Abenteuer Technik:Kinderüberraschung mit Dino-Ei

Der Garchinger Forschungsreaktor gewährt am Türöffner-Tag der "Sendung mit der Maus" Einblicke in seine Arbeit

Von Pauline Deichelmann, Garching

"Je kleiner das Teilchen, desto größer die Maschine", erklärt Wiebke Lohstroh den Kindern. Sie lauschen gespannt der Doktorandin. Gemeinsam mit ihrem Kollegen Christian Herb zeigt sie Kindern an der Technischen Universität in Garching die große Neutronenquelle der Hochschule. Das Interesse ist groß. 170 Buben und Mädchen nutzen die Gelegenheit, am "Türöffner-Tag", den die ARD und die "Sendung mit der Maus" deutschlandweit veranstalten, einen Blick in die Forschungseinrichtung zu werfen. Ein Geschwistertrio ist mit seinen Eltern sogar mehrere Stunden aus dem Allgäu angereist, um mehr über die Produktion von Neutronen und deren Verwendung zu erfahren.

Zunächst bekommen alle Kinder weiße Kittel, sodass sie aussehen wie kleine Forscher. Wiebke Lohstroh und Christoph Herb führen die Gruppe zu dem Reaktorbecken, wo im kristallklaren Wasser ein 1,5 Meter langer Brennstab hängt. Hier erfahren die jungen Besucher, wie durch eine spezielle Uranbeschichtung und das gezielte Beschießen des Brennstabs durch Neutronen eine große Anzahl an neuen Neutronen für die Forschung produziert werden kann. 10¹⁴ Neutronen pro Sekunde stehen den Forschern dadurch zur Verfügung - theoretisch. Denn zurzeit ist der Reaktor nicht in Betrieb, das Heinz-Maier-Leibnitz-Zentrum wartet auf eine neue Lieferung an Brennstäben aus Frankreich. Anfang nächsten Jahres soll der Reaktor wieder hochgefahren werden.

Abenteuer Technik: Die Kinder zeigen sich nach dem Besuch im Reaktorraum beeindruckt von der Technik - und stellen kritische Fragen.

Die Kinder zeigen sich nach dem Besuch im Reaktorraum beeindruckt von der Technik - und stellen kritische Fragen.

(Foto: Stephan Rumpf)

Neutronen, hören die Besucher, sind vielseitig in der Forschung einsetzbar: Ob in der Biologie, Anatomie oder in der Technik - überall dort werden die kleinen Teilchen gebraucht. "Euer Handy würde ohne Neutronen gar nicht funktionieren", erklärt Christoph Herb. Wiebke Lohstroh stellt als Beispiel eine Forschung an mehr als 70 Millionen Jahre alten Dinosauriereiern vor. In den Eiern befanden sich versteinerte Embryos, die noch nicht vollständig entwickelt waren. Sie gehören zur Gattung der Oviraptoren. Dieser Fund sei für die Forschung revolutionär gewesen, denn durch das gezielte Beschießen mit Neutronen konnte in das Innere des Eis geschaut werden, ohne es zu öffnen. Dadurch ließen sich Rückschlüsse über den Aufbau des Knochensystems und die Aufzucht der Dinosaurier ziehen. Außerdem fanden die Wissenschaftler heraus, dass sich die Eier sehr ähneln.

Weiter geht es für die Kinder in die Kommandozentrale des Reaktors. Nur durch eine Schleuse mit dicken Stahlwänden kann sie betreten werden. Innen befinden sich viele Computer und Bildschirme, die den kleinsten Winkel der Anlage überwachen. Allein lässt sich das Gewirr an Zahlen, Linien, Farben und Formen kaum überblicken. "Daher sind hier immer mehrere Leute, die die Anlage gleichzeitig im Auge haben", sagt einer der Mitarbeiter. Ein Kind fragt nach der Anzahl der Fehlermeldungen, die auftreten. Keiner hat darauf eine genaue Antwort. "Viele", sagt schließlich einer der Kontrolleure. Fast im Minutentakt leuchten Lampen auf, die ein Problem melden. "Das war nur die Lüftung", erklärt in dem Moment ein Mitarbeiter.

Abenteuer Technik: "Es war total faszinierend, die Quelle mal zu sehen und zu verstehen, wozu die Neutronen gut sind", sagen die Nachwuchsforscher.

"Es war total faszinierend, die Quelle mal zu sehen und zu verstehen, wozu die Neutronen gut sind", sagen die Nachwuchsforscher.

(Foto: Stephan Rumpf)

Zum Abschluss werden noch ein paar Experimente mit Stickstoff demonstriert. Hinter einer Glasscheibe beobachten die Kinder mit Schutzbrillen gespannt, wie der flüssige und dampfende Stickstoff in eine Schüssel läuft. Langsam breitet sich der Dampf rund über den Tisch aus. Die Temperatur des flüssigen Stickstoffs liegt bei minus 200 Grad. Damit können Gegenstände in wenigen Sekunden gefrieren. So wird aus einer biegsamen und elastischen Gummischlange, die kurz in flüssigen Stickstoff getaucht wird, ein schockgefrorener Stab, der durch leichtes Schlagen auf den Tisch zerspringt.

Stickstoff ist aber nicht nur für Experimente interessant, sondern wird auch für Lebensmittel verwendet. Aus Joghurt, Sahne, Zucker und Limettensaft rühren die Wissenschaftler eine Masse an, die durch die Zugabe von flüssigem Stickstoff zu einem cremigen Eis wird. Im Anschluss an die Führung erhält jedes Kind ein eigenes Stickstoff-Eis. Und am Ende des "Maus-Türöffner-Tages" sind die kleinen Wissenschaftler in weißen Kitteln sichtlich zufrieden mit ihren Erfahrungen und Eindrücken. "Es war total faszinierend, die Quelle mal zu sehen und zu verstehen, wozu die Neutronen gut sind", berichtet Paul. Er habe schon vor Wochen diesen Tag herbeigesehnt.

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