Aktion "Stadtradeln":Sportliche Wadlbeißer

Munich Mash im Olympiapark in München, 2015

Rund 80 Prozent der Menschen besitzen ein Fahrrad, nutzen es aber nur für etwa zehn Prozent der Wege. Das soll sich zumindest während der Aktion ändern.

(Foto: Florian Peljak)

Am 25. Juni beginnt die Aktion "Stadtradeln", bei der die umweltfreundliche Fortbewegung im Vordergrund steht. Die Teilnehmer im Landkreis München waren 2015 mit die erfolgreichsten in ganz Bayern

Von Bastian Hosan, Landkreis

20 Mal um den Äquator, jedenfalls fast. In nur drei Wochen. Auf dem Fahrrad. Das war das Ergebnis der Aktion "Stadtradeln" für den Landkreis München im Jahr 2015, für die sich damals 22 Städte und Gemeinden und mit ihnen 4052 Teilnehmer angemeldet hatten. Die Radler aus dem Landkreis München legten bei der Aktion im Vorjahr 793 402 Kilometer zurück und fuhren damit den meisten anderen bayerischen Landkreisen davon.

Wären sie diese Strecke mit dem Auto gefahren, hätten sie 114 250 Kilogramm CO₂ in die Atmosphäre geblasen. Also: CO₂ gespart, sich selbst etliche Kalorien von den Rippen gestrampelt. Ein gutes Ergebnis für drei Wochen radeln. Vom 25. Juni bis zum 15. Juli werden auch in diesem Jahr die Teams wieder versuchen, möglichst viele Kilometer zu sammeln.

"Stadtradeln", eigentlich sagt der Name schon worum es geht. Gemeinden melden sich bei der Aktion an, versuchen möglichst viele Einwohner dazu zu bringen, auf das Auto zu verzichten und stattdessen auf das Rad umzusteigen. In drei Wochen sollen die dann möglichst viele Kilometer fahren. Auch wenn es vordergründig darum geht, Kilometer zu sammeln, viel Rad zu fahren; "Stadtradeln" hat eigentlich andere Ziele: Die Umwelt zu schützen und den Fahrradverkehr zu stärken.

Es braucht mehr Infrastruktur

Laut dem Fahrrad-Monitor 2011 besitzen 78 Prozent der Deutschen ein Fahrrad. Nur zehn Prozent aller Wege legen die Deutschen aber mit diesen Rädern zurück. Zu wenig, findet das Klima-Bündnis. Seit 2008 versucht es daher, möglichst viele Leute auf den Sattel zu bringen. Es soll eine kritische Masse geschaffen werden, Fahrräder sollen an Bedeutung gewinnen. Mehr Radler im Verkehr bedeutet, dass mehr Infrastruktur gebraucht wird. Deshalb sollen auch möglichst viele Mitglieder der kommunalen Parlamente und Gremien mitmachen. Sie fahren Rad, sehen die Probleme für Radfahrer und beseitigen sie. So die Rechnung des Klima-Bündnisses.

André Muno, der Projektleiter von "Stadtradeln", spricht von einem "Blumenstrauß von Gründen", die für das Fahrradfahren sprechen. Seit das Klima-Bündnis vor 26 Jahren gegründet wurde, kämpft es einen Kampf gegen Windmühlen für niedrigere CO₂-Emissionen. Denn mit jedem SUV mehr auf der Straße steigen die Abgaswerte an. Deshalb das Plädoyer fürs Rad: Weniger Lärm, schnellere Parkplatzsuche, höhere Lebensqualität. "Eine Gesellschaft, die fast nur noch am Schreibtisch sitzt, muss sich mehr bewegen", sagt Muno. Also, aufsatteln, bitte!

Das ist ein Appell, der in Bayern offensichtlich gut ankommt. Gut 150 der 400 heuer angemeldeten Gemeinden liegen im Freistaat, 22 davon im Landkreis München, genauso wie 2015. Dietmar Gruchmann, Garchings Bürgermeister, ruft die Bürger seiner Stadt auf, das Auto stehen zu lassen: "Nehmen Sie doch für Ihre alltäglichen Wege das Fahrrad." Im vergangenen Jahr legten die "Alpenradler" aus Garching allein 22 409 Kilometer zurück. Allerdings, die "Alpenradler" waren auch 94 Leute, von denen ist jeder im Schnitt also 238 Kilometer gefahren. Da waren die "Wadlbeißer" mit 549 Kilometern wesentlich sportlicher.

18 Personen - 5700 Kilometer

Das Fahrrad sei in der Stadt das perfekte Verkehrsmittel, sagt Helga Keller- Zenth, Gemeinderätin der Grünen in Oberschleißheim. Das sei ein Grund, warum sie und ihr Ortsverband auch in diesem Jahr wieder beim "Stadtradeln" mitmachen. Im vergangenen Jahr sind die Grünen Oberschleißheim mit 18 Personen angetreten, die insgesamt 5700 Kilometer gefahren sind.

Natürlich, für die Partei steht eine gewisse Ideologie dahinter, doch sind die Gründe ganz und gar praktischer Natur: "Man kommt in der Stadt mit dem Rad super voran, das wollen wir den Leuten zeigen, sie fürs Radfahren motivieren", sagt Keller Zenth. Und natürlich reize auch der sportliche Ehrgeiz, mehr Kilometer zu fahren als andere Gruppen.

Eine Anmeldefrist gibt es nicht

Wie viele Teams es in diesem Jahr werden, ist weder in Garching noch in Oberschleißheim sicher. Zurzeit läuft die Anmeldung noch. "Wir rechnen mit rund 50 Teilnehmern", sagt Martin Sterflinger vom Umweltamt in Sauerlach. Drei Teams gebe es schon, in der Vergangenheit waren es immer bis zu sieben. 2015 waren es in Sauerlach 32 Radler, die insgesamt 9000 Kilometer gefahren sind und 1,3 Tonnen CO₂ eingespart haben. Mal sehen, wie viele es in diesem Jahr sein werden. Wer bisher noch nicht angemeldet ist, aber gerne mitradeln will: kein Problem! Eine Anmeldefrist gibt es nicht. Bis zum letzten Tag der Aktion am 15. Juli, kann sich jeder der will registrieren.

"Stadtradeln" trifft in jedem Fall einen Nerv. Die Zahlen sprechen dafür. Seit 2008 gibt es die Aktion. Jedes Jahr machten mehr Fahrer mit, fuhren mehr Fahrer mehr Kilometer, sparten mehr CO₂. Neu in diesem Jahr ist, das sogenannte Radar: Fallen einem Fahrer Gefahrenstellen auf, kann er sie im Internet eintragen und mit einer bestimmten Farbe markieren. Diese Aktion gilt mittlerweile auch über die Zeit des Stadtradelns hinaus. Ein roter Pin steht für unbearbeitete Meldungen, ein gelber für solche, die gerade bearbeitet werden, ein grüner für beseitigte Probleme, wie zum Beispiel Wurzeln oder Schlaglöcher. So kann jeder helfen, Radwege und Straßen sicherer zu machen und in seiner Kommune auf Gefahren hinweisen.

Informationen über die Aktion gibt es im Internet unter www.stadtradeln.de

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