Abitur 2022:Von der Einsamkeit und sozialen Kontakten

Abitur 2022: Nils Kühn hält am Gymnasium Höhenkirchen-Siegertsbrunn dieses Jahr die Abiturrede.

Nils Kühn hält am Gymnasium Höhenkirchen-Siegertsbrunn dieses Jahr die Abiturrede.

(Foto: privat)

Nils Kühn blickt in seiner Abiturrede auf die von Pandemie geprägte Oberstufenzeit zurück - das Wort Corona will er aber möglichst vermeiden.

Von Daniela Bode, Höhenkirchen-Siegertsbrunn

Auch für die 1570 Abiturienten im Landkreis München ist an diesem Freitag ein großer Tag: Im Beisein ihrer Familie und ihrer Freunde werden sie ihr Abiturzeugnis erhalten. Gleichzeitig ist es auch der Tag, an dem die scheidenden Schüler auf ihre Schulzeit zurückblicken. Abiturient Nils Kühn macht das am Gymnasium Höhenkirchen-Siegertsbrunn in seiner Abiturrede. Er verriet der SZ im Vorfeld, worüber er sprechen wird.

Bei der Abiturrede kann man endlich mal ehrlich sein - wen werden Sie sich vorknöpfen?

Ich werde mir keine bestimmte Person herauspicken. In meiner Rede geht es mir darum, dass jeder ein bisschen nachdenken und reflektieren soll. Wenn ich über einen Lehrer sprechen würde, mit dem ich vielleicht einmal einen Konflikt hatte, repräsentiert das ja nicht die ganze Jahrgangsstufe.

Sie wollen zur Selbstreflexion anregen. Worüber werden Sie sprechen?

Es gibt zwei große Punkte, die alle Schüler die vergangenen zwei Jahre durchgemacht haben. Ich spreche über Einsamkeit und soziale Kontakte - haben oder nicht haben.

Ein emotionales Thema.

Zu sozialen Kontakten werde ich auf die vier Monate eingehen, in denen Online-Unterricht war. Da konnte man sich zwar in seiner Freizeit mit Freunden treffen, aber nur in einer begrenzten Zahl. In der Zeit war unser Jahrgangschat sehr aktiv - es gab manchmal 200 bis 300 Nachrichten am Tag. Zur Einsamkeit werde ich darauf eingehen, dass es ein Geschenk ist, dass wir das in so jungen Jahren erleben und für unser Leben lernen konnten, sich alleine, ohne fremde Hilfe etwas beizubringen, und sich auch ruhige Momente zu gewähren. Das ist in unserer Leistungsgesellschaft nicht immer so einfach. In der Rede kommt übrigens nur einmal das Wort Corona vor, weil es für uns junge Leute irgendwann anstrengend wurde, das Wort zu hören. Ich will damit zeigen, dass das Virus zwar eine Rolle gespielt hat, es aber auch noch andere Sachen gibt.

Wussten Sie schon lange, dass Sie die Rede halten würden und hatten Sie sie schnell im Block?

Es war eigentlich nicht geplant, dass ich die Rede halte. Eigentlich wollte die Abiturientin, die auch den Abiball organisiert, sie halten. Da aber viel zu tun war, bat sie darum, ob ihr jemand helfen könne. Ich habe dann angeboten, die Rede zu schreiben und wusste auch recht schnell, worüber. Ich interessiere mich für Psychologie, das will ich auch studieren. Da war das Thema recht schnell klar. Erst wollten wir sie dann gemeinsam vortragen, dann entschieden wir, dass ich sie alleine halten würde. Ich habe in der Schulzeit immer gerne Referate gehalten und vor Leuten gesprochen. Es werden ja 400 Personen da sein.

Mit Lockdowns und Digitalunterricht hatten Sie und Ihre Mitschüler eine vergleichsweise schwere Oberstufenzeit. Sind Sie mit Hilfe der Schule einigermaßen gut durchgekommen?

Als es zum zweiten Mal Online-Unterricht gab, war das für unsere Schule erneut eine Challenge. Jeder hatte ja gehofft, es geht jetzt normal weiter. Es gab also anfangs ein paar technische Probleme. Wir hatten eine Schul-Cloud, in die die Lehrer Unterrichtsaufträge eingestellt haben und in der stand, wann Unterricht ist. Die hat anfangs nicht funktioniert. Auch die Plattform Mebis nicht. Die Schule hat aber recht schnell reagiert, Lehrer haben zum Beispiel eine E-Mail an einen Schüler geschrieben und der hat sie weitergeschickt.

Wie ist die Stimmung bei Ihnen und den anderen Abiturienten jetzt? Sind Sie froh, dass die Schule rum ist, oder blicken Sie sorgenvoll in die Zukunft angesichts von Ukraine-Krieg, Klimakrise und noch immer bestehender Pandemie?

Dass wir das Abi haben, da sind wir froh drum, auch um einmal eine Pause zu haben und zur Ruhe zu kommen. Bei einigen Abiturienten, mit denen ich Kontakt habe, ist es so, dass sie ein bisschen Angst vor dem Ungewissen haben. Wir haben in den zwei Jahren gelernt, dass plötzliche Veränderungen kommen können. Wir wissen auch, dass es wieder zu anderen großen Konflikten kommen kann, durch andere Kriege oder andere Viren. Viele von uns reisen erst einmal durch die Welt, um etwas Neues auszuprobieren.

Was steht bei Ihnen persönlich an?

Ich gehe im November für neun Monate für "Work and Travel" nach Neuseeland, auch um Abstand zu bekommen von dem, was hier ist. Dann machen wir weiter wie zuvor.

Zur SZ-Startseite

SZ PlusAbitur 2022
:"Ich vermisse die Schule jetzt schon"

Nach zwei Jahren ohne Bälle und Abschlussreisen können die Absolventen der Gymnasien im Landkreis München ihren Abschluss wieder gebührend feiern - wenn sie rechtzeitig einen Raum gebucht haben. Und bei aller Freude schwingt bei manchen auch etwas Wehmut mit.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: