24-Stunden-Betrieb und die hierfür vorgesehenen Lärmschutzmaßnahmen beanstandet. Von den Bürgern gefordert werde eine komplette Einhausung der Anlage sowie eine unterirdische Führung der Teststrecke.

Sorge vor Lärm rund um die Uhr

Bremslärm rund um die Uhr - das wollen auch die Anwohner des geplanten U-Bahnbetriebshofs Süd auf Neubiberger Seite nicht hinnehmen. Die Bürgerinitiative "Saubere Luft für Neubiberg und Waldperlach" kündigt daher Widerstand gegen die Pläne der Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) und der Stadtwerke München an. "Gemeinsam mit dem Vorstand der Siedler- und Eigentümervereinigung Waldperlach-Neubiberg haben wir daher beschlossen, dem aktuellen Plan des Betriebshofs Süd entgegenzutreten", sagt Oliver Hellmund, Sprecher der Initiative. Das Bündnis fordert "schnellstmögliche Nachbesserung" und will seinen Widerstand vor der Sitzung des Münchner Stadtrats am 16. Juni mit Aktionen unterstreichen.

Die größten Bedenken bereitet den Anwohnern das Abnahmegleis, auf dem die Bremsen der U-Bahnzüge getestet werden. In einer Online-Veranstaltung der MVG zu den Plänen vor kurzem kristallisierte sich heraus, dass laut einem Schallgutachten auch nachts zwischen 22 und 6 Uhr maximal 120 Bremsversuche erlaubt sein sollen. Es war die Rede von Bremstests an sieben Tagen 24 Stunden. Diese Pläne missfallen den Anwohnern deutlich. Auch dass es eine 900 Meter lange Bremsteststrecke neben den Schienen der S 7, unmittelbar endend an der Stadtgrenze hin zum Umweltgarten und einem Kindergarten in Neubiberg, geben solle, kritisiert Hellmund. Den geplanten Schallschutz bezeichnet er als mangelhaft. So solle eine acht Meter hohe nicht begrünte hochabsorbierende Schallschutzmauer auf einer Länge von 140 Metern errichtet werden, aber "keinerlei sonstige Schallschutzmaßnahmen". Auch die Mitglieder der Initiative nutzen die U-Bahn, sie sehen auch die Notwendigkeit eines Betriebshofs ein, wie Hellmund sagt. "Aber einen solchen Plan lehnt unsere Initiative entschieden ab." Das Bündnis will jedoch nicht einfach ablehnen, sondern ist sehr wohl kooperativ: "Wir würden es begrüßen, mit den Planern über für alle sinnvolle Änderungsmaßnahmen zu sprechen. dabo

Einhelliges Fazit im Unterausschuss: "Die Anfragen, Anregungen, Einsprüche und Bedenken der Bürger sind in jedem Fall sehr ernst zu nehmen und müssen im Detail geprüft und beantwortet werden." Dieser Empfehlung entsprach letztlich der gesamte Bezirksausschuss: Er leitet deren Anträge an die Stadtwerke weiter mit der Bitte, zu den einzelnen Punkten detailliert Stellung zu nehmen. Dabei solle nochmals ausführlich erklärt werden, welche Immissionen vom gesamten Betriebshof und welche vom Abnahme- und Bremstestgleis zu erwarten sind.

Ferner fordern die Lokalpolitiker "eine offene, transparente und verständliche Darstellung", welche Grenzwerte nach den geltenden Richtlinien einzuhalten sind und wie dies gewährleistet werden kann. Auf Vorschlag von Beatrix Katzinger (Grüne) soll die MVG auch Auskunft geben, mit welchem Lärm zu rechnen ist, wenn die U-Bahn-Züge von der jetzigen Endstation Neuperlach Süd weiter zum künftigen Betriebshof fahren.

Die Anträge will Thomas Kauer nun umgehend an die Stadt weiterleiten, denn es pressiert einigermaßen: Ihm zufolge befassen sich die Mitglieder des Planungsausschusses bereits am Mittwoch, 16. Juni, mit der für das Projekt notwendigen Änderung des Flächennutzungsplanes. In der Post vom BA werden die Stadträte dann auch eine Liste mit mehr als 700 Unterschriften von Unterstützern vorfinden, die sich gegen den U-Bahn-Betriebshof in seiner bislang bekannten Planung aussprechen. Gesammelt wurden diese von Bewohnern aus dem östlichen Waldperlach sowie der Bürgerinitiative "Saubere Luft für Neubiberg und Waldperlach". BI-Sprecher Oliver Hellmund bedankte sich für den Beistand aus dem BA. Er wie auch Wolfgang Dowie fordern von der MVG erhebliche Änderungen an der Planung des U-Bahn-Betriebshofs und wollen daran mitwirken. Das bisherige Prozedere wollen sie jedenfalls nicht hinnehmen, oder wie Dowie sagte: "So geht es nicht, so darf es nicht sein."

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