Angermaier-Rücktritt:Plötzlich Chef im Rathaus

Baierbrunn, Rathaus, Gemeinderatssitzung,

Wolfgang Jirschik muss seine Lebensplanung umstellen. Für die nächsten drei Monate führt er die Geschäfte im Baierbrunner Rathaus.

(Foto: Angelika Bardehle)

Zweiter Bürgermeister Wolfgang Jirschik übernimmt nach Angermaiers Entlassung die Amtsgeschäfte in Baierbrunn.

Von Iris Hilberth, Baierbrunn

Die aktuelle Jahreszahl hängt schwungvoll drapiert schräg hinter dem Platz der Bürgermeisterin. Drei große vierblättrige Kleeblätter schmücken die ausgeschnittenen Ziffern an der Wand des Sitzungssaals im Baierbrunner Rathaus. Doch das Jahr 2017 hat Barbara Angermaier kein Glück gebracht. Jetzt ist sie weg, den Gemeinderat hat sie einfach sitzen gelassen. Anmerken lassen sich die Mitglieder des Gremiums in ihrer ersten Sitzung nach Angermaiers überstürztem Abgang am Dienstagabend aber nichts. Keine Empörung, kein Entsetzen. Auch keine Erleichterung. Der Antrag auf Entlassung wird einstimmig angenommen, der Zweite Bürgermeister Wolfgang Jirschik von der Überparteilichen Wählergruppe Baierbrunn (ÜWG) referiert kurz, wie es nun formal im Rathaus weitergeht. Dann wird die vorliegende Tagesordnung abgearbeitet, von der Abfallgebührenkalkulation bis zur Satzung für die Hundesteuer.

Klar ist seit diesem Abend allerdings: Jetzt geht alles ganz schnell. Die parteifreie Bürgermeisterin Angermaier scheidet noch in dieser Woche offiziell aus dem Amt aus. In ihrem Antrag an den Gemeinderat hatte die Parteifreie am Montag um eine Entlassung aus dem Ehrenamt zum 30. November 2017 gebeten. "Der Gemeinderat hat keinen Spielraum", sagt der Zweite Bürgermeister und bittet um Zustimmung. Von Freitag an wird er offiziell die Geschäfte für die kommenden drei Monate bis zu den Neuwahlen führen. Begonnen mit der Arbeit hat er bereits. "Die Gemeinderatssitzung musste vorbereitet werden, und am Donnerstag ist auch noch die Bürgerversammlung", sagt er.

Die Neuwahl findet Ende Februar oder Anfang März statt

Die Neuwahlen werden laut Jirschik voraussichtlich am 25. Februar, eventuell am 4. März 2018 stattfinden. Ob dann wie bisher ein ehrenamtlicher Bürgermeister die Geschicke Baierbrunns leiten wird oder die 3300-Einwohner-Gemeinde als letzte Kommune im Landkreis München auf einen hauptamtlichen Rathauschef wechselt, wird der Gemeinderat in einer öffentlichen Sondersitzung am kommenden Dienstag, 5. Dezember, 19 Uhr, entscheiden. Dass man sich aber zweieinhalb Jahre vor der Kommunalwahl, bei der 2020 auch der Gemeinderat gewählt wird, zu einer Änderung durchringt, hält Jirschik für unwahrscheinlich. Er vermutet, das würde allein am Mangel an Kandidaten scheitern. Ein ehrenamtlicher Bürgermeister könnte Ende Februar bis zum Jahr 2020 gewählt werden, ein hauptamtlicher wäre sechs Jahre im Amt.

Barbara Angermaier war erwartungsgemäß nicht zu der Sitzung erschienen, zu der sie noch eine Woche zuvor selbst eingeladen hatte. Auch Jirschik hat sie nach ihrer schriftlichen Erklärung am Montag nicht mehr erreicht. Ihren Antrag an den Gemeinderat begründete sie damit, dass sie sich "außer Stande" sehe, "das Amt der Bürgermeisterin mit gebotener Verantwortung gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern auszuüben". In ihrer Erklärung führte sie "massive persönliche Angriffe" und eine "daraus resultierende Belastung" an.

"Das Rücktrittsersuchen schlug ein wie ein Blitz aus heiterem Himmel."

Aber dazu will am Dienstagabend keiner im Rathaussaal Stellung nehmen. Nur der Zweite Bürgermeister schließt den Tagesordnungspunkt mit ein paar persönlichen Bemerkungen ab: "Das Rücktrittsersuchen schlug ein wie ein Blitz aus heiterem Himmel", sagt er. Angermaier habe bei ihrem Amtsantritt 2014 hohe Erwartungen gehabt und hohe Ansprüche auch an sich selbst gestellt. Jirschik erinnert an einige Erfolge in ihrer Amtszeit, wie das Einheimischenmodell sowie die Erweiterung der Grundschule und der Mittagsbetreuung. Und er bittet Gemeinderat, Verwaltung und Bürger für die kommenden drei Monate um Unterstützung und Nachsicht. Immerhin: Noch am Wochenende sah seine Lebensplanung ganz anders aus. Seit Dienstag sitzt er bereits auf dem Chefsessel im Rathaus - und wird mindestens bis zum Frühjahr dort ehrenamtlich arbeiten. "Das geht schon, ich bin ja bereits im Ruhestand", sagt er.

Angermaiers Fraktion hat zum Rücktritt eine schriftliche Erklärung verfasst. Darin heißt es, die Baierbrunner Interessengemeinschaft ziehe eine positive Bilanz der Amtszeit, auch wenn die Fraktion von diesem Schritt überrascht worden sei. Angermaier habe das Amt als ehrenamtliche Bürgermeisterin in einer schwierigen Zeit übernommen, denn ihr Vorgänger sei mehrfach monatelang krankgeschrieben gewesen. Dadurch hätten bei ihrem Amtsantritt eine Vielzahl unbearbeiteter Probleme auf Angermaier gewartet. Sie habe großes Engagement gezeigt, welches eine "ehrenamtliche" Tätigkeit weit übersteige.

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