Süddeutsche Zeitung

Advent für Anfänger:Die Formel für weiße Weihnachten

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Die Meteorologin Leonie von Terzi forscht über Schnee - und da gibt es noch viele ungeklärte Fragen.

Von Sophia Coper, Garching

Nach den heftigen Schneefällen der vergangenen Tage sieht es ganz danach aus, dass es diesmal weiße Weihnachten geben wird. Normalerweise kann Leonie von Terzi das nicht so leicht vorhersagen: "Meine Freunde löchern mich immer, wann der perfekte Schnee liegen wird, aber es ist unmöglich, länger als zehn Tage in die Zukunft zu schauen", erzählt die promovierte Meteorologin. Terzi forscht an der Ludwig-Maximilian-Universität in München zur Entstehung von Schnee. "Bislang ist das tatsächlich noch nicht genau entschlüsselt", erklärt die 29-Jährige.

"Vereinfacht gesagt, gibt es in jeder Wolke Schmutzpartikel wie Bakterien oder Aerosole. Das ist nicht nur völlig normal, sondern auch Voraussetzung für die Wolke an sich. Bei genügend Luftfeuchtigkeit und entsprechend niedriger Temperatur gefriert der Wasserdampf auf Partikeln mit hexagonaler Form. Wie genau und warum Schnee jedoch entsteht und wächst, haben wir immer noch nicht verstanden", schildert Terzi den Stand der Wissenschaft.

Einer der Hauptgründe für die vielen großen Fragezeichen innerhalb der Grundlagenforschung sei die Schwierigkeit, Wolken richtig zu beobachten. "Mit Flugzeugen kann man zwar hindurchfliegen, aber zum einen gibt es diese Möglichkeit noch nicht lange, zum anderen verfälscht die Herangehensweise die Messungen", sagt Terzi. "Im Gegensatz zur Physik ist es auch wesentlich schwieriger, Hypothesen im Labor zu testen. Unsere Atmosphäre ist so vielschichtig, dass Wolken nicht einfach so künstlich hergestellt werden können."

Spezielle Messtechnik auf dem Dach des Instituts in der Münchner Innenstadt sowie der meteorologische Messturm in Garching unterfüttern die tägliche Arbeit der Forschenden. "Wir kombinieren sehr viele verschiedene Radare und Messinstrumente miteinander, die die unterschiedlichsten Aspekte von Schnee untersuchen", erzählt Terzi, "Neben Lichtsignalen, die in die Wolken gesendet werden, gibt es auch Geräte, die herunterfallende Flocken beobachten und deren Partikel auf Größe und Masse analysieren."

Der Klimawandel hat laut Terzi - nach derzeitigem Kenntnisstand - keinen unmittelbaren Einfluss auf den Forschungsgegenstand der Meteorologin, umgekehrt vielleicht schon. "Wir verstehen noch nicht, wie Schnee mit den Sonnenstrahlen interagiert, die von oben herab auf die Wolken scheinen. Es könnte sein, dass eine vermehrte Anzahl an Schneewolken die Erderwärmung begünstigt, da sie im Vergleich zu dichten Regenwolken mehr Strahlen durchlassen", sagt sie. Das seien aber alles nur Hypothesen, ist ihr wichtig zu betonen: "Es bleibt spannend."

Selbst mehrere Jahre intensive wissenschaftliche Auseinandersetzung haben Terzis Begeisterung für ihr Forschungsgebiet nichts anhaben können. "Ich finde Schnee super faszinierend, allein weil er so viele verschiedene Formen annimmt. Keine Flocke sieht aus wie die andere." Sie hoffe, an den Feiertagen diese auch ohne Messinstrumente betrachten zu können.

In dieser Kolumne erklären bis zum Heiligabend täglich Profis Bräuche und Traditionen der Advents- und Weihnachtszeit.

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