SZenario:Der alte und der neue Wirt vom Alten Wirt

SZenario: Stabwechsel beim Alten Wirt in Grünwald: Ulrich Portenlänger übergibt seinem Sohn Jakob den Zapfhahn.

Stabwechsel beim Alten Wirt in Grünwald: Ulrich Portenlänger übergibt seinem Sohn Jakob den Zapfhahn.

(Foto: Claus Schunk)

Grünwald feiert die Stabübergabe mit einer großen Freiluftparty und bereitet sich nicht nur seelisch auf das Oktoberfest vor.

Von Franz Kotteder

Damals, als alles anfing, meinten viele, jetzt sei er komplett durchgedreht, der Portenlänger. Bio, das war damals was für Ökos, die selbstgestrickte Norwegerpullis trugen, und "Müslifresser", wie man sie abfällig nannte. Aber doch nichts für ein bayerisches Gasthaus wie den Alten Wirt am Grünwalder Marktplatz! Aber Ulrich Portenlänger, dessen Familie das Wirtshaus seit 1919 betrieb, blieb stur. Nach und nach stellte er das Lokal um auf ein Bio-Restaurant mit lauter biologisch erzeugten Lebensmitteln, und aus den Fremdenzimmern wurde ein Bio-Hotel nach allen baubiologischen Kriterien.

Inzwischen lästert längst keiner mehr, und nun ist bereits die nächste Generation am Start. Das wird an diesem Abend groß gefeiert, Ulrich Portenlänger übergibt den Stab an seinen Sohn Jakob. Der 32-Jährige ist heute schon jeder Zoll ein Wirt, war auf der Hotelfachschule, hat Koch gelernt und mit dem Xaver's in der Münchner Rumfordstraße seit 2018 mit seinen Geschwistern Theresa und Xaver auch schon ein Wirtshaus geführt. Nun also ist er der Chef im Alten Wirt.

Uli Portenlänger, der alte Wirt vom Alten Wirt, bedankt sich in seiner Rede vor allen bei seinen Mitarbeitern. "Ohne euch wäre gar nix gegangen", sagt er und fügt hinzu: "Aber ohne die vielen Gäste erst recht nicht", das habe man in den vergangenen zwei Jahren schmerzhaft feststellen müssen. Der Sohn bedankt sich wiederum beim Vater: "Papa, du hinterlässt ganz schön große Fußstapfen." Da passt der Nachfolger gut hinein, findet Werner Mayer vom Vorstand der Augustiner-Brauerei, denn er habe ja schon mit dem Xaver's gezeigt, was er drauf habe.

Um die 250 Gäste applaudieren, unter ihnen auch Bernhard Klier, bis vor einem Jahr noch eine Art Kollege von Mayer, denn da war Klier noch Vorstand von Spaten und Löwenbräu. Der amerikanische Mutterkonzern AB-Inbev setzte ihn dann abrupt vor die Tür, wegen Compliance-Fragen, hieß es nebulös. Der Arbeitsgerichtsprozess geht bald in die letzte Runde. Klier macht einen aufgeräumten Eindruck und meint: "Jetzt kann ich's ja sagen: Auch Augustiner braut ein gutes Bier!", und außerdem sei jetzt endlich auch einmal ein längerer Urlaub drin als nur zwei Wochen, so wie früher.

Das Grundnahrungsmittel des Abends ist neben Schweinswürstln, Kasspatzen und Steckerlfisch selbstverständlich Bier. Neben Stammgästen, Kommunalpolitikern und Freunden ist auch der Burschenverein "Einigkeit" gut vertreten, dem Jakob mal vorsaß. Er dürfte, wenn wir das richtig mitgehört haben, einer der wenigen Burschenvereine im Oberland sein, in dem sehr viel Hochdeutsch gesprochen wird. Eine Grünwalder Besonderheit?

Nicht so außergewöhnlich hingegen ist, dass sich im Laufe des Abends eine deutliche Wiesn-Sehnsucht manifestiert. Das fällt nicht nur der Schauspielerin und Kabarettistin Amelie Diana Magdeburg auf, die auf dem Oktoberfest immer ihre Benefizaktion "Prostspenden" für die Münchner Tafel durchzieht. Die Blaskapelle Deining mutiert jedenfalls im Laufe des Abends zur perfekten Wiesnband, die "Sweet Caroline" ebenso gut drauf hat wie "Cordula Grün". Da fragt man sich doch unwillkürlich, ob zum Xaver's und zum Alten Wirt nicht irgendwann noch mal ein kleines Wiesnzelt passen würde?

Zur SZ-Startseite

SZ PlusStreit um Steueroasen
:"Das Schmarotzertum muss beendet werden"

Die Kritik aus München an den niedrigen Gewerbesteuersätzen in Orten wie Grünwald wird schärfer. Die Gemeinden im Umland wollen aber nicht nachgeben. Nun soll der Bund die Steueroasen trockenlegen, fordert die SPD.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: