Airbus:Ende des Höhenflugs

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Airbus-Chef Tom Enders favorisiert Toulouse, in Ottobrunn werden weiter Stellen abgebaut. (Foto: Claus Schunk)

Seit Jahren baut der Konzern am früheren Standort von MBB in Ottobrunn Personal ab

Von Stefan Galler, Ottobrunn

Einstmals haben allein in Ottobrunn 6000 Ingenieure und Facharbeiter an Raketensystemen für Astrium gearbeitet, die Entwicklung von Tornado, Eurofighter, Ariane, Tiger oder Galileo vorangetrieben. Mittlerweile beschäftigt der Luft- und Raumfahrtkonzern Airbus in ganz Deutschland in diesen Unternehmensbereichen nur noch 5000 Menschen - in Ottobrunn, Ulm und Friedrichshafen. Und der Trend ist weiter rückläufig.

Seit mehr als 75 Jahren wird in Ottobrunn in der Flug- und Rüstungsindustrie gewerkelt, 1940 entstand hier die "Luftfahrt-Forschungsanstalt München", für deren Bau Zwangsarbeiter aus dem Konzentrationslager Dachau eingesetzt wurden. Nach dem Krieg ließ sich dann Luftfahrt-Pionier Ludwig Bölkow an dieser Stelle nieder. Er produzierte Hubschrauber und Flugzeuge, fusionierte 1968 mit der Messerschmitt AG und 1969 mit Blohm und Voss zu Messerschmitt-Bölkow-Blohm (MBB). Ende der Achtzigerjahre ging aus MBB die Deutsche Aerospace (Dasa) hervor, 1998 die Daimler-Chrysler Aerospace, die sich im Jahr 2000 mit französischen und spanischen Unternehmen zu EADS zusammenschloss.

Es lief wie am Schnürchen in dieser Zeit. Nicht zuletzt der Erfolg von Eurocopter, der Hubschrauber-Sparte der Dasa, bewirkte einen sprichwörtlichen Höhenflug des Unternehmens. Doch dann kam die Wirtschafts- und Finanzkrise und mit ihr 2008 ein gewaltiger Auftragsrückgang für die Produktionsstätten in Ottobrunn um rund zwei Drittel. Längst hatte die Firmenleitung damit begonnen, Mitarbeiter zu verlegen. Alleine 2400 Stellen der Entwicklungsabteilung der Militär-Luftfahrt wanderten nach Manching.

Es folgte der Umzug des Eurocopter-Geschäftsbereichs nach Donauwörth und 2014 die Schließung der EADS-Rüstungstochter Cassidian in Unterschleißheim. Etwa 1150 der 1400 dort beschäftigten Mitarbeiter wurden an den Standort Ottobrunn verlagert. EADS heißt mittlerweile Airbus und die bisher eigenständigen Sparten Airbus Military, Astrium und Cassidian wurden in der Folge zur Airbus Defence and Space zusammengefasst. Parallel trieb vor allem die Politik den Plan voran, das Firmengelände zu einem zukunftssicheren Standort umzubauen, denn die Ambitionen des neuen Konzernchefs Tom Enders, das Unternehmen in weiten Teilen nach Frankreich zu verlagern, wurden immer deutlicher.

Und weil die Geschäftsbereiche Rüstung und Raumfahrt im Gegensatz zur zivilen Airbus-Sparte nicht wirklich gut liefen, ging in Deutschland der Stellenabbau los. Zunächst erwischte es Manching, 1000 der dort ansässigen 4200 Jobs fielen dort weg. Und der Plan sieht vor, bis Ende 2016 insgesamt 2600 Stellen in Deutschland zu streichen, 5800 in ganz Europa.

Mittlerweile ist der Ludwig-Bölkow-Campus auf dem Ottobrunner Gelände gestartet, neuerdings gibt es hier einen dualen Studiengang mit dem Titel "Aeronautical Engineering", der eine Ausbildung zum Militärpiloten mit einem ingenieurwissenschaftlichen Studium verknüpft - womit zumindest die Zukunft des Technologiestandortes Ottobrunn gesichert sein sollte. Fragt sich nur, wie viele Menschen hier künftig noch ihren Job haben werden. Zuletzt waren es nur noch 900, ein Großteil der nun angekündigten weiteren bis zu 429 Stellenkürzungen wird ebenfalls hier stattfinden.

© SZ vom 03.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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